Der Biermarkt ist tot. Es lebe der Biermarkt! 18

Patentrezept Konsolidierung?
Eine Bestandsaufnahme

von Monika Busch

Weltweit steigt der Bierkonsum, die deutschen und europäischen Märkte können sich den Gesetzen der Weltmärkte nicht mehr entziehen. Mittlerweile liegen rund 65 Prozent der deutschen und österreichischen Bierproduktion im Einflussbereich von Konzernen, ein deutliches Zeichen von Globalisierungseffekten.

Für den deutschen Markt wird ein sinkender Pro-Kopf-Verbrauch von 0,5 bis 1,0 Prozent jährlich prognostiziert. Der Bierabsatz in den ersten drei Quartalen 2007 ist im Vorjahresvergleich um rund sieben Prozent gesunken im sehr wechselhaften Jahr 2007. Auf einen hervorragenden Start im 1. Ouartal 2007 mit einem traumhaften Frühlingswetter, folgte ein verregneter Sommer.
Für Peter Hahn, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, ist „dieser Rückgang zwar bedauerlich, aber nicht überraschend“. Im Vergleich zu 2005 sei der Absatz tatsächlich nur um knapp 1,2 Prozent gesunken. Langfristig sieht Hahn die Hauptursache für den Rückgang in der demografischen Entwicklung. „Auf das Gesamtjahr 2007 gesehen, wird der Bierabsatz vermutlich um 2,5 Prozent sinken“, so die Prognose des Hauptgeschäftführers.
Angestiegen sind mit 5,2 Prozent die Exporte, 15 Prozent der deutschen Bierproduktion werden mittlerweile exportiert. Zum größten Teil in EU-Länder, mit Italien an der Spitze. Die Biermischgetränke legten um 19,8 Prozent zu.
Rohstoffe

Eine pikante und beherrschende Thematik in der Braubranche 2007: die Rohstoffversorgung. 39 Prozent der Welthopfenernte (bezogen auf die Alphasäure) kommt aus Deutschland – mit der Hallertau das größte Hopfenanbaugebiet der Welt. Trotz relativ guter Ernte ist Hopfen mittlerweile eine knappe Ware – in einer Marktwirtschaft bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis – seit 1997 ist die Weltbierproduktion um circa 35 Prozent gestiegen, Tendenz steigend. Beklagt werden Preisanstiege auf dem Freimarkt in den letzten beiden Jahren mit einer Verteuerung von rund 100 Prozent für Aromahopfen und 150 bis 400 Prozent für Bitterhopfensorten. Und das ist beileibe noch nicht alles.
Beim wichtigsten Braurohstoff Braugerste, aus der das Malz hergestellt wird, sind mittlerweile sämtliche Reserven aufgebraucht. Ursächlich hierfür witterungsbedingte Getreidemissernten und eine Reduzierung der Anbauflächen von rund 19 Prozent. Ein Teil der Landwirte nutzt mittlerweile Anbaualternativen für Energiepflanzen, wie Mais oder Raps, die in direkter Konkurrenz zum Anbau von Braugerste stehen. „Der Braugerstenpreis hat sich innerhalb von zwei Jahren fast verdreifacht, der Malzpreis ist in diesem Zeitraum auf dem Freimarkt von 240 bis 270 Euro pro Tonne auf 600 Euro und mehr pro Tonne gestiegen“, so das Fazit von Gerhard Ilgenfritz, Präsident Private Brauereien Bayern e.V.
Energiekosten

Zu Buche schlagen ebenso die gestiegenen Energiekosten. „Der Energiesektor und der Nahrungsmittelsektor konkurrieren zunehmend um ein und dieselben Agrarrohstoffe und Anbauflächen“, wetterte Dr. Richard Weber, Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, und forderte die sofortige Einstellung von Subventionen für die Förderung und Gewinnung von Bioenergie. Die Bioenergie-Pflanzenbeihilfe von 45 Euro pro Hektar verfälsche den Wettbewerb. Quintessenz: Preiserhöhung bis zu einem Euro pro Kasten bei einer ganzen Reihe von Braukonzernen und großen Privatbrauereien, geplant in den ersten Monaten 2008, lautet das Ergebnis einer dpa-Umfrage.
Die Branche atmet etwas auf, das Warten hat ein Ende: Marktführer Krombacher kündigte eine Preiserhöhung für Fass- und Flaschenbier für Februar an.
Glas-Mehrweg

