Halbjahresbilanz, Sommertristesse und Bierdurst

von Monika Busch

Bier mit seiner jahrhundertlangen Tradition ist hier zu Lande immer noch ein Volksgetränk. Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verbrauch von 118 Litern liegt Bier zwar erstmals hinter dem Mineralwasserverbrauch, was aber nicht unbedingt mit einer vermeintlich geringeren Beliebtheit der hopfenhaltigen Getränke zu tun habe.

Dieses Resümee zieht die Krombacher Brauerei aufgrund einer so genannten Verbraucheranalyse – Langzeitstudie durchgeführt von den Verlagshäusern Springer und Burda – Entwicklung der Verbrauchergewohnheiten in Deutschland von 1999 – 2004. Bier sei beileibe kein Getränk, das immer älter werden würde, vielmehr hätten sich über den Zeitraum von fünf Jahren immer mehr Verwender aus jüngeren Zielgruppen für Bier begeistern können, so die Verbraucheranalyse. Primär habe der sinkende Pro-Kopf-Verbrauch mit der demographischen Entwicklung zu tun.

Laut Statistischem Bundesamt wurden im ersten Halbjahr 2004 mit 51,8 Millionen Hektoliter 0,6 Prozent mehr Bier abgesetzt, hingegen im zweiten Quartal 2004 der Absatz gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Vorjahres um 2,1 Prozent rückläufig war. Die Biermischgetränke mit einem Volumen von 1,3 Millionen Hektoliter waren im ersten Halbjahr 2004 mit 2,5 Prozent am Gesamtabsatz beteiligt – gegenüber dem Vorjahr ein Minus von 0,4 Prozent. Ein betriebswirtschaftliches Gesetz zeigt auf: Wenn es in einem Markt nicht mehr so richtig „schäumt“(läuft), kommt ein Strukturwandel. Die „Großen“ kaufen hinzu oder fusionieren. Das Preisgefüge im Markt wankt – dank Oettinger & Co., Überkapazitäten prägen weiterhin den deutschen Markt. Gewinne tendieren teilweise gegen Null. Fusionen stehen für Marktbereinigungen und hier vor allem bei den „Playern“. Kosteneinsparungen durch größere Sortenmengen, weniger Produktionsstandorte für unterschiedliche Marken und Sorten, steht klar für Marktbereinigung. „Bierbrauen wird zur Schwerindustrie nach dem Muster der Mineralölindustrie. Der Markt wird es richten, und zwar bipolar. Auf der einen Seite stehen die Überzeugungsbrauer, die in naher Zukunft noch ein Stück mehr vom Hektoliter erlösen werden. Weil sie Bier eben zum High-Interest-Produkt machen. Ihre Stärke ist die vor Ort direkt nachvollziehbare Glaubwürdigkeit. Und auf der anderen Seite dümpelt eine Brau-Schwerindustrie, die ähnlich wie Mineralölkonzerne dann ihre eigenen (Bier)-Tankstellen haben wird“, so der provozierende Kommentar von Kirchgässler & Kobes, Strategieberater aus der bayerischen Provinz.

Marktführer Krombacher scheint die aktuelle Entwicklung kaum zu tangieren. Ausstoßsteigerung in den ersten sechs Monaten um 3,1 Prozent, lautet die frohe Kunde aus Kreuztal. Krombacher Pils plus 1,2 Prozent, Fassbier mit Minus 0,1 Prozent stabil. Der Bier-Cola-Mix Cab zeigt aktuell fast 50 Prozent Plus und ist somit laut Unternehmensangaben in den letzten Untersuchungsperioden (Nielsen) erstmals auf Platz Zwei der Bier-Cola-Mischgetränke gerückt. Krombacher Radler strotzt mit einem Plus von fast 60 Prozent und Alkoholfrei schlägt mit 15 Prozent Plus zu Buche. Der Export, mit dem wichtigsten Exportland Italien, weist ein Plus von sieben Prozent auf. Und dies nachdem im vergangenem Jahr ein Rekordergebnis mit 5,440 Millionen Hektoliter erzielt wurde. Die Kreuztaler werden in ihrer Strategie bestätigt. Vergessen ist die einstige Landbrauerei im Siegerland, Erfolgsgeschichte wurde geschrieben. Das Duo Friedrich Schadeberg und Günter Heyden stellte exzellent die Weichen für die heutige Marktführerschaft unter der Leitung von  Bernhard Schadeberg. Krombacher Pils wird immer noch mit „See und Wäldern“ beworben. Und entgegen vieler kritischen Aussagen, dieses liege nicht mehr im Trend und die Zielgruppe werde nicht erreicht, da Lifestyle angesagt sei, scheint diese Strategie aufzugehen. Ein Wettbewerber sagte einmal: „Das Einzige was sich in der Werbung ändert, ist der See. Der wird immer größer.“

