Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!
(Oder: sind wir altmodisch?)
Wie jedes Jahr, waren wir auch in diesem Winter wieder in der Schweiz zum Skilaufen. Diesmal ist unsere Reise aber etwas anders verlaufen. In der Schweiz sind wir an einem kleinen Fürstentum vorbei gekommen, dessen Namen Sie heute – p-s-s-t – nicht mehr laut aussprechen dürfen, Geschweige denn aufschreiben. Es sei denn, Sie wollen netten Besuch aus Bochum bekommen. Hier wollten wir nun also gern etwas Geld tauschen. Nein – nicht in eine Stiftung einzahlen. Gott bewahre. Wartend in der Schlage, stand ein netter deutscher (heute ehemaliger) Firmenchef vor uns am Schalter. Er hat übrigens vor Kurzem für seine Mitarbeiter den Mindestlohn durchgeboxt und den Wettbewerbern von PIN & Co. ein wenig dazwischengefunkt. So, dass diese jetzt Konkurs anmelden und den Mitarbeiterstamm renovieren müssen. Dieser in unserer Gesellschaft gut vernetzte Manager wollte ein paar Millionen Euro einzahlen, die er dank seines vorausschauenden Handelns gerade erhalten und schwer verdient hatte. Der Beamte am Schalter konnte ihn nicht so recht verstehen, weil er etwas leise gesprochen hat. Darum fragte er noch einmal nach: „Wie viel möchten Sie einzah-len?“ Wieder hat er eine sehr leise Antwort bekommen, die der Liechtensteiner Kassierer nun absolut nicht verstehen konnte. Ohne Rücksicht auf uns – wir standen nur noch eine Handbreit hinter dem Firmenboss entfernt – fragte der Kassierer jetzt deutlich etwas zu laut: „W-i-e v-i-e-l möchten Sie denn nun e-i-n-z-a-h-l-e-n?“ Die Antwort kam prompt: „Zwei Millionen!!!“ Darauf der leidgeprüfte Bankbeamte: „Sie können hier ruhig lauter reden. Armut schändet nicht!“
Und Ex-Bundeskanzler Schröder darf immer noch Aufsichtsratsvorsitzender bei Gasprom sein, denen er als Kanzler einmal mit Steuergeldern große Vorteile verschaffte. Heute garantiert ihm ein lupenreiner Demokrat aus Russland ein klägliches Zusatzeinkommen zu seiner dürftigen Kanzlerpension. Da würde ich gern einmal wissen, ob er in der Schlange am Schalter nicht auch zufällig hinter uns stand oder, ob er schon auf den Cayman Inseln versteuert?
Mancher Steuermann musste noch für deutlich geringere Vergehen, wie zum Beispiel Bordellbesuche auf Firmenkosten, zurücktreten.
Wie die Zeiten sich doch ändern…
Eliten haben eben eine Vorbildfunktion. Das haben wir in unserem Rudel nur noch nicht richtig verstanden: Wir zahlen immer noch Steuern und schlafen zu Hause. Wir sind halt altmodisch! Und ihr?
Tschüss, bis zum nächsten Mal
Euer Viktor