Memorandum zur Alkoholpolitik verabschiedet
von Timur Dosdogru
Die deutschen Brauer haben auf ihrer Delegiertenversammlung in Freiburg ein Memorandum „Bier – Genuss – Lebensfreude“ verabschiedet, um damit ihre Haltung zur aktuellen alkoholpolitischen Diskussion zum Ausdruck zu bringen.
Danach ist für den Deutschen Brauer-Bund Bier nach wie vor ein Genussmittel, welches für die große Mehrheit der Konsumenten Teil der Lebensfreude und Lebensqualität sei. „Bier ist über die Jahre vom Grundnahrungsmittel zum Genussmittel avanciert: Es ist Lebensfreude und Geselligkeit – ein Getränk, dass bei maßvollem Genuss sogar zahlreiche gesundheitliche Vorteile mit sich bringt“, so Brauer-Präsident Dr. Richard Weber.
„Die deutschen Brauer sind sich jedoch ihrer Verantwortung als Produzenten eines alkoholischen Getränkes jederzeit bewusst“, so Weber weiter, „sie setzen auf den maßvollen und verantwortungsvollen Konsum ihrer mit Leidenschaft gebrauten Biere und bringen sich aktiv in die Förderung des moderaten Genusses ein.“ Ein Zwang staatlicher Verordnungen sei daher abzulehnen.
Im Mittelpunkt aller Aktivitäten von Politik und Verbraucherschützern sei von einem mündigen Verbraucher auszugehen, der im Bewusstsein und in Kenntnis aller möglichen Vorteile und Risiken eigenverantwortlich und unbeeinflusst über seine Konsummuster entscheiden können müsse.
Das verabschiedete Memorandum umfasst folgende Punkte:
Ganz im Zeichen dieser Thematik stand auch eine im Rahmen des Brauertages durchgeführte Diskussionsveranstaltung mit dem Titel „Von der staatlich verordneten Lebensführung zum verantwortungsbewussten Leben. Alkohol – Teufelszeug oder Lebensfreude“, zu dem auch der Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) seine Geschäftsführerin Angelika Wiesgen-Pick entsandt hatte. Die von DBB-Hauptgeschäftsführer Peter Hahn moderierte Diskussion zeichnete sich durch große Sachlichkeit sowohl seitens der Industrie als auch der Suchtexperten aus. Seitens der Verbandsfunktionäre war der DBB gut aufgestellt, seitens der Mitglieder hingegen war die Beteiligung allerdings etwas spärlich ausgefallen – was sich auch später am Brauerabend im Spiegelzelt zeigte, passend zur verhaltenen Stimmung der Branche – kleine Grüppchen, leise und gedämpft diskutierend. Endgültig Schluss mit dem Prunk früherer Jahre. Zahlreiche bekannte Persönlichkeiten aus der deutschen Brauerszene glänzten schlicht durch Abwesenheit.
Für die „Präventivseite“ beim Diskussionsforum war unter anderem Rolf Hüllinghorst, Direktor Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) engagiert worden, der die Ansicht vertrat, dass der Alkoholkonsum in Deutschland insgesamt zu hoch sei. Er verblüffte mit einer Aufstellung, die vor einigen Jahren in der Schweiz erstellt worden war. Auf nur etwa zehn Prozent der Eidgenossen entfiel danach rund die Hälfte des im gesamten Land konsumierten Alkohols – das heißt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung trinkt wesentlich mehr als der Rest. In der Bundesrepublik herrschen ähnliche Verhältnisse: etwa acht Prozent der Menschen vereinen hier zu Lande rund 38 Prozent der gesamten konsumierten Alkoholmenge auf sich.
Anton Bartling, Landeskoordinator für Suchtfragen des Landes Bremen, sieht im bundesdeutschen Umgang mit Alkohol ein „gesellschaftliches Defizit“ und sprach sich für eine Zusammenarbeit zwischen Industrie und Institutionen aus, beispielsweise bei Forschung und Lehre. Helmut B. Wagner, Geschäftsführer The Amsterdam Group (TAG), erläuterte dem Auditorium, wie sich Mitgliedsunternehmen seiner Vereinigung für verantwortungsbewussten Alkohol einsetzen und damit einen Beitrag zur Reduzierung alkoholbedingter Schäden leisteten. Der niederländische Psychologe Ernst Christiaan Buning, Vorsitzender des Präsidiums der International Harm Reduction Association (IHRA) hatte gar einen ganz anderen Ansatz in der Prävention: Es werde zu viel von Alkoholikern geredet, man müsse auch die „normalen“ Menschen ansprechen. Das ganze Thema werde von verschiedenen Seiten oft zu verbissen behandelt. Dies sei aber nur möglich, wenn eine Voraussetzung erfüllt sei: „Alkoholpolitik muss sexy werden!“
In der anschließenden Debatte kam man sich in der Sache schon relativ nahe und beschloss, die gemeinsame Zusammenarbeit auszuweiten. Einen gemeinsamen Lacher gab es dann auch noch: Psychologe Buning warf ein, wenn man über die Kosten spreche, die durch die Behandlung Alkoholkranker entstünden, dürfe man ja auch nicht vergessen, dass diese ja auch jahrelang viel Geld für ihren Alkohol in die staatlichen Kassen gespült hätten. Dass war dann selbst Brauer-Hauptgeschäftsführer Hahn zu viel, welcher meinte, dass die Behandlungskosten von Alkoholikern doch wohl die alkoholsteuerbedingten Staatseinnahmen um ein vielfaches überstiegen.
Niederländer Buning, der deutschen Sprache durchaus gut mächtig, aber manchmal unfreiwillig komisch in seinen Formulierungen, konterte pragmatisch: „Nein, nicht wenn die alle schnell totgehen.“ Anlässlich der DBB-Jahrespressekonferenz am nächsten Tag betonte Brauerpräsident Weber, dass der insgesamt schwierige Markt trotzdem allen Brauereien Raum für Erfolg biete. Im Jahr 2004 hatte der deutsche Biermarkt noch ein leichtes Absatzplus von 0,2 Prozent verzeichnet, für das erste Quartal 2005 musste ein Minus…
Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 08/09/2005