Weinjahrgang 2020

von Monika Busch

Der Weinjahrgang 2020 hat hierzulande sehr gute Qualitäten und nach ersten Schätzungen des Statistischen Bundesamts eine leicht unterdurchschnittliche Erntemenge von bundesweit etwa 8,86 Millionen Hektolitern hervorgebracht. Im unterdurchschnittlichen Jahrgang 2019 waren es 8,32 Millionen Hektoliter. Gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2019 (8,90 Millionen Hektoliter) wird die Erntemenge 2020 voraussichtlich um 0,4 Prozent niedriger liegen.

Für die zwei großen Weinanbaugebiete Rheinhessen (2,47 Millionen Hektoliter) und Pfalz (2,40 Millionen Hektoliter) wird mehr als die Hälfte (55 Prozent) der gesamten deutschen Erntemenge erwartet. Ein knappes weiteres Viertel (24 Prozent) entfällt voraussichtlich auf Baden (1,28 Millionen Hektoliter) und Württemberg (855.200 Hektoliter). Die restlichen 21 Prozent verteilen sich auf die übrigen neun Anbaugebiete.

Große Erntedifferenzen in den Anbaugebieten

Die Veränderungen gegenüber 2019 fallen in den einzelnen Anbaugebieten sehr unterschiedlich aus. Deutliche Steigerungen der Erntemenge werden etwa in den Gebieten Hessische Bergstraße (+46,6 Prozent), Mittelrhein (+44,8 Prozent), Rheingau (+28,6 Prozent), Mosel (+24,6 Prozent) und Pfalz (+13,5 Prozent) erwartet. ­Ernteeinbußen aufgrund von Trockenheit und regional aufgetretenen Spätfrösten müssen hingegen Erzeuger in Saale-Unstrut (−11,9 Prozent), Franken (−9,6 Prozent) und Sachsen (−6,7 Prozent) befürchten. Etwa auf Vorjahresniveau wird sich die Erntemenge voraussichtlich in Rheinhessen (+1,2 Prozent) bewegen.
Von der gesamten Weinerntemenge 2020 entfallen 66 Prozent auf Weißmost und 34 Prozent auf Rotmost. Insbesondere in den Anbaugebieten Mosel (90 Prozent), Rheingau (86 Prozent) und Mittelrhein (84 Prozent) wird fast ausschließlich Weißmost erzeugt.

Riesling legt zu

Die Erntemenge von Riesling, der beliebtesten deutschen Rebsorte, wird im Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um 363.000 Hektoliter auf 2,00 Millionen Hektoliter (+22,2 Prozent) zunehmen. Im vergangenen Jahr wies der Riesling einen überproportional starken Rückgang der Erntemenge auf. Dagegen wird für die flächenmäßig zweitwichtigste weiße Rebsorte Müller-Thurgau (1,13 Millionen Hektoliter) nach den auch für diese Sorte stark ausgefallenen Einbußen im vergangenen Jahr erneut ein Rückgang von 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr erwartet. Unter den roten Rebsorten werden 2020 nach der aktuellen Schätzung die Erntemengen von Blauem Spätburgunder (919.600 Hektoliter; +6,1 Prozent) zu- und von Dornfelder (818.200 Hekto­liter; −6,3 Prozent) abnehmen.
Im europäischen Vergleich machte die deutsche Weinernte von 8,32 Millionen Hektolitern im Jahr 2019 fünf Prozent der EU-Gesamterntemenge aus (EU-27: 165,45 Millionen Hektoliter). Die meisten Keltertrauben innerhalb der Europäischen Union wurden in Italien geerntet (51,07 Millionen Hektoliter), danach folgen Frankreich (40,27 Millionen Hektoliter) und Spanien (39,43 Millionen Hektoliter).
Wie das Deutsche Weininstitut (DWI) mitteilt, haben die deutschen Weinerzeuger dank des sonnigen und trockenen Spätsommers hochreife und sehr gesunde Trauben geerntet, die zudem im Rotweinbereich perfekt ausgefärbt waren. Entsprechend aromatisch und ausgesprochen fruchtig präsentieren sich bereits die ersten Weißweine im Fass, und die Rotweine zeigen großes Potenzial.

Trend zum Einkauf regionaler Produkte während Lockdown

Mit Einsetzen der ­Restriktionen im März dieses Jahres hat sich der Weinabsatz von der coronabedingt geschlossenen Gastronomie und dem Weinfachhandel in den LEH verschoben.
Auch im zweiten Quartal haben die Verbraucher hierzulande deutlich mehr Wein gekauft als im Vorjahr. Wie das DWI auf Basis des Nielsen-Homescan-Panels mitteilt, stieg der Weinabsatz von April bis Juni um 12,5 Prozent. Heimische Weine profitierten bei den privaten Einkäufen zum Zweck des Konsums zu Hause mit einem Plus von rund 14 Prozent besonders stark von dieser Entwicklung. Dabei legten Weißweine aus deutschen ­Regionen um 10 Prozent, Rotweine um 15 Prozent und Roséweine sogar um 29 Prozent zu.