Auch die „Verpackung“ ist ein Faktor, mit dem die Branche kämpft. Im vergangenem Jahr lag die Mehrwegquote für Bier laut IRI(GfK) bei rund neunzig Prozent. Die erfolgreichsten Mehrwegverpackungen im 1. Halbjahr 2007 waren laut GfK die kleineren Einheiten, wie beispielsweise das Sixpack bei 0,33-Liter-Mehrweg oder der Multipack mit 6 x 0,5 Liter. Der Marktanteil für PET-Einweg stagniert bei knapp elf Prozent, der Durchschnittspreis liegt im Discount im Preiseinstiegsbereich laut den Nürnberger Marktforschern bei 0,30 Euro pro 0,5-Liter-Flasche.
Glas-Mehrweg wird mittlerweile dominiert von nur noch wenigen europäischen Glaskonzernen. Immer wieder war und ist die Rede von einer „gezielten europaweiten Verknappung“ der Herstellungskapazitäten von Glasflaschen. Je nach Flaschentyp seien so die Preise um bis zu 70 bis 80 Prozent nach oben getrieben worden. Lieferfristen von mehr als einem halben Jahr, selbst bei Standardflaschen, seien keine Seltenheit.
Deshalb findet der Vorstoß der Weinverbände, die eine kartellrechtliche Überprüfung der europäischen Glasindustrie bei der EU angestoßen haben, bei den deutschen Brauern Gehör. Und die Um- und Ausgestaltung der politischen Rahmenbedingungen sorgt weiterhin für Zündstoff.
Renditen

Die deutsche Brauereilandschaft wird nach wie vor dominiert von mittelständischen und kleinen Unternehmen, die sich einem stagnierenden beziehungsweise rückläufigem, wettbewerbsintensiven Markt stellen müssen. Einer KMPG-Umfrage zufolge erwartet die Branche in den nächsten fünf Jahren weiteres Wachstum bei Biermischgetränken, alkoholfreien und alkoholreduzierten Bieren, Weizenbier, Bioprodukten, PET-Gebinden, dem Absatzweg Discount und den Absatzregionen im Export. Mit einem durchschnittlichen Erlös von etwa 80 Euro je Hektoliter erzielen die deutschen Brauereien laut KPMG im europäischen Vergleich sehr unterdurchschnittliche Renditen. Die Gesamtkapitalrentabilität habe in den Jahren 2003 bis 2005 zwischen drei und 5,8 Prozent gelegen. Mit ausschlaggebend für dieses Ergebnis sind hohe, anhaltende Überkapazitäten und immer noch eine große Zahl von Wettbewerbern.
Die Konsolidierung der Branche wird weiter voranschreiten, prognostiziert wird eine Reduktion der Marktteilnehmer in den nächsten fünf Jahren um 25 Prozent bis 33 Prozent. Internationale Konzerne werden auf dem deutschen Markt weiter „einkaufen“, gleichzeitig aber auch einzelne Brauereien wieder verkaufen.
Logistik

InBev, Heineken, Carlsberg & Co. werden die Konsolidierung vorantreiben. Ein großes Augenmerk haben die deutschen Brauereien bereits in den zurück-liegenden Jahren auf die Erweiterung der Wertschöpfungskette durch die Logistik gelegt. Immer häufiger schlüpfen etablierte GFGH-Unternehmen unter ein Brauereidach beziehungsweise lassen nennenswerte Beteiligungen zu. Der Preisdruck wird forciert durch die hohen Überkapazitäten und der Marktmacht des LEH, nur sehr wenige Marken können sich diesem widersetzen.
Heilmittel Kooperation?  59 Prozent der befragten Teilnehmer der KPMG-Studie sehen in einer Kooperation eine strategische Maßnahme und im Mittelstand eine adäquate Reaktion auf die weitere Marktkonzentration. Heilmittel Export? Etliche der befragten Brauereien planen Markenwachstum durch Forcierung des Auslandsabsatzes. Jedoch hier sind die Möglichkeiten nur noch sehr begrenzt.

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 01/02/2008