Dicke Südsee-Insulaner:

Von der Beliebtheit zur Beleibtheit
Einen in diesen gesundheitssüchtigen Zeiten nicht unbedingt angebrachten Rekord halten die Bewohner der paradiesischen Südseeinseln: Sie sind laut einer WHO-Studie zum Thema „Fettsucht und Übergewicht“ die dicksten Menschen der Welt. An erster Stelle stehen dabei 94 Prozent der Einwohner der Inselrepublik Nauru, wie BBC-Online berichtete. Viel besser sehe es in den Federated States of Micronesia, im Königreich Tonga sowie auf den Cook-Inseln auch nicht aus, so die WHO. Und schuld sollen wieder einmal westliche Ernährungsgewohnheiten sein, speziell westliches – also ursprünglich amerikanisches – Fast Food, welches oftmals die traditionelle Ernährung verdrängt habe.
Der Mediziner Christian Lehner stellt diese These zwar nicht unbedingt in Frage, steht allerdings der Erfassung dieser Studienergebnisse kritisch gegenüber. Er, der selbst mehrere Jahre auf Samoa verbrachte und ein Buch über die traditionelle Medizin schrieb, räumt ein, es sei bekannt, dass beispielsweise Samoaner nach Auswanderung in die USA ein erhöhtes Risiko hätten, an Diabetes oder Alkoholismus zu erkranken – was durch zahlreiche Studien belegt sei.
Aber, in Samoa gebe es ein Sprichwort, welches für Krankheiten gelte, die in der dortigen Heilkunde unbekannt seien: „Wer so lebt wie ein Palangi (ein Weißer), der bekommt auch die Krankheiten eines Palangi.“ So gälten in Polynesien dicke Menschen automatisch als gute Menschen, weil ihnen als Geschenke Nahrungsmittel gegeben würden. Ein Häuptling oder König müsse daher nun einmal dick sein, weil dies im südpazifischen Raum als Statussymbol gelte, so Lehner. Deshalb könne man auch nicht einfach die Statistik auf diese Region umlegen, weil dazu der Hintergrund fehle: „Dick zu sein, bedeutet nicht, automatisch anatomisch krank zu sein.“
Was mal wieder einmal alles verdorben hat – wie so oft – ist das Geld. Mit seiner Einführung, das verhehlt auch Lehner nicht, hielt allerdings auch in Polynesien die bis dahin unbekannte Vorratshaltung Einzug – zuvor wurden alle Nahrungsmittel, die jeden Tag frisch und unbegrenzt auf den Tisch kamen, von der Dorfgemeinschaft aufgeteilt. Jetzt gibt es auch dort eine Generation, bei der sich Fast Food größter Beliebtheit erfreut – in Verbindung mit bis dahin völlig unbekannten Krankheiten, wie beispielsweise Karies. Von der Beliebtheit bis zur Beleibtheit ist es dahin dann nur noch ein kleiner Schritt.