Wie DWI-Geschäftsführerin Monika Reule erläutert, haben aufgrund der geschlossenen Gastronomie während des Lockdowns durchschnittlich vier Prozent mehr Haushalte Wein eingekauft als im Vorjahresquartal. Zudem seien die Einkaufsmengen pro Haushalt um sieben Prozent gestiegen. „Dass die Verbraucher verstärkt zu den heimischen Weinen gegriffen haben, liegt sicherlich auch an einer Intensivierung des allgemeinen Trends zum Einkauf regionaler Produkte durch die besonderen Umstände während der Coronapandemie“, so Reule.}

Bezogen auf das gesamte erste Halbjahr 2020 wuchs der Anteil deutscher Weine an der gesamten eingekauften Weinmenge im eigenen Land im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozent auf 44 Prozent. Die italienischen Anbieter konnten ihren Marktanteil um 2 Prozent auf 16 Prozent steigern, gefolgt von Frankreich mit 11 Prozent (+2 Prozent) und Spanien mit 10 Prozent (+7,5 Prozent).

Handel sieht in deutschen Weinen das größte Verkaufspotenzial

Deutsche Weine werden in den nächsten zwei Jahren die Verkaufszahlen im heimischen Handel ankurbeln. Das ist das Ergebnis der achten Ausgabe des „Wine Trade Monitor“ von Sopexa. Der Studie zufolge sehen 72 Prozent der deutschen Weinfachleute in hiesigen Tropfen das größte Wachstumspotenzial, gefolgt von Weinen aus Frankreich (44 Prozent), Italien (41 Prozent) und Spanien (25 Prozent). Bei den Regionen punkten dabei vor allem Rheinhessen und die Pfalz; unter den Rebsorten ist der Grauburgunder auf dem Vormarsch.

Für die Studie hatte die Kommunikationsagentur Sopexa Ende letzten Jahres 984 Branchenprofis aus sieben Ländern auf den Zahn gefühlt. In Deutschland wurden 124 Fachleute befragt, darunter Weinfachhändler (stationär und online), Importeure, Großhändler und Agenten sowie Entscheidungsträger aus dem LEH.

Rebsorten: starke Wachstumsprognosen für die weißen Sorten, insbesondere Grauburgunder

In Deutschland wird die Nachfrage nach weißen Rebsorten laut den hiesigen Studienteilnehmern bis Ende 2021 am stärksten steigen. An der Spitze liegt dabei der Grauburgunder, dem 41 Prozent der Fachleute Wachstumspotenzial vorhersagen. Auf den Plätzen zwei bis vier landen Sauvignon blanc (28 Prozent), Riesling (24 Prozent) und Chardonnay (23 Prozent). Die roten Rebsorten werden erst an fünfter Stelle genannt. 19 Prozent der Fachleute schreiben dem Merlot das größte Wachstumspotenzial zu, gefolgt von Cabernet Sauvignon (14 Prozent), Tempranillo (13 Prozent), Grenache (12 Prozent) und Syrah (11 Prozent).
(Über den „Wine Trade Monitor 2019“ von Sopexa: Die achte Ausgabe des „Wine Trade Monitor“ zeigt die wichtigsten Entwicklungen und Trends auf, die den Weinmarkt bis Ende 2021 beeinflussen könnten.)

Änderung des Weingesetzes: neues Qualitätssystem für deutsche Weine

Bessere Vermarktungschancen für die Winzer, mehr Orientierung und Klarheit für die Verbraucher: Das sind die Ziele einer Änderung des Weingesetzes. Die Reform solle die Profilierung des deutschen Weinbaus stärken, heißt es. Neue Vermarktungsperspektiven für Deutschlands Winzerinnen und Winzer, eine bessere Wertschöpfung und ein wachsender Marktanteil deutscher Weine: Darauf zielt die von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner auf den Weg gebrachte Reform des deutschen Weingesetzes. Das Bundeskabinett hat den entsprechenden Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Weingesetzes in seiner Sitzung vom 19. August 2020 beschlossen.

Bislang stellt das deutsche Weinrecht die Angabe der Rebsorten in den Mittelpunkt – oft verbunden mit Jahrgang und Namen der Weinberglage. Nun wird das System stärker auf die geografische Herkunft ausgerichtet. Das heißt: je genauer die Herkunft, desto höher die Qualität.

Künftig können kleinere geografische Angaben nur bei Weinen mit geschützter geografischer Ursprungsbezeichnung gemacht werden, etwa Gemeinde- oder Lagennamen. Diese Weine gelten als Spitzenerzeugnisse der obersten Stufe der Herkunfts­pyramide. …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 10-11-12/2020