Destination: Saarbrücken – Gate: Deutscher Brauer-Tag

Brauer-Bund sorgt sich um Regulierungswut in der EU
Pro-Kopf-Verbrauch bei Bier in Deutschland weiter gesunken

von Timur Dosdogru

Der Deutsche Brauer-Bund, bislang noch in Bonn ansässig, will künftig in der Bundeshauptstadt Berlin agieren, um den Regierenden noch besser auf die Finger sehen zu können und wohl auch, um näher am tagespolitischen Geschehen zu sein. Eine entsprechende Immobilie sei schon gekauft worden, so Präsident Dr. Richard Weber bei der Jahrespressekonferenz anlässlich des Deutschen Brauer-Tages in Saarbrücken.

Zudem haben die Brauer ihren Bundesverband verkleinert, die dem Verband angeschlossene Gesellschaft für Öffentlichkeitsarbeit wurde aufgelöst. Im Zuge dessen hat Pressesprecher Erich Dederichs seine Tätigkeit beim Brauer-Bund nach zwölf Jahren beendet. Neue Pressesprecherin des Verbandes wurde Birte Kleppien, die seit drei Jahren in der Pressestelle tätig ist. Mit der Straffung des Verbandes soll bis zum nächsten Jahr rund ein Drittel der Kosten gespart werden. Präsidiumsmitglied und Ex-Brau-und-Brunnen-Chef Michael Hollmann sieht darin eine deutlich erhöhte Schlagkraft, weil künftig der Schwerpunkt in den Bereichen Lobbying und Pressearbeit liegen soll. Bierwerbung als solche wird im Verband abgeschafft. Nach dem Einwegspfand-Hick-Hack betrachten die deutschen Brauereien vor allem die jüngsten Auswüchse der deutschen und europäischen Alkoholpolitik mit Sorge. Die Diskussion um Alkoholmissbrauch – insbesondere bei Jugendlichen und seiner Ursachen – werde „nahezu hysterisch“ geführt, so Weber. Schließlich handele es sich um legale Produkte, die legal im Rahmen der Vorgaben des Jugendschutzes in Deutschland vertrieben würden.
„Zielgruppe der deutschen Brauer sind ganz sicher nicht Kinder und Jugendliche“, stellte Weber klar, „diese dürfen Bier und Biermischgetränke noch gar nicht im Handel erwerben. Auch wenn wir von der Erhebung einer Sondersteuer für Alcopops nicht betroffen sind, betrachten wir den Erlass einer Strafsteuer als völlig falschen Ansatz.“ Schließlich strafe diese ja auch die Altersgruppen ab, die solche Produkte legal erwürben und verantwortungsvoll konsumierten. Stattdessen müssten die bestehenden Gesetze zum Schutz der Jugend besser ausgeschöpft werden, forderte der Verbandspräsident. Diese Gesetzesinitiative und deren Begründung stelle eine Kapitulation des Gesetzgebers dar, hier gelte auch der Grundsatz des Ovid: „Wehret den Anfängen.“

Keine Gleichsetzung von
Biermischgetränken und Alcopops

Außerdem wehren sich die Brauer gegen die Aktivitäten der Hersteller hochprozentiger Alcopops, die „teilweise aktiv und wider besseres Wissen die klassischen Biermischgetränke mit den spirituosenbasierten Alcopops gleichgesetzt“ hätten. Tatsächlich fordert die Spirituosenindustrie eine Gleichbehandlung von spirituosenhaltigen Alcopops und Mischgetränken aus Bier und Wein (siehe diese Ausgabe). Weber: „Wir stellen hier noch einmal ganz klar: Biermischgetränke und spirituosenhaltige Alcopops sind zwei völlig unterschiedliche Getränkesegmente.“ Nur was gleich sei könne auch gleich behandelt werden und dies treffe in diesem Fall nicht zu.
„Allerdings sind wir als Produzenten alkoholhaltiger Getränke, das heißt, Wein, Sekt, Spirituosen und Bier, gut beraten, wenn wir uns von der Politik nicht auseinander dividieren lassen.“ Mit den anderen Verbänden wollen die Brauer verstärkt Kontakt suchen, wie man allerdings die unterschiedlichen Interessen zusammenbringen will, wusste bis dahin auch im Brauer-Präsidium niemand zu sagen. In der Branche hält es allerdings kaum jemand für möglich, das Brauer und Spirituosenhersteller und -vertreiber von ihren jeweiligen Positionen abrücken. Einigkeit herrscht da nur in einem Punkt: ein klares Nein zur Strafsteuer auf alkoholische Mischgetränke. Klare Absage auch an den Vorschlag der irischen EU-Präsidentschaft, den Schutz der öffentlichen Gesundheit im Hinblick auf Tabak und Alkohol in die EU-Verfassung einzubeziehen. Durch diesen Vorstoß werde die Regulierungswut der EU-Kommission deutlich: „Die Gesundheitsvorsorge ist eine rein nationale Aufgabe.“ Andernfalls müsse man dann ja auch das Gefährdungspotenzial von Kraftfahrzeugen, zucker- oder fetthaltigen Esswaren oder gefährlichen Sportarten in solche Überlegungen mit einbeziehen.
Höhere Biersteuer belastet kleine und mittlere Brauereien

Ein weiterer Kritikpunkt ist für die Brauer die seit Anfang des Jahres erhöhte Biersteuer für kleine und mittlere Brauereien, die das so genannte Haushaltsbegleitgesetz beschert hat. Für die oben genannten Betriebsgruppen hat sich diese laut Brauer-Bund unverhältnismäßig stark ausgewirkt. Statt wie allgemein beschlossen, die Subventionen in Deutschland um zwölf Prozent zu kürzen, sei hier lediglich die Biersteuer weiter erhöht worden, was Mehrbelastungen von bis 36 Prozent oder bis zu 50.000 Euro im Jahr zur Folge habe – unverkraftbar für manchen Klein- und Mittelstandsbrauer. Weber: „Auswirkungen auf Arbeitsplätze oder den Bierpreis können da nicht mehr ausgeschlossen werden.“
Auch der neueste Vorstoß des EU-Kommissars für Binnenmarktfragen, Frits Bolkestein, nach einer breit angelegten Diskussion zu EU-weit harmonisierten Mindestsätzen der Verbrauchssteuer auf Alkohol und alkoholhaltige Getränke, verheiße nichts Gutes: „Sollte diese Harmonisierung aber eine eklatante Anhebung der Biersteuersätze in Deutschland mit sich bringen, lehnen wir diese nachdrücklich ab.“ – mit dem entsprechenden Appell an die Bundesregierung. Und dann bleibt da noch der Dauerbrenner Einweg-Zwangspfand, welches Brauer-Präsident Weber nicht weiter bewerten wollte. „Die deutsche Brauwirtschaft ist eine sehr heterogene Branche – und sie hat in dieser speziellen Fragestellung sehr heterogene Ansichten“, meinte er vorsichtig vor dem Hintergrund der Diskussionen von Befürwortern und Gegnern im eigenen Verband. Unabhängig davon sei aber festzustellen, dass sich das Zwangspfand in 2003 merklich auf das Gesamtergebnis der Branche niedergeschlagen habe, weil der Absatzverlust im Einwegbereich nicht durch Zuwächse im Mehrwegbereich kompensiert worden sei.

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe  08/09/2004