Schloss Wachenheim AG: Verzicht auf Wodka-Geschäft in Polen verbessert Ergebnis

Weltweit größter Schaumweinhersteller macht über die Hälfte des Umsatzes im Ausland

von Timur Dosdogru

Die Schloss Wachenheim Aktiengesellschaft konnte als nach eigenen Angaben weltweit führender Sekt- und Schaumweinhersteller im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2004/05 (1.7. bis 31.12.2004) die Rentabilität weiter steigern. Das Betriebsergebnis (EBIT) konnte um 20,2 Prozent auf 15 Millionen Euro verbessert werden (Vorjahreszeitraum: 12,5 Millionen Euro). Der Jahresüberschuss wuchs um 32,2 Prozent auf 8,7 (6,6) Millionen Euro. Erwartungsgemäß sank der Umsatz um elf Prozent auf 196,8 (221,2) Millionen Euro. Produziert werden jährlich über 200 Millionen Flaschen.

Der Umsatzrückgang mit einhergehender Ergebnisverbesserung liegt laut Vorstandsvorsitzendem Nick Reh im Verzicht auf das unrentable Wodka-Geschäft in Polen und einer Sortimentsbereinigung in Deutschland. Diese Maßnahmen hätten zwar die Erlöse geschmälert, jedoch habe sich das Ergebnis unter dem Strich trotzdem „deutlich verbessert“. Damit sei die Strategie, unrentable Geschäftsfelder aufzugeben, voll aufgegangen. Reh: „Moderne Produkte mit gutem Ertragspotenzial und die Expansion außerhalb Deutschlands sichern unsere Zukunft.“

Reh und sein stellvertretender Vorstandskollege Uwe Moll erwarten für das gesamte Geschäftsjahr 2004 /2005 (30.6.) einen Umsatz von 340 Millionen Euro sowie einen Konzernjahresüberschuss von rund zehn Millionen Euro, was einem Anstieg um 70 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Im Geschäftsjahr 2003/04 hatte der Jahresüberschuss 5,8 Millionen Euro betragen, knapp drei Mal soviel wie im Vorjahr (1,8 Millionen Euro). Vorstandschef Reh wies darauf hin, dass allerdings mit Beginn des alten Geschäftsjahres 2003/04 die Marken des Konzerns erstmals nicht mehr abgeschrieben worden seien und der Umsatz bei 370,1 Millionen Euro gelegen habe (nach 403,8 Millionen Euro im Vorjahr). Das Betriebsergebnis (EBIT) stieg auf 14,3 Millionen Euro (nach 9,7 Millionen Euro im Vorjahr).

Über die Hälfte seines Umsatzes, nämlich 53,5 Prozent, erzielte der Wachenheim-Konzern im vergangenen Geschäftsjahr im Ausland. Im laufenden Geschäftsjahr sollen es rund 50 Prozent sein, bedingt durch das abgestoßene Wodka-Geschäft in Polen und durch Wechselkursverluste. „Abgesehen von diesem Sondereffekt bietet das Ausland für unseren Konzern ein hervorragendes Wachstumspotenzial“, so Reh weiter, „mittel- und langfristig werden wir den Umsatz in den Auslandsmärkten weiter steigern.“ Jahresende 2004 waren 887 Mitarbeiter im Konzern tätig (Vorjahr: 906), davon 549 im Ausland (Vorjahr: 567). Der Kurs der Wachenheim-Aktie habe sich laut Vorstand in den vergangenen 18 Monaten „hervorragend entwickelt“. Die Aktie wird seit 1948 an der Börse gehandelt. Der Börsenkurs konnte im zurückliegenden Geschäftsjahr (30. Juni 2003 bis 30. Juni 2004) um knapp 50 Prozent von 4,99 auf 7,45 Euro gesteigert werden, auch im laufenden Geschäftsjahr legte die Aktie weiter zu und lag am 14. Februar bei 11,69 Euro. Im Mai soll die polnische Tochtergesellschaft Ambra an die Warschauer Börse gehen, was als das größte Projekt des Wachenheim-Konzerns im laufenden Geschäftsjahr gilt.

Der Vorstand erwartet einen Emmissionserlös von 40 bis 50 Millionen Euro, der etwa zur Hälfte für die weitere Erschließung der osteuropäischen Märkte und zur Kredittilgung verwendet werden soll. Vor allem in Osteuropa konnte sich Wachenheim in den vergangenen zehn Jahren eine starke bis führende Marktstellung sichern. Mittlerweile verfügt der Konzern über Produktionsstätten in Polen (Ambra), in Tschechien und der Slowakei (Soare Sekt) und in Rumänien (Karom Drinks). Von dort aus wird die aus Sekt, Wein, Wermut und alkoholfreien Getränken bestehende Produktpalette in die meisten osteuropäischen Länder exportiert.

