Workshop zeigte: Handlungsbedarf zwischen Fachgroßhandel und Gastronomie

“Tasting” beim Berentzen-Workshop: Kundenorientierung
Mehr Service beim GFGH statt “Umsatzgeilheit” gefordert

von Timur Dosdogru

Wie man im Getränkefachgroßhandel und in der Gastronomie trotz schlechter Zeiten noch sehr wohl Geld verdienen kann, diskutierten Händler, Gastronomen und Hersteller beim “3. Getränke-Fachgroßhandels-Workshop der Berentzen Brennereien Markenspirituosen” in Haselünne. Dabei zeigte sich mal wieder – wie oft bei solchen Veranstaltungen – dass es dazu nicht immer nur ausgeklügelter und individueller Konzepte bedarf.

Auch mit mehr Mut zum Risiko oder besser gesagt, mit unkonventionellen und oft einfachen Ideen, mit denen ausgetretene Pfade verlassen werden können, lässt sich mehr Absatz machen. Wie dem auch sei: Fachhändler und Gastronomen kamen einander näher und hatten Gelegenheit, die jeweiligen spezifischen Probleme des anderen mit der eigenen Zunft zu diskutieren und besser zu verstehen. Motto: “Chancen in Nord-West gemeinsam nutzen”. Berentzen-Chef Dr. Jan Berentzen sprach ein Grußwort und erklärte dabei den Tagungsort in Form eines Großzeltes als “Symbol für die Eventgastronomie”, und berichtete außerdem passend zu diesem Zusammenhang mit sichtlicher Freude, dass sein Unternehmen laut GfK im Jahr 2000 in der Gastronomie ein Plus von 5,7 Prozent erreicht habe.

Der geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels e. V., Günter Guder, fand eingangs mahnende Worte für seine Branche: “Man darf sich nicht wundern, wenn selbstverständlich propagiert wird ,Wir können nur billig’.” Mit dieser Politik komme man nie weg von der Abhängigkeit des Lebensmitteleinzelhandels. “Die zu erwartende Bevölkerungsstruktur birgt Chancen für die Getränkebranche”, zeigte sich André Beron zuversichtlich, Senior Marketing Consultant für den Bereich Unit Alkoholic Beverages bei der IRI/GfK Retail Services GmbH, Nürnberg. 43 Milliarden Mark gäben die deutschen Haushalte jährlich beim neudeutsch genannten “In-Home-Konsum” für Getränke aus. Festzustellen sei außerdem, dass der Anteil alkoholischer Getränkekäufe mit zunehmenden Altersstrukturen in der Bevölkerung ansteige.

Dies sei auf eine steigende Kaufkraft zurückzuführen in den höheren Altersgruppen und das Bedürfnis, sich öfter etwas zu gönnen, was ruhig auch mehr kosten darf: beispielsweise hochwertige Spirituosen. Dabei unterstrich Beron die Bedeutung des Point of Sale: “Klappern gehört zum Handwerk und da ist der PoS die beste Plattform.”

Und: “Die Botschaft heißt: Convenience, Convenience und nochmal Convenience.” “Trends ersetzen Traditionen” – unter diesem zunächst harmlos klingenden Satz malte Andreas Steinle vom Trend Büro, Hamburg, ein für die wohl meisten Zuhörer erschreckendes Bild der derzeitigen und künftigen Trendwelten des 21. Jahrhunderts und ihren Einfluss auf den Getränkemarkt – schöne neue Welt. Beherrschend sei der “wachsende Trend zur Selbstdarstellung”.

Ebenso sei das Verfallsdatum bei heutigen Trends schon mit eingebaut. Steinle gliederte seinen fundierten und anschaulichen Vortrag in die Bereiche Technologischer Wandel, Sozialer Wandel, Ökonomischer Wandel und Kultureller Wandel. Zum technologischen Wandel zählte Steinle “gezielte Eingriffe in die Software des Lebens”, eine Veränderung von der natürlichen zur posthumanen, synthetischen Gesellschaft. Das Prinzip: die Kontrolle über Gesundheit, Schönheit und Reproduktion – untermalt mit dem Bild eines eher triumphierenden schwangeren Mannes.

So folge, so Steinle weiter, auf die technische die biologische Revolution. Weitere Schlagworte: “Inkubatorforschung – Willkommen im Menschenpark!”, “Mensch und Maschine vernetzen sich: Kulturelle Akzeptanz beginnt beim Nutzwert”, “Gerontokratie – die Herrschaft der Alten”. All diese Faktoren hätten auch massive Auswirkungen auf die Nahrungsmittelindustrie, so Steinle weiter, vor allem im Segment der Functional Foods. Diese hätten im Jahr 2000 einen globalen Umsatz von zwölf Milliarden Mark verzeichnet.

Bis zum Jahr 2010 sei in diesem Sektor mit einem weltweiten Umsatz von 46 Milliarden Mark zu rechnen, darunter fielen so genannte Nutriceuticals, Hormonnahrung und Grüne Gentechnik. Diese Industrie sei in einem rasanten Wandel begriffen, der den Markt ständig mit neuen Produkt-en überschwemme. So versuche beispielsweise die Firma Novartis Gemüse mit Insulin zu züchten, um Diabetikern die Spritze zu ersparen.

“Glücksversprechen und Ästhetik werden zu Bestandteilen posthumaner Kultur”, formulierte Steinle, vor allem beim Verkaufsschlager Gesundheit, sichtbar an Gesundheitsdrinks wie Intelligent Cuisine (reduziert Bluthochdruck, Blutzucker und Cholesterin) oder Healthy California (Wasser mit Folsäure gegen Gebärmutterkrebs). Oder die Wellness-Drinks: “Der Trick ist, Getränke mit Wohlbefinden zu koppeln, zum Beispiel Rotwein durch Anwendungen wie “Cabernet Pee…..

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Printausgabe 9/2001