Entsorgungswirtschaft sieht Wertstofferfassung in Deutschland gefährdet

Experten: Kritik „überzogen“
Vorwurf: Duales System Deutschland will Wettbewerb verhindern

von Timur Dosdogru
Die „haushaltsnahe Wertstofferfassung“ in Deutschland ist laut Ansicht des Kölner Entsorgungskonzerns Duales System Deutschland (DSD) GmbH und des Bundesverbandes der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE), Berlin, gefährdet.

Die Zahl der „Trittbrettfahrer und Selbstentsorger“ beim Verpackungsrecycling steige weiter an, hatte das DSD Anfang Mai in seiner Mengenstrombilanz für das 2006 festgestellt. „Die Schere zwischen verwerteter und lizenzierter Menge wird immer größer“, so das Fazit des Entsorgers, der zwischen der Entsorgungsleistung und den Einnahmen eine gravierende Schieflage ausgemacht haben will.
Mit 5,24 Millionen Tonnen haben laut DSD die beauftragten Entsorger bei privaten Haushalten und vergleichbaren Anfallstellen „sogar etwas mehr Verkaufsverpackungen gesammelt“, als im Vorjahr, heißt es.
Im selben Zeitraum sei aber die beim DSD selbst lizenzierte Menge um rund 500.000 Tonnen oder 12,2 Prozent zurück-gegangen, sieht sich der Konzern in seiner Schieflagen-These bestätigt.
Mittlerweile übersteige die absolute Menge der verwerteten Verpackungen die der tatsächlich bezahlten – ein Indiz dafür, dass die Zahl der „Trittbrettfahrer und Selbstentsorger“, die für ihre Sammel-, Sortier- und Verwertungskosten ihrer Verpack-ungen im Rahmen der haushaltsnahen Entsorgung nicht zahlten, weiter ansteige.
Das Unternehmen sieht sogar das Ende des Wettbewerbs der dualen Systeme, nachdem dieser doch erst kürzlich begonnen habe. Jetzt müssten die Schlupflöcher zügig geschlossen werden, so der Aufruf an die Politik, solle das gesamte Entsorgungssystem nicht zusammenbrechen. „Deutschland braucht die Novelle, und zwar jetzt“, so DSD-Chef Stefan Schreiter. Der Vorsitzende der Geschäftsführung rechnet zudem vor, dass das Recycling von Verkaufsverpackungen allein im vergangenen Jahr rund 76,5 Milliarden Megajoule an Primärenergie und die Emission von 1,7 Millionen Tonnen an CO2-Äquivalenten eingespart habe – entsprechend dem Energieverbrauch von fast 1,1 Millionen deutscher Durchschnittshaushalte und der Menge an Treibhausgasen, die der Hin- und Rückflug von knapp 3,6 Millionen Passagieren von Köln/Bonn nach Teneriffa verursache. Für den DSD-Chef ist somit vollkommen klar, dass Abfalltrennung und Klimaschutz sich nicht auseinanderdividieren lassen und droht damit, dass auch „diese Effekte (…) ohne eine schnelle Novelle der Verpackungsverordnung gefährdet“ seien.
Doch wem nützt mittlerweile die auch vom Bundesumweltministerium angestrebte Novelle wirklich, wie auch immer sie am Ende aussehen mag? Der BDE als Dachorganisation der deutschen Entsorger stößt erwartungsgemäß ins selbe Horn, inzwischen landeten in den gelben Tonnen und Säcken sowie in den Altglascontainern „zu rund einem Drittel Verpackungen, für die es keinen Finanzier gibt“, klagt der Verband.
Die Schuldigen sind klar ausgemacht: Dies liege vor allem auch an vielen „so genannten Selbstentsorgern“, die in Wahrheit keine seien, weil die von ihnen entsorgungspflichtigen Verpackungen nicht in den Läden zurückgegeben könnten und somit in der Wertstoffsammlung landeten – eine gängige Praxis bei zahlreichen Drogeriemärkten, die dem BDE ein Dorn im Auge ist.
Zudem unterstützt die Entsorgungsbranche den ministerialen Entwurf, nach welchem die Geschäftsfelder der dualen Systeme und der Selbstversorger klar voneinander getrennt werden sollen. Die in den privaten Haushalten anfallenden Verpackungen sollen danach komplett den dualen Systemen zugeschrieben werden, Selbstentsorgung nur noch bei den gewerblichen Anfallstellen stattfinden. Auch an die eigenen Reihen hat BDE-Präsident Peter Hoffmeyer appelliert, für mehr Transparenz für die Sammler und Sortierer…

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 06/07/2007