ProWein 2008: Im Trend Bio, Rosé, Alkoholfrei – magische Grenze 3,99 Euro

ProWein erschließt sich neue Länder-Zielgruppen bei Besuchern

von Timur Dosdogru, Fotos: dgw

Alles Bio – so ein grundlegender internationaler Trend der diesjährigen ProWein in Düsseldorf, die wieder mit steigenden Besucherzahlen aufwarten konnte: über 33.000 oder sechs Prozent mehr aus 40 Ländern sollen es laut Messe Düsseldorf gewesen sein, die Zahl der Aussteller  (mittlerweile aus 46 Ländern) gegenüber dem Vorjahr legte von 3041 auf 3160 noch einmal kräftig zu.

Außerdem erschließt sich die globale Leitmesse der Wein- und Spirituosenbranche zunehmend neue Zielgruppen-Länder, diesjährig war ein überproportionaler Besucherzuwachs aus Skandinavien und Osteuropa zu verzeichnen. Die neuen Konsummärkte in Russland, Polen und Tschechien sind also – wie in anderen Bereichen auch – schwer im Kommen.
Laut Messe-Umfrage ist auch die Qualität der Fachbesucher – wie in den vergangenen Jahren – weiter angestiegen: 86 Prozent der Besucher sind danach an Beschaffungsentscheidungen ihrer Unternehmen beteiligt.

Export-Traumpaar:
Riesling/Spätburgunder

Zufrieden zeigte sich auch die deutsche Weinwirtschaft in Form des Deutschen Weininstitutes (DWI): die Messe sei ein klares Spiegelbild der insgesamt guten Stimmung in der deutschen Weinbranche gewesen, heißt es. Auch laut Fachhandel spielen deutsche Weine im Gesamtsortiment eine immer größere Rolle.
Die Weinexporte mit dem „Traumpaar“ Riesling und Spätburgunder nahmen im vergangenen Jahr um acht Prozent auf 3,1 Millionen Hektoliter zu, der wertmäßige Absatz stieg um stolze 13 Prozent auf 635 Millionen Euro. Deutscher Wein im Ausland wird am meisten in Großbritannien genossen, jede vierte Exportflasche geht dorthin und in den USA haben sich die Umsätze mit deutschem Wein seit 2002 verdreifacht – bei einem relativ hohen Durchschnittspreis von 3,55 Euro pro Liter. Dem hinken allerdings die Märkte in Italien und Frankreich noch gewaltig hinterher. Anders in Nordeuropa, in Norwegen beispielsweise, sind Riesling, Müller-Thurgau und Silvaner zu den Marktführern im Weißweinsegment aufgestiegen.
In Deutschland machte einheimischer Wein nach einer Absatzsteiger-ung von 3,6 Prozent knapp die Hälfte des getrunkenen Weins aus. Der Jahrgang 2007 brachte den deutschen Winzern nach zwei knappen Jahren endlich einmal wieder eine ausreichende Ernte mit einem Zuwachs von acht Prozent über dem langjährigen Durchschnitt – knapp elf Millionen Hektoliter und gute Qualitäten.
Auch die Experten des Test-Service der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hatten im Rahmen der diesjährigen Bundesweinprämierung vor Messebeginn die ersten 2007er-Weine verkostet und waren sich einig: ein großer Wurf sei den Winzern da gelungen, hieß es. Vor allem für die frisch-fruchtigen Weißweine wurde dann auch gleich eine offizielle Genuss-Empfehlung für Ostern und das Frühjahr ausgegeben.
Nach dem im vergangenen Jahr erstmalig auf der ProWein vorgestellten „DLG Produkt-Zertifikat“ wurden bis Dezember 2007 mittlerweile schon 4,6 Millionen Flaschen Wein zertifiziert. Mit diesem Zertifikat wird nationalen und internationalen Weinerzeugern sowie dem Handel ein Kontrollinstrument für Herkunft und Herstellungsprozess der Weine und deren sensorischer Qualität geboten.

Importweine legen zu

Laut Statistischem Bundesamt sind ebenfalls die Weinimporte im vergangenen Jahr angestiegen und betrugen nach vorläufigen Ergebnissen rund 1,3 Milliarden Liter Wein im Wert von 1,5 Milliarden Euro – 59 Millionen Liter oder 4,8 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahr. Der Einfuhrwert stieg um 13 Millionen Euro oder 0,8 Prozent.
Als Importland für Wein stand Italien mit 507 Millionen Liter im Wert von 543 Millionen Euro und einem Einfuhrminus von 2,5 Prozent an der Spitze, gefolgt von Frankreich (219 Mio. Liter, 374 Mio. Euro, + 1,4%), und Spanien (199 Mio. Liter, 191 Mio. Euro, + 14,6%). Mit zweistelligen Zuwachsraten konnten die Übersee-Weine punkten, allen voran Chile (63 Mio. Liter, 67, Mio. Euro, + 38%), gefolgt von Südafrika (58 Mio. Liter, 67 Mio. Euro, + 50,9%), den USA (46 Mio. Liter, 62 Mio. Euro, – 0,5%) und Australien (45 Mio. Liter, 59 Mio. Euro, + 13,5%).
Unter den Europäern hat vor allem die Franzosen in Sachen Wein eine Aufbruchstimmung erfasst. Auf der ProWein war Frankreich mit zehn Prozent Ausstellern (knapp 500) mehr vertreten als im Vorjahr, was als Zeichen für den hohen Stellenwert des deutschen Marktes im Nachbarland gesehen werden darf. Die Franzosen betonen, dass sich Düsseldorf für sie zu einem unverzichtbaren Branchentreff entwickelt hat, auf dem sie auch viele Kontakte ins Ausland knüpfen können. Die freie Verkostungszone „France 2008“ habe in diesem Jahr mit 2500 Besuchern einen Rekord erreicht, heißt es.
Auch die Aussteller der im Vergleich kleineren Importländer, wie beispielsweise Portugal, berichteten im Rahmen der ProWein von einem großen Interesse deutscher und internationaler Händler an ihren Ständen.
Das böse Wort mit „D“

