Qualität hat ihren Preis!

Christoph Barre, Geschäftsführer der Privatbrauerei Ernst Barre GmbH, plädiert für ein neues Qualitätsbewusstsein.

Warum ihm der gegenwärtige Trend zur selbstbewussten Schnäppchenjagd ein ungutes Gefühl bereitet, erläutert er im Interview (aus Barre Journal 2004).

Farbe bekennen…

„Wir leben in turbulenten Zeiten. Unsicherheit und Zukunftsangst bestimmen die Gedanken vieler Menschen – in Vorstandsetagen ebenso wie in privaten Haushalten. Die Globalisierung schreitet unaufhaltsam voran. Wirtschaftlich wie kulturell. Um das zu erkennen, genügt ein Blick in unsere Innenstädte: Lässt sich die Fußgängerzone in Hannover noch von der im englischen Manchester unterscheiden? Auf den ersten Blick gewiss nicht. Denn die austauschbaren Filialen globaler Ketten bestimmen¸überall das Bild: rund um den Erdball die gleichen Fassaden, Sortimente, Dekorationen.

Eine ganz ähnliche Entwicklung erlebt derzeit leider auch die hiesige Brauereilandschaft: Internationale Großkonzerne haben die Fühler ausgestreckt und gehen auf Shopping-Tour in deutschen Landen. Reines Effizienzdenken und kühles Rationalisierungsstreben haben einen Verdrängungswettbewerb in Gang gesetzt, in dem oft nur der nackte Preis zählt. Viele traditionsreiche Brauereien mussten in den vergangenen Jahren bereits aufgeben. Unwiderruflich sind mit ihnen zahlreiche regionale Biermarken verschwunden. Biermarken mit Herz und Seele. Biermarken, die Menschen oft jahrhundertelang mit Stolz erfüllten. Und glaubt man den Prognosen, so stehen wir erst am Anfang einer dramatischen Marktkonzentration. Die einst so vielfältige Brauereilandschaft in Deutschland droht, gnadenlos eingeebnet zu werden. Die Planierraupe hat schon Fahrt aufgenommen. Das Resultat: Verbraucher mögen dank Billiganbietern und Discountern günstiger zu ihrem Bier kommen. Doch zu  welchem Preis? Die Auswahl wird sich zusehends auf anonyme Massenprodukte konzentrieren, die keine Rücksicht auf regionale Geschmacks-Präferenzen nehmen.
Als Mitglied einer deutschen Brauer-Familie, die in der sechsten Generation  eine der ältesten deutschen Pilsbrauereien betreibt, bereitet mir diese Entwicklung natürlich Anlass zur Sorge. Als Vorwand zu jammern, nehme ich sie gewiss nicht. Das wäre zu einfach. Das ist nicht die Mentalität der Menschen in unserer Region.

Und so kann ich Ihnen versichern: Barre Bräu  steht hinter seiner Unternehmensphilosophie. Wir bekennen Farbe. Für unsere Region. Für die Menschen, die hier zu Hause sind. Für eine vorbildliche Kundennähe. Für eine sorgfältige Qualitätsproduktion, in der Biere mit einem unverwechselbaren Geschmack und Charakter gebraut werden. Denn wir wissen genau: Mit der internationalen Konzentration des Marktes entstehen auch neue Chancen für leistungsstarke Regionalbrauereien. Je einheitlicher sich der Wettbewerb präsentiert, desto größer sind die Nischen für Mittelständler mit Profil. Wir setzen alles daran, die unsere zu nutzen. Entschlossen. Verantwortungsbewusst. Mit originellen Ideen.“

Herr Barre, Deutschland scheint sich zu einer Nation der Sparfüchse zu entwickeln. Schauen die Verbraucher auch beim Bierkauf zuerst auf den Preis?