Der Nachbar und Mitbewerber in Warstein verkaufte im ersten Halbjahr 2004 mit insgesamt 2,75 Millionen Hektoliter 291.0000 Hektoliter weniger im Vergleich zum Vorjahreszeit-raum. Die Ertragsposition stelle sich aufgrund der auf Premium ausgerichteten Strategie auch im ersten Halbjahr 2004 durchaus positiv dar, lautet der Tenor. Im Inland büßte die Marke Warsteiner im 1. Halbjahr 2004 mit 1,53 Millionen Hektoliter 8,5 Prozent ein. „Es kommt letztlich nicht darauf an, wie viel verkauft, sondern wie viel im Unternehmen unter dem Strich übrig bleibt“, lautet die jetzige Erkenntnis von Inhaber Albert Cramer.  Daher soll an der eingeleiteten auf Premium ausgerichteten Preispolitik festgehalten werden. Emotional aufgeladen werden soll die Marke. Dafür sorgen sollen Vkf-Aktionen, klassische Kommunikation, Innovationen und neue Gebinde. Von den im vergangenen Jahr eingeführten Biermischgetränken Premium Cola und Lemon wurden  insgesamt 100.000 Hektoliter abgesetzt. Erweitert wurde die Range mit der Variante Orange. Mit dem auf der Internorga vorgestellten Produkt HiLight wollen die Warsteiner ein völlig neues Segment im Biermarkt  aufmachen. Zudem würde sich das 6er-Pack-0,33-Liter-Mehrweg prächtig entwickeln. „Gerade die Alternativgebinde, die von den Billigbieranbietern aufgrund des fehlenden Investitionskapitals nicht realisiert werden können, werden beim Konsumenten immer wichtiger. Hier setzen wir weiter an“, so die Ansage von Geschäftsführer Dr. Gustavo Möller-Hergt. Der durchgeführte Relaunch soll die Marke „verjüngen“. Prognostiziert wird für das Geschäftsjahr 2004 ein Absatzverlust von sechs Prozent.

Die ebenfalls im Sauerland beheimatete Veltins-Brauerei vermeldet für das 1. Halbjahr einen Zuwachs von 3,8 Prozent auf 1,18 Millionen Hektoliter. Hier war vor allem die Mischgetränke-Range V+ Wachstumsträger, durch „kontinuierliches Sortenwachstum und Distributionserweiterung“. Drei Jahre nach Markteinführung sei die Range klar unter den Top-Marken in Deutschland positioniert, berichteten die Mescheder. Die neue Kampagne in 2004 für V+ hat nicht mehr den Schwerpunkt Produktbezug wie in 2003, sondern ist „emotionsgeladen, ein wenig schriller, soll aber in jeden fall junge Frische-Impulse bringen“, kommentiert Veltins-Marketingleiter Herbert Sollich. Wachstum meldet auch die Kulmbacher Gruppe. Der Bierabsatz konnte um fünf Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2003 gesteigert werden. Die Umsatzerlöse der Gruppe stiegen zum 30. Juni 2004 auf 103,3 Millionen Euro (Vorj.: 102,7 Mio.). Der Vorstandsvorsitzende der Kulmbacher Brauerei AG, Jürgen Brinkmann, rechnet für 2004 mit „einer stabilen Ertragslage“.
Gebindeinnovationen sollen neue Zielgruppen erschließen. So ergab beispielsweise eine Repräsentativ-Umfrage der Gesellschaft für Rationelle Psychologie (G.R.P.) im Auftrag des Aktionsforum Glasverpackung, dass die vertraute…

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in unserer Print-Ausgabe  10/2004