Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Bitte recht freundlich:

Wo’s für zwei reicht, reicht’s nicht immer für vier

Irgendwie haben sich die Zeiten geändert – Herrchen und Frauchen sind spürbar ungeduldiger geworden. Woran mag’s nur liegen? Seit die Übernahmewelle in Deutschlands Brauindustrie rollt, bemerke ich, dass draußen in meinem Getränkemarkt um die Ecke mit deutlich härteren Bandagen gekämpft wird als früher.
Aber das Miteinander der Menschen vorzugsweise im Vertrieb der Brauer – und die haben bekanntlich die meiste “Feindberührung” – ist freundlicher, der Ton milder geworden. Das Zähnefletschen vis-á-vis ist einem lächelnden Zähnezeigen gewichen. Warum das so ist? Eigentlich verständlich, weiß doch niemand, wer morgen das Rudel führt – als Vertreter einer bereits vor Jahrhunderten domestizierten Tierart darf man meinen Eindrücken getrost Glauben schenken. Denn es stimmt wirklich: Beim alten Herrchen weiß ich, was ich habe, beim neuen weiß ich keinesfalls, was mich erwartet. Ist es ein zugiges Quartier, gibt’s Markenfutter oder ehe Low-Budget-Kost. Also sagt mein nicht uncleverer Instinkt – und der menschliche Verstand tickt da wohl nicht anders – gebärde ich mich doch präventiv. Eben nett und freundlich. Der erfahrene Tierfotograf hätte unversehens seine größte Freude an mir.
Ja – die Unberechenbarkeit dieser Zeit ist in der Brauindustrie allgegenwärtig. Mir ist noch ein erkenntnisreicher Wortwechsel in Erinnerung geblieben, den ich auf der Hamburger Internorga aufgeschnappt habe. Lange Ohren brauchte ich dabei nicht einmal zu machen – das süffisant-verbale Missverständnis war durchaus gewollt und für jeden der Umstehenden hörbar. Auf die frühnachmittags zugerufene Frage “Wie lange bis du noch da?” tönte es lauthals zurück. “Meinst du am Messestand oder in der Brauerei?” Das sind die wirklichen Probleme dieser Tage. Und die beschäftigen immer mehr Menschen in der Getränkewirtschaft. Es bleibt dabei: Synergien werden von pfiffigen Controllern zunächst versprochen, dann vehement gesucht und schließlich wollen sie oft nur unter schwierigsten Begleitumständen gefunden werden. Ich weiß, wovon ich spreche!
Wenn sich plötzlich vier meiner Artgenossen um den gleichen Fressnapf balgen, den ich mir zuvor nur mit Nachbars Terrier teilen musste, darf man ein erhöhtes Konfliktpotenzial vorhersagen. Herrchen mag uns vorübergehend zwar alle gleich gern, weil wir auch Stärke dokumentieren. Aber irgendwann ist er den größten Raufbold leid und verweist ihn der Tür. Der andere, der sogleich kuscht, dürfte je nach Mentalität seines Herrchen entweder rasch durchs Raster fallen oder gleich auf Eins gesetzt werden. Nur wenige sind klug genug und suchen sich in der Erkenntnis der Lage eine neue Hundehütte. Vielleicht auch deshalb, weil keine mehr frei ist.

Bis demnächst

Euer Viktor