Zweifellos spüren wir auch in unserer Branche, dass der Werbeslogan „Geiz ist geil“ für viele Kunden eine wichtige Rolle beim Griff ins Regal spielt. So trifft eine wachsende Zahl von Billigbrauern und Discountern auf immer mehr Schnäppchenjäger. Doch ist das kein Grund zum Lamentieren, gehört dieser Trend doch zu einer lebendigen Marktwirtschaft.

Unsere Aufgabe ist es, die Verbraucher davon zu überzeugen, dass Genuss und Geschmack ihren Preis haben. Natürlich kann ich nachvollziehen, dass viele Menschen jeden Euro vier Mal umdrehen. Schließlich spürt ja fast jeder die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in eigenen Portmonee. Dennoch bereitet mir die Kernaussage der zugegebenermaßen griffigen Formel „Geiz ist geil“ ein ungutes Gefühl. Wenn der Preis das wichtigste Kaufkriterium ist, rückt der Qualitätsaspekt in den Schatten. Und da gehört er nicht hin.

Also ist ein zu starkes Preisbewusstsein das Problem?

Nicht unbedingt. Hinter der „Geiz ist geil“-Maxime verbirgt sich eher ein zu einseitiges Preisbewusstsein. In der Hektik des ständigen Preisvergleichs vergisst so mancher, dass viele vermeintliche Schnäppchen einfach einen geringeren Wert aufweisen als Qualitätsprodukte. Sei es in Geschmack, Haltbarkeit oder Leistung. Wirkliches Preisbewusstsein heißt für mich, genau hinzuschauen, ob ich für mein Geld eine entsprechende Leistung erhalte.

Was heißt das für Barre Bräu?

Experten gehen ja davon aus, dass der Biermarkt quasi auseinander driftet. Auf Dauer sollen nur zwei Segmente relevant sein, hier die billigen Discountmarken, dort die hochwertigen Premiummarken. Wir wissen ganz genau, wo wir stehen. Aus harten Preiskämpfen halten wir uns heraus. Vielmehr setzen wir als regionale Traditionsbrauerei auf eine Qualitätsproduktion, in der nur Spitzenprodukte mit eigener Identität entstehen. Und dafür verlangen wir einen angemessenen Preis, der sich für den Verbraucher bezahlt macht.

Die aktuellen Preisunterschiede sind also angemessen?

Da kann ich nur für unser Unternehmen sprechen. Wir nutzen nur hochwertige Rohstoffe. Wir setzen auf überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir arbeiten ständig daran, unsere Produktionsverfahren und Rezepturen zu verfeinern. Aktive Marketingarbeit hilft uns, Verbraucherwünsche optimal umzusetzen.
Wir haben in den vergangenen Jahren erheblich in die Modernisierung unserer Anlagen investiert. Das alles schmeckt man: Nicht umsonst sind wir in der Gastronomie so gut vertreten. Nicht umsonst zählen wir zu den Favoriten unter ausgewiesenen Bierliebhabern. Nicht umsonst hat Barre Pilsener erneut DLG-Gold gewonnen.

Liegt es aber nicht in der Natur der Sache, dass kleinere Brauereien teurer produzieren?

Eines vorweg: Kein Verbraucher zahlt für ein Barre Pilsener mehr, nur weil wir kein Braukonzern sind. Wir als Regionalbrauerei brauchen keinen Artenschutz.
Aber es resultieren ja auch viele Vorteile für Verbraucher daraus, dass wir ganz bewusst nicht jedes Rationalisierungspotenzial ausschöpfen. Wir bekennen Farbe zu unserer Heimat und schaffen Arbeitsplätze in der Region. Und auch nur durch die Nähe zu unseren Kunden können wir einen vorbildlichen Service bieten und ein Bier brauen, das auf die Präferenzen der Menschen hier maßgeschneidert ist.
Zudem kommen unsere Erlöse in vielerlei Hinsicht den Menschen der Region zugute: dem heimischen Breiten- und Spitzensport, der Denkmalpflege, der Förderung von sozialen oder kulturellen Projekten. Kurzum: Wir stellen uns der Verantwortung.