BIERAuf den Punkt.

von Monika Busch
„Der deutsche Biermarkt wird zwar zunehmend schwieriger für alle Akteure, er zeigt sich derzeit aber in guter Verfassung”, lautete die Analyse des Präsidenten des Deutschen Brauer-Bundes e.V., Dr. Richard Weber, anlässlich der Verbandsjahrestagung am 14. Juni in Augsburg. Das Wetter, ein nach wie vor wichtiger Aspekt, hat 2006 mitgespielt und das Megaereignis Fußball-WM sorgte ebenfalls für einen Absatzschub – der Bierabsatz im Jahr 2006 verzeichnete ein Plus von 1,4 Prozent. Auch das 1. Quartal 2007 mit milden Temperaturen und einer früh einsetzenden Schönwetterperiode zeigt im Vorjahresvergleich ein Plus von 2,7 Prozent (dgw 6/7/07). Und das erste Halbjahr 2007 präsentiert sich mit 52,5 Millionen Hektoliter mit einem Plus von 0,5 Prozent oder 0,3 Millionen Hektoliter – dies zur „guten Verfassung“. Klar, gibt es immer Gewinner und Verlierer. Und auch nicht immer eine Fußball-WM im eigenen Lande und nach wie vor keine Schönwettergarantie.

…zunehmend schwieriger für alle Akteure

In dem positiven Ergebnis 2006 sehen die deutschen Brauereien jedoch keine Trendwende. Einer KPMG-Umfrage zu folge gehen 90 Prozent davon aus, dass der Bierkonsum in den nächsten fünf Jahren weiter zurückgehen oder stagnieren wird. Die Gründe: Harter Verdrängungswettbewerb, einhergehend mit Marktanteilsverlusten beschleunigt rasant den Konzentrationsprozess. Globalisierungseffekte zeigen sich deutlich: Rund 65 Prozent der deutschen und österreichischen Bierproduktion liegen mittlerweile im Einflussbereich von Konzernen – „zunehmend schwieriger für alle Akteure“.

….Schauplatz Ostwestfalen

Es brodelt weiter in den Sudkesseln. Jüngst in Ostwestfalen und in Frankfurt. Seit dem 1. Juli 2007 ist die Herforder Brauerei unter das Dach der Warsteiner Gruppe geschlüpft. Für das ostwestfälische Familienunternehmen mit einer 130-jährigen Tradition bedeutet die Entscheidung für die Warsteiner Gruppe „Zukunftssicherung für Unternehmen, Standort und Marke“. Denn, so der Pressemitteilung zu entnehmen, soll die Herforder Brauerei ein Familienunternehmen bleiben und nicht Teil eines anonymen Brauereikonzerns. Warsteiner bekommt rund 500.000 Hektoliter dazu mit einem Jahresumsatz von etwa 50 Millionen Euro. Der Zukauf von Herforder war sicherlich nicht nur, wie in der Pressemitteilung verkündet, „ein Bekenntnis zum Premium-Biermarkt in Deutschland“, sondern auch eine strategische Überlegung gegenüber Mitbewerber Krombacher, der Ostwestfalen als Kernabsatzgebiet sieht.
Der Vertrag zwischen Krombacher und dem ostwestfälischem Traditionsverein DSC Arminia Bielefeld wurde bereits verlängert bis zur Saison 2009/2010. Und zwar unabhängig von erster oder zweiter Liga. Krombacher-Geschäftführer Hans-Jürgen Grabias setzt auf die starke Verwurzelung von Arminia in der Region. Die Warsteiner-Gruppe will den Markt für Herforder Pils ausbauen und entsprechend investieren. Gesetzt wird auf die Entwicklung des Wirtschaftsraumes Ostwestfalen-Lippe. Albert Cramer positioniert sich diversen Berichten zufolge kämpferisch („Wir wollen Krombacher in Ostwestfalen in die Zange nehmen“).
Keinesfalls erfreut und kritisch zeigt sich die Initiative der „Freien Brauer“. Sprecher und Beiratsvorsitzender Christoph Barre betont, dass es für die Erhaltung der weltweit bekannten deutschen Bierkultur und -vielfalt wichtig sei, dass die mittelständischen und regional verwurzelten Mitgliedsbetriebe einen erfolgreichen Gegenpol zu den immer mächtiger werdenden Getränkekonzernen bildeten. Vor diesem Hintergrund könne der Verkauf der Herforder Brauerei an den Warsteiner-Konzern nicht gutgeheißen werden.

