6 aus 49 … Die Kehrseite der Spirituosenprämierungen

von Wolfram Ortner

Der Drang, sich zu beweisen, sich mit anderen zu messen, liegt in der Natur des Menschen. Sei es beim Werben um eine Geliebte/einen Geliebten, sei es aus sportlichem Ehrgeiz oder aus anderer Motivation. Seit der Antike haben Athleten die Chance, bei den Olympischen Spielen um Medaillen und Ehre zu kämpfen.
Aber auch Weltmeisterschaften, Weltcups, Oscars, Awards und anderes sind „Spielwiesen“ für Wettstreiter aller Art. Beinahe jede berufliche „Fraktion“ hat mittlerweile ihre Wettbewerbe, um sich von der Konkurrenz beziehungsweise den Mitbewerbern absetzen zu können und für spezielle Produkte Marktvorteile einzuheimsen.
Auf dem „Kommandostuhl“ sitzen Privatpersonen, Institutionen, Organisationen, Interessenvertretungen, Verlage oder einzelne Medien. Jeder Veranstalter hat eine besondere Motivation, das breite Spektrum reicht von politischen Aspekten über wirtschaftliche Interessen bis zur Stärkung des Zusammenhalts als Ansporn einer Berufsgruppe.
Quintessenz – dem sportlichen Ehrgeiz der Teilnehmer entsprechend – ist eine perfekte, qualitätsorientierte, unabhängige Plattform, die eine möglichst breite Öffentlichkeit erreichen soll. Titel oder Medaillen müssen nicht nur glänzen, sondern dem Teilnehmer soll von der Fachwelt und vom Publikum höchste Anerkennung gezollt werden.
Im Segment der Spirituosenhersteller gibt es einige regionale, nationale und internationale Wettbewerbe beziehungsweise Prämierungen in unterschiedlichsten Ländern, in der Fachwelt bekannt unter Kürzeln und Namen wie DLG, IWSC, ISW, ITQI, SFWSC, WSA, Forum oder Desti. Doch was steckt dahinter? Oder noch besser: Was steckt drin, wenn man richtig hochrektifiziert?
Das Regelwerk einer Prämierung

Wie im Straßenverkehr, so werden die Regeln einer Verkostung im Reglement definiert. Die Legislative ist die Basis, die Exekutive ist für die Durchführung und Überprüfung zuständig. Damit möglichst wenig „Verkehrsrowdys“ durch das Regelwerk rutschen können, muss dieses möglichst klar definiert sein und kompromisslos exekutiert werden.
Es kann nicht sein, dass aromatisierte Obstspirituosen als „Kuckuckseier“ in der Kategorie der 100-Prozent-Destillate verkostet und veröffentlicht werden (für den fachlichen Nachweis ist das Know-how von Chemikern gefragt). Es muss ein klares Regelwerk für die Einreicher und ein ebenso spezielles für die Juroren geben: je besser die Definitionen, desto weniger Reibungsverluste.
Es fällt auch auf, dass teilweise von Veranstaltern keine Bewertungssysteme veröffentlicht werden – da könnte man manches unterstellen, aber als Brenner nie anstellen! Konsumenten und Kenner der Szene vermissen oft große Namen auf den Teilnehmerlisten von Prämierungen. Die Erklärung ist einfach: Sie können oft die Bedingungen des Reglements nicht erfüllen wegen eines Chargenverbotes et cetera oder sehen die Kosten für zu hoch. Die Liste der Gründe und Ausreden ist recht lang.
Was auffällt: Bei so manchen Prämierungen bekommt man auf Rückfragen bezüglich des Regelwerks, einer Juryliste oder der Qualität beziehungsweise Ausbildung der Jury und Juryleitung nicht einmal ein kühles Lächeln – Schweigen im Walde!
Die Ausbildung der Jury

Die Qualität einer Verkostung definiert sich in erster Linie über die Qualität und Professionalität der Jury. Die Teilnehmer müssen bereit sein, eine auf die Verkostungsinteressen abgestimmte, jährlich wiederholte Ausbildung zu absolvieren.
Höhepunkt jedes Trainingstages ist ein anspruchsvoller Check, der Inhalte festigt und natürlich überprüft. Einige Prämierungen haben solche Prüfungen – die Palette reicht von halbherzigen Alibihandlungen über einfache Checks mit einer Multiple-Choice-Methode bis hin zu beinharten Checks, die Verkostern alles abverlangen und so auf „Herz und Nieren“ getestet werden.
Viele „G’studierte“, die der Prüfungen müde geworden sind, und „Möchtegernverkoster“ sind allerdings nicht bereit, sich einer solchen Strapaze auszusetzen. Die beruflichen Veteranen haben aber in so mancher Verkostung das Sagen.
Nimmt man den Berufsstand der Piloten als Beispiel, so stehen jährliche Eignungsüberprüfungen auf der Tagesordnung. Eine …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 09/2009