Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Die Kanzlerin erklärt Werbung zur Chefsache!

Vorab die gute Meldung: Werbung wirkt. Warum sonst hätte die Europäische Union Zigarettenwerbung verboten? Logischerweise wirkt Werbung ebenso für Bier. Diese Erkenntnis untermauert jetzt sogar eine wissenschaftliche Untersuchung, durchgeführt mit Studenten einer isländischen Universität. Fazit der Studie: unkontrolliertes, überdimensioniertes Konsumverhalten. Die Probanden sahen unterschiedliche Fernsehprogramme mit Werbeunterbrechungen bekannter deutscher „Fernsehbiere“. Zum gut gekühlten Bier haben die Zuschauer am häufigsten gegriffen während der Sendungen „Frauentausch“, „Toto und Harry“ sowie der Doku „Wenn der Gerichtsvollzieher kommt“.
Eine zweite Testgruppe, die in Sendungen wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Germany’s Next Topmodel“ die gleiche Bierwerbung sah, hat etwas seltener das Glas zum Mund geführt, was offensichtlich daran lag, dass mehr als die Hälfte der Zuschauer bei den Sendeformaten schlichtweg eingeschlafen war.
„Unsere Werbung verkauft also!“, riefen verblüffte Werber, denen die Studie vorgelegt wurde. „Wie konnte das nur passieren?“, fragen sich die Kreativen der Nation. Deutsche Werber stehen derzeit vor einem Rätsel. „Wir haben doch Werbung bisher hauptsächlich für uns und nur so aus Spaß gemacht“, teilte der Sprecher der zum „Eigennutz e. V.“ zusammengeschlossenen Werbeagenturen mit. „Wie hätten wir denn sonst beim abendlichen Besuch des benachbarten Biergartens vor den versammelten Kollegen befreundeter Werbeagenturen mit dem neuen TV-Spot oder der neuen Magazindoppelseite angeben können? Auch wöchentliches Networking und das Absahnen von Kreativpreisen ¬zweifelhafter Ausschreibungen war unser Ziel“, erläutert ein deutscher Top-Kreativer kleinlaut. Selbst der Chef eines internationalen Bierherstellers mit starker nationaler Marke ist überrascht. Sofort erwägt er den Rückzug aus der Werbung, hat sich doch herausgestellt, dass sich seine geschalteten Spots tatsächlich auf die monatlichen Absatzzahlen positiv ausgewirkt haben. „Das haben wir so nicht geplant“, gibt seine Pressestelle verhalten zu. „Wir investieren in Zukunft nur noch in Verkaufsförderung vor Ort“, sagte ein gestresster Verkaufsleiter der Brauerei, der mit bunten Verkaufspappen in einem großen Getränkeabholmarkt schweißnass angetroffen wurde.
Bei einer so bedrohlichen Lage ist jetzt die Bundesregierung gefragt. Manipulation durch die Medien sollte in einer aufgeklärten Welt wie der unseren nicht mehr erlaubt sein. Führende Manager der zuständigen Landesmedienanstalten sehen dringenden Bedarf, regulierend einzugreifen.
In der letzten turnusmäßigen Kabinettssitzung hat die Bundeskanzlerin das Thema zur Chefsache erklärt. Die große Manipulationsmacht der Werbung erschreckte selbst Angie. „Wir wollen schließlich niemanden beeinflussen“, erklärte die Kanzlerin vor laufender Kamera. Aus gut informierten Kreisen verlautete, dass selbst Wahlwerbung verboten werden solle. Allerdings nicht mehr vor der nächsten Bundestagswahl im September. Schließlich müsse der Gesetzentwurf den Bundesrat passieren. Das ist in diesem Jahr allein aus zeitlichen Gründen nicht mehr möglich. Erschwerend kommt hinzu, dass führende Brauereien bereits die Abwrackprämie für ihre überflüssigen Fernsehspots und Anzeigen eingefordert haben.
Ob die Kanzlerin nur Werbung verbieten will oder sogar die Abschaffung sämtlicher Medien plant, ließ ihr Regierungssprecher jedoch offen.
Bis zur Klärung dieses komplizierten Sachverhaltes ziehe ich mich jetzt auf mein bevorzugtes Hundebett zurück. Jede weiße Oberfläche, am liebsten die gerade gewaschene Tagesdecke auf dem gepolsterten Sofa, kommt hierzu in meine engere Auswahl.
Da es für mich nur aus medizinischen Gründen – wie zum Beispiel schöneres Fell – ab und zu mal ein Bier gibt, rate ich Euch daher: Trinkt nicht nur Fernsehbiere, gebt den regionalen Brauereien eine Chance!
Keine Macht den Medien! Oder besser: alle Macht dem deutschen Bier!

Prost!

Euer Viktor