Ein weiteres auf der Messe viel diskutiertes Thema ist der Discount, der größte Teil der Weine wird unter drei Euro pro Flasche verkauft. In den höherpreisigen Segmenten ist die Konkurrenz naturgemäß groß, wie sich an der vielfältigen Messebeteiligung aus aller Welt zeigte. Häuser, wie kürzlich die frisch aufgestellte Racke-Eggers-&-Franke-Gruppe trennen sich daher von diesem Segment und wollen sich den höherpreisigen Weinen und Marken widmen. Der Druck auf die Lieferanten im niederen Preisbereich wächst also ständig, zwar wird zunehmend mehr Wein gekauft als früher, aber nicht zwangsläufig mehr Geld dafür ausgegeben – problematisch vor allem für den Fachhandel. Dazu kommt noch, dass  der Discount begonnen hat, im höheren Preissegment zu wildern und damit in Einzel-Aktionen bereits seine Macht eindrucksvoll demonstrierte. Auch hier wird es noch zu Veränderungen kommen, weil auch Discounter beginnen, sich Spitzenwinzer zu „kaufen“.
Das gute Wort mit „B“

Bioweine stoßen auf immer mehr Interesse, zahlreiche Aussteller aus Italien, Frankreich, Spanien, Griechenland haben sich des Themas angenommen und auch die deutschen Produzenten und Winzergenossenschaften setzen zunehmend auf die Bio-Schiene, wie auch auf leichte Weißweine mit weniger Alkoholgehalt und autochthone Rebsorten. So berichtet der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) stolz, dass seine Mitgliedsbetriebe – die sich gern auch Deutschlands Premium-Winzer nennen – über 20 Prozent der deutschen Ökoweinfläche bewirtschaften.
„Das Bio-Engagement im VDP ist kein Strohfeuer mehr, sondern schon fast ein Flächenbrand“, formulierte es VDP-Präsident Steffen Christmann mit blumigen Worten.
Zu den unbestätigten Messegerüchten zählte hinsichtlich der gestiegenen Beliebtheit der deutschen Weine, dass der wie immer an allen Tagen gut besuchte VDP-Gemeinschaftsstand im kommenden Jahr aus Platzgründen in eine eigene Halle streben soll. Durch den Bio-Trend fühlen sich vor allem auch die Winzer des Bundesverbandes ökologischer Weinbau Ecovin bestätigt, der bereits seit 1985 besteht.
Derzeit gebe es in Deutschland einen neuen Schub zum biologischen Weinbau, so die Öko-Winzer, nach deren Angaben die Gesamtfläche des deutschen Bio-Weinbaus um 800 auf etwa 2800 Hektar steigen soll. Der Verband beheimatet rund 200 Weingüter, die einen ganzheitlichen Ansatz im Weinbau mit strengen Qualitätsmaßstäben und Kontrollen verfolgen.
Davon präsentierten sich 14 Betriebe aus fünf Anbaugebieten auf der Messe. Vermehrt steigen auch die Produzenten aus anderen europäischen Ländern und Übersee auf ökologischen Anbau um.
So präsentierten sich neben Ecovin auch der Club europäischer Bioweingüter und die österreichische Vereinigung Bioveritas. In der zentralen Verkostungszone der Messe wurde dem Thema erstmals mit einer Sonderschau Bioweine Rechnung getragen.
Sekt-Trends Rosé und Alkoholfrei

Nicht nur beim Wein ist Rosé schwer im Kommen: auch wer im Sekt- und Champagnerbereich bisher noch keinen Rosé oder eine alkoholfreie Cuvée im Portfolio beherbergte, hatte meist schon im letzten Jahr oder bis vor Messebeginn nachgezogen, wie es nicht nur beispielsweise die führenden Sekthäuser Henkell & Söhnlein, Rotkäppchen-Mumm und Co. bereits vorgemacht haben.
So ist beispielsweise der Anteil von Roséweinen im ersten Halbjahr 2007 um 6,3 auf 8,8 Prozent bei den privaten Weinkäufen im Handel gestiegen – Tendenz weiter steigend. Branchenkenner sehen außerdem gute Chancen beim Export deutscher Roséweine, vor allem in den Niederlanden, Großbritannien und Skandinavien.

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