Hurra Deutschland… wir sind immer noch Deutschland, aber wie?!

von Monika Busch

Skandal ist noch gelinde ausgedrückt, lässt man die mittlerweile öffentlich gewordenen Fakten rund um die Drinks & Food GmbH nebst Frontmann Michael Bouchette Revue passieren.

Zum 30. Mai musste Michael Bouchette für die Drinks & Food Vertriebs GmbH vorläufige Insolvenz anmelden. Grund: Schulden beim Fiskus von rund 70 Millionen Euro sowie weitere rund 30 Millionen Euro Verbindlichkeiten. Das Imperium, vor 23 Jahren von Vater Jürgen aufgebaut, konzentrierte sich nach der Übernahme des Sohnes Michael auf das so genannte Preiseinstiegsgeschäft oder anders, auf „Billigstpreise“. Die Big-Player im Handel nahmen dieses dankbar an. Selbstredend zulasten des gesamten deutschen Spirituosenmarktes, vor allem, wenn berücksichtigt wird, dass die restlichen Unternehmen der Branche in der Regel die nicht ganz unwesentliche Branntweinsteuer an den Staat entrichten.
Unverständlich ist hier insbesondere das Agieren des Landes und des Bundesfinanzministeriums. Jeder Arbeitnehmer muss monatlich die gesetzlichen Steuern zahlen, ob er will oder nicht! Keine Chance, denn sie werden bei der Gehaltsabrechnung abgezogen. Den meisten Freiberuflern in Deutschland wird das Steuerleben mehr als schwer gemacht, obwohl es hier häufig um „Peanuts“ geht. Oftmals entsteht hier der Eindruck, es könne sich um Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der kommunalen Finanzämter einschließlich deren Daseinsberechtigung handeln. Bei exorbitant hohen aufgelaufenen Steuerschulden wie bei Drinks & Food, beschreibt der Berliner Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Voigt-Salus seine Fortführungsanstrengungen des insolventen Unternehmens in den letzten Monaten, wie folgt: Das Bundesfinanzministerium habe zunächst die Erlaubnis zum Betrieb des Branntweinsteuerlagers widerrufen wollen, womit er gezwungen gewesen sei, den Geschäftsbetrieb einzustellen. „Die Wittenberger Bundestagsabgeordneten sowie das Hauptzollamt in Magdeburg haben mich jedoch bei der Überzeugungsarbeit gegenüber dem Bonner Bundesministerium erfolgreich unterstützt, so dass letztendlich auf Staatssekretärebene für den Erhalt des Betriebes grünes Licht gegeben wurde.“ Blumige Worte auf der Pressekonferenz in Zahna, verbreitet wurden Zufriedenheit und Zuversicht. Denn es wurde doch ein Käufer gefunden –  „nach einem intensiven, weltweit durchgeführten Auswahlverfahren mit der Beratungsgesellschaft Roland Berger“. Ein Vorvertrag zur Übernahme der insolventen Unternehmensgruppe der Fläminger Spirituosen sei von M. Dirkzwager B.V. unterzeichnet worden. Zufall, dass es sich bei dem Käufer um einen Geschäftspartner von Bouchette handelt? Im September 2005 gründeten das holländische Familienunternehmen Dirkzwager und drinks & food eine neue Firma – drinks & food international. Zielsetzung: der Vertrieb aller Produkte der beiden Unternehmen in Europa und außerhalb über die gemeinsame Tochter.
Einen Wermutstropfen gebe es auch zu beklagen, so Voigt-Salvus. Notwendig sei ein Personalabbau um 30 Prozent! Dabei spiegele sich der Erfolg doch in Zahlen wider, wie Michael Bouchette anlässlich der diesjährigen ProWein großmundig verkündete: „Proaktiv denken und handeln. Nicht reagieren, sondern agieren. Bedarf erkennen und in den jeweiligen Segmenten bedienen – das ist die Grundmaxime von Drinks & Food. Und der Erfolg spiegelt sich in den Zahlen wider – von 25 Millionen DM auf über 250 Millionen Euro in zehn Jahren.“ Bedarf erkannt, Gefahr gebannt?
Das Handling der Insolvenz erregte die gesamte Spirituosenbranche. Nachvollziehbar ist keinesfalls das Agieren unseres Staates. Denn, die Branntweinsteuer ist eine deutsche, durch Bundesgesetz geregelte Verbrauchssteuer, deren Aufkommen vollständig dem Bund zusteht und vom Zoll verwaltet wird. Diese Steuer ist spätestens am 7. Tag nach der Bekanntgabe des Steuerbescheides zu entrichten – und dieses ohne Aufforderung. Fällig wird die Steuer – aus Vereinfachungsgründen – bei der Entnahme von Branntwein aus dem Steuerlager. Laut Zollstatistik fließen jährlich rund 2,1 Milliarden Euro in die Bundeskassen. Handelt es sich dann bei rund 70 Millionen vergleichsweise um „Peanuts”?
Vielleicht hätte der Handel mehr Moral zeigen können? Vielleicht wäre ein Kauf durch ein Zusammenschluss diverser Mitbewerber auch möglich gewesen. Das Produktportfolio hätte unter den diversen Spirituosenunternehmen anschließend aufgeteilt werden können. Dafür wäre aber eine absolute Einigkeit erforderlich gewesen. Hat die Industrie zulange dem Marktgeschehen zugeschaut, mit Preisabsenkungen reagiert und auf Wertschöpfung verzichtet? Fest steht jedenfalls, Michael Bouchette hat die Gefahr erkannt und gebannt. Denn er wird wieder als Geschäftsführer agieren.