Vom Quer denker zur Querterrassierung

›Destination: Mosel-Saar-Ruwer
»Gate: Terrassenmosel

Extremwinzer zwischen Himmel und Erde

von Monika Busch

Wer zur Weinlese durch die einzigartige Naturlandschaft des Gebietes von Mosel-Saar-Ruwer mit seiner 9.000 Hektar bestockten Rebfläche fährt, der wird sie schon gesehen haben, die knallbunten Outfits der Steillagenkletterer. Zwischen der Moselmündung bei Koblenz und Treis Karden liegt der nördlichste Teil des Moseltales – die Terrassenmosel. Über Klippen, Felsspalten und Steilhänge führen alpine Kletterpfade direkt in die Steillagen.
Am Wochenende kommen sie in Scharen aus den Großstädten zum Klettern. Die Natur- und Sportfreaks, die das wilde Gelände der Untermosel anzieht. Sie kraxeln dahin, wo innovative und mutige Winzer dem Gejammer von der Weinbaukrise an der Mosel mit aller Kraft trotzen: In die steilsten Lagen der Welt. Die so genannte Terrassenmosel bietet nicht nur Sport- und Naturfreaks fantastische Möglichkeiten, sondern auch dem weniger sportlich ambitionierten Besucher eine Vielzahl von historischen „Leckerbissen“ mit heimeligen Dörfern, Kirchen, Burgen und Schlössern. Auch mangelt es nicht an kulinarischen Gaumenfreuden.

Billigweinproduktion und Tiefstpreise haben viele Winzer, die sich in den Steillagen quälten um den verdienten Lohn gebracht. Ehrliche, harte Knochenarbeit wurde verramscht, Existenzen vernichtet. Zwischen brachliegenden Terrassen und Resten von Mauern hat sich die Wildnis breit gemacht. Wo einst Rebstöcke standen wachsen Büsche und Bäume zu einem undurchdringlichen Gestrüpp.
Heute sind an der Terrassenmosel noch 1.472 Hektar Rebfläche bestockt, was rund 1/6 der Rebfläche des gesamten Anbaugebietes entspricht – und die haben es in sich. Die neue Generation der Winzer, die Iron Men des Weinbaus, setzen alles daran, den Verfall der Steillagen zu stoppen. Sie setzten auf Qualität, senkten die Erträge und nutzen das enorme Potenzial der Natur. Und die ist stark. Dreiundvierzig Prozent der Rebflächen des gesamten Anbaugebietes (3.956 Hektar) haben eine Steigung über 30 Prozent. An den terrassierten Hängen mit dieser extremen Neigung herrscht fast mediterranes Klima. Wie Wärmespeicher geben die Schieferfelsen die Wärme des Tages nachts an die Reben ab.
Ein ideales Terroir für die Riesling-rebe, die von höchst engagierten, qualitätsorientierten Winzern in einer Fülle individueller Nuancen ausgebaut wird. Mit der Philosophie der Rekultivierung durch Qualität und Marketing einen neuen Weinstil zu pflegen, entstehen hier keine fruchtsüßen Moselweine, sondern kraftvolle, trockene Weine – grandiose Rieslinge. Die Querdenker unter den Winzern gehen noch einen Schritt weiter. Um das Fortbestehen der Landschaft und die Wettbewerbsfähigkeit von Betrieben mit Steillagenweinbau zu sichern, suchte man ein wirksames Instrument zur Reduzierung der Produktionskosten. In einem Pilotprojekt mit der rheinland-pfälzischen Landesregierung wurde im Frühjahr 2000 eine zukunftsorientierte Alternative zur traditionellen Bewirtschaftungsform erprobt – die Querterrassierung. Hierzu wurden auf einer 70 Ar großen Weinbergsfläche mit 55 Prozent Hangneigung Fahrterrassen mit einer Breite von 2,10 Meter quer zum Hang angelegt. Dieses neue Verfahren bietet zahlreiche Vorteile für den „Steillagen“-Winzer. Durch fachmännischen Bau von Querterrassen wird der Einsatz von Maschinen im Steilhang ermöglicht, wodurch sich die Handarbeit wesentlich erleichtert und sich der Arbeitsaufwand erheblich reduziert. Mit einer besseren Lichtdurchflutung und Durchlüftung der Rebzeilen wird nicht nur eine Verbesserung der Traubenqualität erzielt, sondern auch ein höheres Mostgewicht einhergehend mit geringerer Krankheitsanfälligkeit der Reben. Ein weiterer Vorteil liegt in der Wasserrückhaltung, die eine Bodenerosion weitgehend vermeidet. In den Böschungen der Terrassen können sich Wärme liebende Tier- und Pflanzenarten wie Orchideen, Smaragdeidechsen oder Schmetterlinge weiter entwickeln.
In dem fünftgrößten Weinbaugebiet bescherte die Natur dem Vegetationsverlauf einen Bilderbuch-Herbst mit einem idealen Mix aus Regen und Sonne. Verschont blieben die Winzer aber nicht von größeren Unwettern, die Spuren hinterließen. Geschätzt wird, dass auf 400 bis 500…

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 01/02/2006