…von Prag über Frankfurt nach Amsterdam

Nicht zum Zuge gekommen ist in Herford die Radeberger-Gruppe KG, deren Shoppingtour noch nicht beendet ist. Aktuell wurde verkauft. Die 100 Prozent Anteile der tschechischen Brauerei Krusovice – vorbehaltlich der kartellrechtlichen Genehmigung – wanderten zu Heineken N.V. Durch diesen Zukauf erhöht sich der Marktanteil von Heineken auf dem tschechischen Markt um drei auf acht Prozent. Bereits im Besitz von Staobrno, belegt der niederländische Braukonzern in Tschechien damit Platz Drei, hinter SAB Miller und InBev.
Die im Jahr 1994 durch die seinerzeitige Binding-Brauerei erworbene Brauerei Krusovice, kommt laut Radeberger auf einen Bierabsatz von rund 700.000 Hektoliter bei einem nationalen Marktanteil von drei Prozent. Die Produktionskapazitäten liegen bei einer Million Hektoliter. „Dem Verkauf liegt die Annahme zugrunde, dass das internationale Potenzial der Marke Krusovice besser in einem internationalen Verbund erschlossen werden kann“, so der Unternehmenstenor. In Deutschland verbleibt der Vertrieb bei der Radeberger Gruppe.

…Bioenergie kontra Braugerste

Eine weitere Herausforderung für die deutschen Brauer: Die Subventionen für Bioenergie, sie fordern die sofortige Einstellung. „Der Energiesektor und der Nahrungsmittelsektor konkurrieren zunehmend um ein und dieselben Agrarrohstoffe und Anbauflächen“, konstatiert der Brauerpräsident. Die Brauwirtschaft habe in den vergangenen 18 Monaten eine Preissteigerung von etwa 50 Prozent hinnehmen müssen. Und dieses sei nicht die bloße Folge einer originären Marktentwicklung, sondern das Ergebnis einer einseitigen Förderung der Bioenergie, beziehungsweise eine politische Wettbewerbsverzerrung, zeigt sich Weber empört. Brauer sitzen an der Natur, schlechte Ernten sorgen für Rohstoffengpässe, eine Reduzierung der Anbauflächen durch die Nutzung für Biodiesel und Bioethanol sorgt für eine dramatische Verknappung. Ergo, müssten und sollten die Bierpreise entsprechend angepasst werden – aber wer traut sich?

…Innovationen, neue Absatzwege, Export

Steigende Absätze in den kommenden fünf Jahren werden für Biermischgetränke (+ 6%), Weizenbier und alkoholfreie oder -reduzierte Biere mit jeweils plus drei Prozent prognostiziert. Zudem ist man sich in der Branche laut der KPMG-Umfrage einig über das Wachstum von Bio-Produkten
Beim Klassiker Pils hingegen gehen die befragten Brauereien bis 2012 von einem vierprozentigen Absatzrückgang aus. „Nur wenigen starken Marken gelingt es, dem erheblichen Preisdruck zu widerstehen, der sich aus Überkapazitäten und der Verhandlungsmacht des LEH ergibt. Wer auf Dauer überleben will, sollte nicht nur sein Markenprofil schärfen, sondern auch echte Getränke-innovationen entwickeln. Hier ist noch mehr Phantasie gefragt“, lautet das Fazit von KPMG-Brauerei-Fachmann Reiner Klinz.
Chancen sehen die deutschen Brauereien im Export, sie gehen von einer Steigerung um insgesamt fünf Prozent in den nächsten fünf Jahren aus, hingegen auf dem deutschen Markt ein Minus von rund zwei Prozent erwartet wird. Die Schlussfolgerung der Studie: 77 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass internationale Braukonzerne weiterhin deutsche Brauereien kaufen werden. Ebenso viele befürchten, dass die Zahl der Brauereien in Deutschland …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 08/09/2007