Über weitere Firmen- und Beteiligungskäufe in Polen, Tschechien, Ungarn, Rumänien und Russland wird nachgedacht. Vorstandschef Reh will die „großen Chancen“ aber auch die Risiken dieser Expansion mit anderen Investoren teilen, wobei der geplante Börsengang der geeignetste Weg sei. Die derzeitigen Kapitalmarkt- und Wechselkursverhältnisse seien gut, hieß es.

Die Firma Ambra wurde 1992 gegründet und gehört seit 1998 Schloss Wachenheim, seit dem vergangenen Jahr zu 100 Prozent. Die Tochter bündelt mittlerweile das gesamte Osteuropageschäft des Wachenheim-Konzerns, für das laufende Geschäftsjahr wird mit einem Umsatz von rund 80 Millionen Euro und einem Segmentergebnis von drei Millionen Euro gerechnet. Rund 50 Prozent des polnischen Schaumweinmarktes und rund 25 Prozent des gesamten Weinmarktes überhaupt deckt Wachenheim über Ambra ab. Das Unternehmen vertreibt die drei führenden polnischen Sektmarken Dorato, Cin&Cin Spumante und Michelangelo, den beliebtesten Wermut Cin&Cin, den meistverkauften Wein Fresco und das führende Kinderpartygetränk Piccolo. Trotz anhaltender Konsumzurückhaltung konnte sich Wachenheim auch im Inland weiter behaupten. Der Pro-Kopf-Verbrauch bei Sekt ist auf das bisher niedrigste Niveau seit 1978 zurückgegangen und sank von über fünf Liter im Jahr 1994 auf unter 3,8 Liter in den Jahren 2003 und 2004 – und dies obwohl die Deutschen immer noch als „Weltmeister“ im Sekttrinken gelten. Aufgrund dieser Entwicklung ging im Geschäftsjahr 2003/04 auch im Hause Wachenheim der Sektabsatz von 71,2 auf 65,7 Millionen Flaschen (0,75 Liter) zurück.

Dazu hätten auch Preiserhöhungen und die deutliche Straffung des Sortiments beigetragen, hieß es. Marketing- und Vertriebschef Uwe Moll stellte dazu fest: „Sekt ist ein hochwertiges Getränk, das nicht mehr nur zu Niedrigstpreisen auf der Resterampe verramscht werden sollte.“ Auch künftig will Schloss Wachenheim kein Mengenwachstum über den Preis erzielen. Im heimischen Markt sieht sich das Unternehmen hinter seinen Mitbewerbern Rotkäppchen-Mumm und Henkell & Söhnlein an dritter Stelle, bei einem seit einigen Jahren stabilen Marktanteil von 21,1 Prozent. Die bekanntesten Marken des Hauses sind Faber, Belmont, Feist Riesling, Schloss Wachenheim und Nymphenburg. Von Faber werden jährlich rund 19 Millionen Flaschen abgesetzt.

Im Prosecco-Bereich setzten sich die Wachenheim-Marken Linea Vini und Azzurro weiter durch und konnten ihre Marktführerschaft weiter ausbauen. Im Preisbereich über drei Euro sei man führend und habe die Wettbewerber auf die hinteren Plätze verwiesen, so Moll. Steigende Einkaufspreise habe man an die Kunden weiter geben müssen, was zur Überschreitung wichtiger psychologischer Preisschwellen geführt habe. Die entalkoholisierten Weine und Sekte der Marke Light live hätten den Nerv der Verbraucher getroffen, so Moll weiter, allein in Deutschland würden mittlerweile rund 2,5 Millionen Flaschen verkauft. Mit einer steigenden Nachfrage sei zu rechnen, wie auch in anderen westlichen Ländern wie Großbritannien, den USA und in Skandinavien.

Vom Kinderparty-Getränk Robby Bubble konnte der Konzern rund 6,6 Millionen Flaschen absetzen. Wegen des Pflichtpfandes für Einwegverpackungen war die Marke zwischen Januar und Oktober 2003 nicht im Handel gewesen und wurde erst wieder ohne Kohlensäure in den Verkauf gebracht. Mit der neuesten, demnächst gültigen Pfand-Variante wird das Getränk weiter pfandfrei angeboten. Durch den Erwerb der Marke Charles Volner von der Bacardi-Martini-Gruppe 2003 konnte die Marktstellung auch in Frankreich deutlich ausgebaut werden. Der Marktanteil von Schloss Wachenheim beträgt dort ohne Champagner im Schaumweinbereich mittlerweile fast 50 Prozent. Auf dieser Basis will Schloss Wachenheim seine Kosten- und Marktführerschaft in Europa weiter festigen.