Technologie macht Glas um bis zu 60 Prozent leichter

Industrie und Verbände schimpfen Umweltminister als „Plastik-Promoter“
von Timur Dosdogru

Mit einer neuen Leichtglastechnologie ist es dem Düsseldorfer Unternehmen BSN Glasspack gelungen, in der Spitze bei den Behältnissen Gewichtseinsparungen von bis zu 60 Prozent zu erreichen. Bei den Mehrwegflaschen kommt das Unternehmen auf immerhin noch stolze 40 Prozent weniger Gewicht. Auch die 0,2-l-Taschen-Flaschen, die der Volksmund gemeinhin als „Flachmänner“ kennt, wiegen mit dieser Technik nur noch 160 statt 240 Gramm. Dies, so das Unternehmen, reduziere die Fracht- und Logistikkosten und entlaste somit auch die Umwelt.

Wer aber angesichts solcher vielversprechenden Innovationen meint, bei der Glasindustrie sei alles Friede, Freude, Eierkuchen, der irrt. Dies bekam kürzlich wieder einmal der vielgescholtene Bundesumweltminister Jürgen Trittin zu spüren, der sich mit einigen Äußerungen bezüglich des durch das Zwangspfand verschärften Konkurrenzkampfes zwischen Glas- und Kunststoffflaschen bei den Glasherstelllern mehr als unbeliebt gemacht hat. Für diese scheint die Grenze des Erträglichen mehr als erreicht. Grund: Trittin hat öffentlich geäußert, dass nach seiner Ansicht das Ende von Glasverpackungen bevorstehe, in einem Zeitungsinterview soll er gesagt haben: „Die Glasflasche wird verschwinden.“

Entsprechend waren auch die Reaktionen der Industrie und auch der Fachverbände. So musste sich der Bundesumweltminister gar von den Bayerischen Flaschen-Glashüttenwerken einen „Plastik-Promoter“ schimpfen lassen – für einen Grünen normalerweise ein ernsthaftes Imageproblem. Schlicht eine „Unverschämtheit“ sei das Eintreten Trittins für Plastik, hieß es von Rexam Glas in Nienburg und auch von einer „ziemliche Arroganz“ des Ministers war die Rede.

Es könne nicht sein, dass ein Minister einseitige Empfehlungen für eine Verpackungsart gebe, diese Entscheidung solle man „gefälligst dem Verbraucher überlassen“, befand auch Jürgen Dietz, Sprecher der Saint-Gobain Oberland AG. Hart auch das Urteil von Burkhard Lingenberg, Sprecher der Gerresheimer Glas AG: Trittin wisse offensichtlich nicht worüber er spreche, seine Äußerung sei im Grunde genommen „geschäftsschädigend“. Und Peter Jung, Sprecher der Heye Glas GmbH, hatte nur ein Wort für die ministeriale Äußerung: „Unglaublich.“ Michael Frerker, Geschäftsführer der Fachvereinigung Behälterglas, sieht Trittins Worte schon eher als eine Kriegserklärung für die gesamte Branche: „Nach der Dose will Trittin nun offensichtlich Glas platt machen. Für dieses Feindbild ist er bereit, tausende Arbeitsplätze zu vernichten.“

Jetzt zeigt sich auch, dass die Politik es offenbar versäumt hat, für eine geeignete Überprüfung der Vorschriften im Falle der Rückgabe von bepfandeten Einwegglasflaschen zu sorgen. Bis Oktober verzeichneten die Behälterglashütten kaum noch zwangsbepfandete Glasmengen zur Verwertung. Die Gesetzeslage verpflichtet nämlich den Handel, bepfandetes Einwegglas zurückzunehmen und der Verwertung zuzuführen. Jetzt fragt sich die Branche, wer diesen Mengenstrom führt und wer für die Ermittlung der gesetzlich geforderten Recyclingquote von 75 Prozent verantwortlich ist, die auch für diese Mengen gilt.

Die Gesellschaft für Glasrecycling und Abfallvermeidung (GGA) teilte kürzlich mit, dass die Sammelmenge von Grüner-Punkt-Behältern in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres um knapp sechs Prozent zurückgegangen sei, statt wie ursprünglich befürchtet um 15 Prozent. Angesichts dieser Zahlen sei es zu bezweifeln, dass getrennte Mengenströme für DSD-Glas und bepfandetes Glas überhaupt existierten. Im ersten Halbjahr 2003 hat die Recyclingquote laut GGA bei DSD-Glas bei 88 Prozent gelegen.