DEHOGA: „Deutschland will länger raus in den Biergarten!“
von Timur Dosdogru
Angesichts der prekären Lage der Gastronomie in deutschen Landen erneuert der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) die uralte Forderung nach längeren Öffnungszeiten für Straßencafés und Biergärten. Dazu ließ der Verband eigens vom Forschungsinstitut Emnid eine repräsentative Umfrage durchführen. Demnach sprachen sich zur Sommersaison 73,7 Prozent der Bundesbürger für längere Öffnungszeiten aus, statt wie bisher staatlich verordnet, bis 22 Uhr. 22,3 Prozent der Befragten wünschen sich Öffnungszeiten bis 23 Uhr, jeder Dritte will sich wenigstens bis Mitternacht und immerhin 18,3 Prozent der Deutschen wollen sich auch noch nach Mitternacht im Biergarten aufhalten, ohne nach Hause geschickt zu werden.
Die Bundesregierung solle nun endlich tätig werden, es sei ein unhaltbarer Zustand, dass die Wirte ihre Gäste an den wenigen schönen Tagen hier zu Lande trotz Sommerzeit noch bei Helligkeit nach Hause schicken müssten. „Service bis nach Mitternacht“, fordert daher DEHOGA-Hauptgeschäftsführer Christian Ehlers. Dazu bedürfe es einer bundesweiten Verordnung, die speziell auf die Bedürfnisse der Außengastronomie zugeschnitten sei.
Nichts sei leichter, als diese Verordnung noch in diesem Sommer auf den Weg zu bringen, um so der gebeutelten Gastronomie möglichst schnell unter die Arme zu greifen. Für unsinnig sieht der Verband auch die derzeitige Regelung an, nach der Jugendliche im Gastgewerbe nicht nach 22 Uhr beschäftigt werden dürfen. Dies führe oft zur Bevorzugung Volljähriger, während Haupt- und Realschüler aufgrund ihres jugendlichen Alters benachteiligt würden. „Junge Menschen sollten deshalb bis mindestens 23 Uhr arbeiten dürfen“, so DEHOGA-Präsident Ernst Fischer, der außerdem an die Betriebe appelliert, bei der Ausbildungsleistung gerade in schwierigen Zeiten nicht nachzulassen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Einen dramatischen Appell richtet Fischer an die Bundesregierung. Diese solle schnellstens handeln, geplante und durchgreifende Reformen müssten umgehend in die Tat umgesetzt werden. Derzeit sei Konsumplanung in Deutschland nicht mehr möglich. Gleich, ob bei Steuern oder Krankenkasse, kaum jemand sei noch in der Lage abzuschätzen, wann und ob mit welchen Be- und Entlastungen zu rechnen sei, so Fischer: „Diese Situation ist Gift für den Konsum. Wir brauchen eine Trendwende vom ,Angstsparen’ zur Konsumlust. Die Menschen in Deutschland müssen wissen, wie viel Geld sie zukünftig zur Verfügung haben, damit wir schleunigst wieder die Konsumlaune bekommen, die das Gastgewerbe mehr als jede andere Branche so dringend benötigt.“ In der Tat hat die konjunkturelle Flaute die wirtschaftliche Situation von Gastronomie und Hotellerie in Deutschland im Winterhalbjahr 2002/2003 dramatisch verschärft. In der letzten Saison musste das Gastgewerbe laut DEHOGA bisher kaum gekannte Umsatz- und Ertragseinbußen hinnehmen.
Der aktuelle Konjunkturbericht des DEHOGA, bei dem 2900 Hoteliers und Gastronomen befragt wurden, verheißt nichts Gutes: 68,2 Prozent der befragten Gastronomen verzeichneten in den Monaten Oktober 2002 bis März 2003 gesunkene Umsätze, nur jeder achte (12,9 Prozent) konnte seine Erlössituation verbessern. In rund zwei Dritteln der Betriebe sank die Zahl der Gäste und die Zimmerauslastung, lediglich 8,3 Prozent der gastgewerblichen Unternehmer konnten gestiegene Erträge verbuchen, während knapp drei Viertel der Betriebe sich schrumpfenden Gewinnen ausgesetzt sahen.„Die Jobmaschine Gastgewerbe, die in Deutschland über eine Million Mitarbeiter und 90.000 Auszubildende beschäftigt, ist zusehends ins Stocken geraten. In Hotellerie und Gastronomie gibt es derzeit 25.000 Mitarbeiter weniger als noch vor einem Jahr“, lautet die Bilanz des Verbandes. In den diesjährigen Sommer startete die Branche mit gemischten Gefühlen, aber immerhin meinen 30 Prozent ihren Vorjahresumsatz halten zu können. Jeder Fünfte rechnet mit Erlössteigerungen. In einigen deutschen Feriengebieten rechnen Gastronomen mit einem anziehenden Sommergeschäft, weil angesichts der weltpolitischen Lage davon ausgegangen wird, dass mehr Menschen ihren Urlaub im Heimatland verbringen werden. Ein Hoffnungsschimmer: die aktuelle Buchungssituation sieht deutlich besser aus als im Vorjahr, allerdings könne von einer Trendwende noch keine Rede sein, so Hauptgeschäftsführer Ehlers.
Denn der nächsten Saison stünden noch rund 50 Prozent „Umsatzpessimisten“ gegenüber und auch die „Zugmaschinen“ Systemgastronomie und Markenhotellerie zeigten sich in Aussichten und Resultaten verhaltender als je zuvor. Mit einer Besserung sei im laufenden Jahr noch nicht zu rechnen, heißt es: „Eine schwarze Null wäre schon ein Erfolg für unsere Branche.“