Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Qualität ist geil!

Neulich machte ich mit meinem Herrchen den Neujahrsbesuch bei unseren netten Nachbarn. Während man mir zusammen mit der dort lebenden reizenden Hundedame eine 1a-Markenqualität-Mahlzeit servierte – natürlich mit viel frischem Fleisch und frischer Leber – entspannt sich unter den Herrchen eine muntere Diskussion über „Gammelfleisch“ und seine Hintergründe.
Unser neuer Verbraucherschutzminister hat hier ja einen Superstart mit seinem Sofortprogramm hingelegt. Aber was steckt denn eigentlich hinter „Gammelfleisch“ und „BSE-Skandalen“ fragte mein Herrchen. Wenn alle nur nach dem Motto leben und arbeiten, dass Geiz geil ist, muss sich das doch auf die Qualität auswirken. Oder muss Qualität nicht mehr ihren Preis haben? Doch! Es ist halt ein Unterschied, ob das von Knochen abgekratzte Restfleisch von im Schnellverfahren gezüchteten Tieren zu Formfleisch zusammengeback-en wird, das in der Pfanne schrumpft, oder ob ich ein Stück Fleisch eines natürlich aufgezogenen Tieres kaufe, das in der Hitze zu „einem Stück Lebenskraft“ wird.
Qualität ist geil! – Auf allen Gebieten! Mag also das im Schnellgärverfahren hergestellte und in Plaste gefüllte Billigbräu trinken wer will. Pestizidbelastetes Gemüse ist ebenso wenig sexy wie das Schnäppchen aus dem Elektronikmarkt, das sich dann als wahrer Stromfresser und Energievergeuder entpuppt. Aber „ich bin doch nicht blöd“ und „20 Prozent auf alles – außer Tiernahrung“, so tönt es allenthalben. Vergessen wir trotz dieses Globalisierungstrommelfeuers von „noch größer“, „noch schöner“, „noch billiger“ und der täglich auf uns einprasselnden Rabattorgien nicht unsere eigenen Wurzeln und unsere Region in der wir leben!
Es muss nicht immer das Fleisch aus Südamerika oder das Mineralwasser aus Spanien und das Weizenbier aus Russland sein. Zum Glück wächst der Anteil der Menschen, die sich wieder stärker ihrer Region zuwenden und auch bewusst dort Produziertes einkaufen und konsumieren. Dabei geht es nicht nur um heimische Arbeitsplätze und ökologisch vorteilhafte regionale Wirtschaftskreisläufe, sondern um das Vertrauen in eine beständige Qualität und die damit verbundene „Preiswürdigkeit“ der regionalen Marken.
Der letzte Handelskongress im Herbst 2005 in Berlin stellte fest, dass Deutschland wohl ein Problem mit glaubwürdigen Gegenwelten zum Discount hätte. Gleichzeitig schilderte ein Eigentümer eines Frischemarktes im Schwäbischen die herausragende Kundenresonanz und den auch finanziellen Erfolg seiner konsequenten Qualitäts- und Frischephilosophie.
„Käuferkultur setzt Verkäuferkultur voraus“ – eine erstaunliche Aussage eines Chefs einer großen Einzelhandelskette. In diesem Sinne sollte jeder prüfen, ob es „echt geil“ ist, die Preise auf Discountniveau runterzuhauen und auf Menge zu gehen. Spätestens beim Blick auf die Erträge schwindet dann das „geile“ Gefühl – und andere „holen den Titel!“
Ja, ja sehr engagiert mein Herrchen, dachte ich auf dem Heimweg. Aber manchmal inkonsequent. Mein letztes Fresschen war nämlich auch ein No Name aus dem Discounter. Der Preis ist manchmal eben doch heiß.

Tschüss
Euer Viktor