Der Biermarkt ist tot. Es lebe der Biermarkt.

Das Jahr 2010: extreme Wetterkapriolen –
Achterbahnabsätze – potenzierter Preisverfall

von Monika Busch

Das Braujahr 2010, ein Jahr nach der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, war für alle Akteure im Markt eine große Herausforderung. Die Bierbranche mit im höchsten Maße untereinander substituierbaren Produkten, die sich lediglich im Detail unterscheiden, beispielsweise in der Zielgruppe, den Gebinden oder in der Kommunikation, war geprägt von hohem Mengen-, Preis- und Margendruck.

Extreme Wetterkapriolen sowie ein noch nie da gewesener Preisverfall im Handel setzten der deutschen Brauereilandschaft zu wie nie zuvor. Auf dem sensiblen Biermarkt hinterließen der lang anhaltende Winter sowie das viel zu kalte und nasse Frühjahr Spuren wie selten zuvor.
Der Hoffnungsschimmer WM Südafrika, begleitet von rund acht Wochen „Bierwetter“, zeigte nur selten in den Jahresbilanzen der Brauereien positive Effekte. Denn auf zwei Sommermonate folgten kalte und verregnete Herbst- und Wintermonate. Die zunehmende Konsolidierung und der stetig sinkende Verbrauch stehen weiterhin als Herausforderung für die deutschen Brauer. „Das war ein Jahr, das es für alle Brauer in Deutschland so richtig in sich hatte“, beschreibt Dr. Albert Christmann, Sprecher der Geschäftsführung der Radeberger-Gruppe, das vergangene Jahr.
„Der 2010 fortgesetzte und sogar forcierte Preisverfall im Handel stellt einen Gradmesser für die Nervosität und Anspannung in allen Bereichen der Braubranche und ihrer Absatzkanäle dar. Bier ist 2010 in Deutschland zu unfassbaren, vor zwei oder drei Jahren undenkbaren Preisen regelrecht verramscht worden. Das hat manchem Markenhersteller wehgetan, das hat Marge gekostet und vor allem mühsam aufgebaute Markenwerte mit einem Federstrich infrage gestellt“, so die Überzeugung von Dr. Christmann.
Und der Veltins-Generalbevollmächtigte Michael Huber formuliert: „Auch Marken, die noch im zurückliegenden Jahrzehnt von einer Sonderkonjunktur getragen wurden, erlebten plötzliche Absatzeinbrüche. Erfolg lässt sich im Biermarkt nicht abonnieren.“
Die in Deutschland ansässigen Brauereien und Bierlager setzten im Jahr 2010 laut Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) 98,3 Millionen Hektoliter Bier ab. Gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 1,7 Prozent oder rund 1,7 Millionen Hektolitern.
Mit knapp vier Millionen Hektolitern verzeichneten die Biermischungen ein Minus von 2,7 Prozent und steuerten vier Prozent zum Gesamtabsatz bei. Der Inlandsverbrauch mit 84,8 Prozent sank gegenüber 2009 um 2,9 Prozent auf 83,4 Millionen Hektoliter. Der steuerfreie Bierabsatz (Exporte und Haustrunk) stieg um 5,9 Prozent auf 14,9 Millionen Hektoliter.
Elf Millionen Hektoliter gingen in die EU-Länder (+2,6#%), 3,7 Millionen Hektoliter in Drittländer (+17,7#%) und 0,2 Millionen Hektoliter (-5,9#%) unentgeltlich als Haustrunk an die Beschäftigten der Brauereien.
Die Zahlen zeigen deutlich: Das Gesamtabsatzminus von „nur“ 1,7 Prozent wurde getragen vom Export. Und im Inland wurde trotz der skandalösen Preisschlachten nicht mehr abgesetzt. Verkauft wurde wahrscheinlich größtenteils die Menge, die auch ohne Preisschlachten abgesetzt worden wäre.
Der ruinöse Preiskrieg macht nicht nur den Premiumanbietern zu schaffen. Auch die sogenannten Konsumbiere, ohnehin im Niedrigpreissegment angesiedelt, beispielsweise Oettinger, bekommen deutlich „scharfen Wind um die Ohren“ – etwa mit Angeboten bei Kaufland von vier Euro für eine Kiste Bier.
Je günstiger eine Premiummarke verramscht wird, umso eher weicht der preisorientierte Konsument von einer Konsummarke ab. Oettinger geht daher neue Wege. Das jüngste Geschäftsfeld der Oettinger Brauerei GmbH heißt „Lizenzproduktion und Beratungsdienstleistungen“. So wird beispielsweise seit Ende vergangenen Jahres in der Brauerei Krinitsa in Weißrusslands Hauptstadt Minsk Bier der Marke Original Oettinger in Lizenz hergestellt.
Krinitsa mit einer Kapazität von jährlich einer Million Hektoliter Bier ist bereits die zweite Brauerei in einem GUS-Staat, in der Lizenzprodukte der Marke hergestellt werden. Im Oktober 2008 nahm eine Braustätte in Moskau – die Moscow Brewing Company –, finanziert durch eine russische Investorengruppe, ihren Betrieb auf. Hier werden diverse Biere von unterschiedlichen Herstellern in Lizenz produziert. 2010 wurde die Kapazität der Anlagen mit einem Ausstoß von 2,2 Millionen Hektolitern jährlich auf vier Millionen Hektoliter erhöht.
Die zur BHI gehörende Kulmbacher-Brauerei will mittelfristig im Hellbier­segment des deutschen Biermarkts eine aktive Rolle spielen.
Seit Januar 2011 neu im Sortiment für Handel und Gastronomie: Mönchshof Bayerisch Hell mit einem Alkoholgehalt von 4,9 Volumenprozent und einer Stammwürze von 11,3 Prozent. Positioniert werden soll die neue Spezialität nicht nur in den typisch bayerischen Hellbierregionen, …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 03/2011