VDP-Jahrgang 2003 im Kloster Eberbach

von Wilfried Moselt

Bei seiner Deutschland-Tour hat der Verband der deutschen Prädikatsweingüter (VDP) nun auch im Rheingau den Jahrgang 2003 der klassifizierten „Großen Gewächse“ einem Fachpublikum vorgestellt. Dass der allzu gern als Jahrhundertjahrgang apostrophierte 2003er nicht ganz unproblematisch war und dem Winzer ein erkleckliches Maß an Können abverlangte, wenn er ein ausgewogenes Produkt auf die Flasche bringen wollte, wurde auch im Kloster Eberbach nicht widerlegt.

Unbestritten soll indes bleiben, dass es einem Weinfreund selten vergönnt ist, eine derart konzentrierte Ansammlung von Spitzenweinen zu verkosten. Denn hochgradig verkostungswürdig sind sie ohne Frage, diese „Nasen-orientierten“ Prachtexemplare der VDP-Elite des Jahrgangs 2003. Wer allerdings einen Wein zum Trinken sucht, wird sich auf den 2004er freuen.

Der Jahrgang 2003 war ein außergewöhnlicher – eben kein gewöhnlicher. Da schien mancher Erzeuger wohl geneigt, sich auf den recht leicht eingefahrenen Superqualitäten auszuruhen und die anzustrebende Ausbau-Harmonie im Keller gelegentlich aus den Augen zu verlieren. Vor allem Rebsorten wie der Riesling, die von der Frucht leben, liefen Gefahr, durch extreme Alkoholgehalte geschmackliche Einbußen zu erleiden.

Dass es bei dem letztendlich also eher schwierigen Jahrgang, der in den nächsten Jahren seine Klasse erst beweisen muss (so er nach all den Lobeshymnen noch nicht ausverkauft und ausgetrunken ist), auch ganz großartige Weine gab, unterstrichen bei der Veranstaltung nicht nur die seit Jahren im Oberhaus etablierten Betriebe.

Einer der Nachrücker war zum Beispiel das Rheingauer Weingut Josef Spreitzer, das mit seinem trockenen 2003er Lenchen Riesling viel Frische und eine sehr gut bewahrte Frucht in das perfekt integrierte Alkoholgerüst einbrachte (was wesentlich auf die gewagte frühe Lese zurückzuführen sein dürfte!). In diesem Zusammenhang soll auch das Weingut von Othegraven von der Saar erwähnt werden, das mit seinem trockenen 2003er Altenberg Riesling einen ausgesprochen fruchtigen Vertreter mit gut abgepufferter Alkoholnote präsentieren konnte, oder das Schlossgut Hohenbeilstein aus Württemberg mit seinem 2003er Schlosswengert Riesling, der sich recht kräftig und vollmundig vorstellte, zugleich aber mit einer fein prononcierten Riesling-Frucht und ausgeprägten Zitrusaromen am Gaumen einen nachhaltigen Eindruck hinterließ. Dass gestandene Erzeuger es geschafft haben, den 2003er mit der angemessenen „Strenge“ zu behandeln, nimmt da schon weniger wunder. Einige Paradebeispiele: die Rheingauer Weingüter Prinz von Hessen mit den gut ausbalancierten fruchtigen, von Frische begleiteten drei Rieslingen aus den Lagen Hasensprung, Jesuitengarten und Klaus; Robert Weil mit dem Grafenberg Riesling, der durch eine fein ausgeprägte Riesling-Frucht, eine rassige Säure und eine harmonisch eingebundene Alkoholnote besticht, und Schloss Vollrads mit dem Schloss Vollrads Riesling, der sehr ausgewogen daherkommt und eine markante Frucht mit dezenten mineralischen Noten ins Glas bringt; weiterhin das rheinhessische Weingut St. Antony, wo es Alex Michalski auch in dem nicht einfachen Jahr einmal mehr geschafft hat, trotz der Alkoholvorgaben bei seinen drei Rieslingen aus den Niersteiner Top-Lagen Pettenthal, Hipping und Orbel die Frucht herauszuarbeiten und harmonische lebendige Weine mit bestens eingebundenem Alkohol und feinen mineralischen Noten auszubauen, sowie das Weingut Schloss Neuweier aus Baden, das mit seinem ganz und gar nicht von vordergründigem Alkohol geprägten Riesling aus der Lage „Das goldene Loch“ im Mauerberg dokumentiert, dass sich gerade beim Jahrgang 2003 die vermeintlich weniger guten Lagen als die besten erwiesen haben.

Schließlich soll aber auch ein besonderer Silvaner aus Franken nicht vergessen werden, den der Staatliche Hofkeller Würzburg zum Genießen einschenkte. Der sehr kräftige Silvaner aus der fränkischen Spitzenlage Stein mit seinen erdigen Aromen und den feinen mineralischen Noten hätte mit etwas weniger Alkohol alle Voraussetzungen mitgebracht, ein unschlagbarer Protagonist der Rebsorte zu werden. Spaß gemacht hat er gleichwohl allemal.