Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Auf Spurensuche oder Die Macht der Gewohnheit oder Wer mag schon gern Spinat?

Angefangen hat alles so im Jahr 1995. Mein täglicher Gang zur Futterquelle wurde immer schwerer, der notwendige Austritt an die frische Luft schon fast zur Qual. Es ist ja auch bedeutend anstrengender vier statt nur zwei Beine zu bewegen. Es musste also etwas geschehen. Die Versuchung war groß, die Gefahr entdeckt zu werden gering – und eine leichte Manipulation gab es bereits seit Jahren.
Für ein tadelloses Aussehen und ein glänzendes Fell jenseits aller Natur, die tägliche Dosis frisches Bier, gereicht mit freundlichen Empfehlungen meines beliebten Betreuerstabes. Was glaubt ihr denn, warum mir die Nachbarin immer so schöne Augen gemacht hat. Man muss schließlich etwas tun, der Wettbewerb ist hart!
Zuerst nahm ich nur Kleinigkeiten. Zum Beispiel Reste vom Küchentisch. Die hab ich mir in unbeobachteten Augenblicken vom Wurstteller organisiert. Später wurden’s dann größere und gehaltvollere Leckereien. Fette Schokoriegel und dicke Eisbomben. Alles natürlich heimlich, dafür aber aufbauend und systematisch.
So gedopt konnte ich mich beim Essen ruhig und gelassen unter den Tisch legen und verächtlich schlafen – als die anderen gierig ihre Mahlzeiten zu sich nahmen. Natürlich haben die nicht schlecht gestaunt, mit welcher Disziplin und Kraft ich diese Momente der Kultur- und Nahrungsaufnahme ignorierte und trotzdem nur so vor Kraft strotzte, während keiner in meinem Familienrudel mehr mit mir mithalten konnte. Ihr hättet mal sehen sollen, wie fertig die schon allein nach dem Zähneputzen waren. Als die ersten Fragen nach meiner ramboartigen Kondition und damit auch die ersten Zweifel aufkamen, habe ich das getan, was alle tun: Geleugnet.
Aber jetzt ist es Zeit, reinen Tisch zu machen. Ja, ich gestehe, ich habe gedopt. Und zwar regelmäßig. Ich gebe meine Sünden auf, ein für allemal: Die Eisbomben, die Schokoriegel, die Wurstscheiben. Lieber sitze ich bettelnd vor dem Mittagstisch und mache meine Augen feucht und … na ja, Ihr wisst schon. Menschen fallen doch auf diese Art der Manipulation immer wieder ‘rein. Wird schon noch genug für mich abfallen. Mehr noch im Sinne eines sauberen Kinderzimmers und zum Wohle unserer Kinder fordere ich hiermit alle auf, das Doping einzustellen. Wie – Ihr glaubt mir nicht!? Was glaubt ihr denn, woher Flipper seine Intelligenz, Maya die Geschwindigkeit und Willi die Kraft genommen haben? Richtig. Selbst Fury war in den 70er Jahren bereits gedopt. Nur Popeye hat mit der Öffentlichkeit kein Problem – aber wer mag schon gern Spinat?
Bis zum nächsten Mal
Euer Viktor