Faszination RTD

Smirnoff Ice und die Geschichte von „Energie, Tempo
und Glaube”
von Monika Busch

„Eiskalt erwischen soll es den deutschen Markt“, so die Ankündigung Anfang 2002 von Uwe Schneider, Geschäftsführer Diageo Deutschland, bei der Einführung von Smirnoff Ice. Es handele sich um eine der größten Neueinführungen im Markt für alkoholische Getränke, kommentierte Schneider bei der Neuvorstellung. Heute, rund eineinhalb Jahre nach der Einführung, hat sich die Prognose bestätigt.

Die so genannten RTD’s schreiben Erfolgsgeschichte. Die GfK spricht zwar bereits von einem „Basiseffekt“, aber nach wie vor von einem beeindruckenden Wachstum. Die Nachfrage steigt und damit einhergehend auch die Verfügbarkeit. Im Handel hat die Distribution deutlich zugenommen. Dieses höchst attraktive Segment beansprucht der Handel auch für sich. Laut GfK ist im LEH einschließlich Aldi bereits jede zweite Flasche eine Zweitmarke oder ein Me-too-Produkt. Ohne Aldi entfallen bereits 40 Prozent auf diese Angebote im LEH.

Die Marktmacher Smirnoff Ice und Bacardi Rigo transportieren moderne Erlebniswelten entsprechend dem aktuellen Lifestyle, sie regenerieren weiter Wachstum trotz der Handelsmarken – Zukunftsmarkt RTD!? Beide Unternehmen setzen auf Long-Therm-Qualitäten sowie gemeinsame Wertschöpfung und das sehr erfolgreich. Einen hohen
Stellenwert haben Kommunikation und Innovationen bei beiden Unternehmen. Die Marktforscher aus Nürnberg prognostizieren einen baldigen Marktanteil der RTD’s von zwei Prozent am Gesamtmarkt der alkoholischen Getränke.

Der „Shootingstar“ RTD wurde bei einem Workshop in San Vittorio d’ Alba in Norditalien von Diageo, Deutschland „unter die Lupe genommen“. Die Produktionsstätte – unter anderem von Smirnoff Ice – eingebettet im idyllischen Piemont, präsentiert sich eindrucksvoll. Rund 6.000 Paletten werden pro Woche von San Vittorio nach Bocholt – hier befindet sich das Zentrallager von Diageo Deutschland – mit der Bahn befördert. Dieses Logistik-Konzept wurde federführend von Stephan E. Willigens, Director Supply Chaim, SAS, und Mario Carl, DB Cargo AG, für den Standort Deutschland erarbeitet und umgesetzt. Das ökonomisch-ökologische Logistik-Konzept ist für das Rüdesheimer Unternehmen ein Erfolgsfaktor. Der Bahntransport bringt eine Ersparnis von 20 Prozent gegenüber LKW-Transporten, hinzu kommt die Ersparnis der anstehenden Mautgebühr – insgesamt eine Ersparnis von rund 300.000 Euro.

Generalmanager Schneider erläuterte die Strategie des Unternehmens seit 1998 mit dem Fazit, dass es „keine grundsätzlichen Veränderungen“ gegeben habe, eher „extreme Verschärfungen“ in punkto soziodemographischer Entwicklungen, Trend zu Singlehaushalten, Preissensibilität der Deutschen, stagnierende, beziehungsweise rückläufige Märkte, Konzentration im LEH, Selektion im FGH und harte Überlebenskriterien für die Gastronomie. Auf die Fahne geschrieben haben sich die Rüdesheimer „Konzentration auf gemeinsame Wertschöpfung“ mit dem Fokus auf starke Kernmarken und internationale Marken, channelspezifische, markenindividuelle Vermarktungsstrategie, klare, leistungsorientierte Konditionssysteme, Markenaufbau in der Gastronomie und langfristige Entwicklung „echter“ Innovationen. Stolz berichtete Schneider, dass sich die wertmäßige Umsatzentwicklung in fünf Jahren auf 340 Millionen Euro in 2003 verdoppelt habe, die Werbeinvestitionen hätten sich um 100 Prozent erhöht.

Ausruhen wollen und können sich die Rüdesheimer jedoch nicht. Die zukünftigen Herausforderungen wollen gemeistert werden. So wurde beispielsweise der „Diageo Marketing-Kodex“ mit weltweiter Gültigkeit nach neuesten Erkenntnissen aktualisiert, als klare Richtschnur für ein „hohes Maß an Verantwortung“. Beispielsweise sollen künftig die Smirnoff Ice-Etiketten den Hinweis ab „18 Jahren“ beinhalten. Einen Strategiewechsel wird es laut Schneider nicht geben, jedoch eine stärkere Ausrichtung am Endverbraucher, welches eine stärkere Profilierung der Premiumprodukte bedeutet. Die Einwegbepfandung bereitet Schneider keine Kopfschmerzen. Im Gegenteil, der General Manager sieht bei Mehrweg eine große Chance für die Premiumpositionierung. Handelsmarken würden nicht auf Mehrweg umsteigen, lautete sein Kommentar. Diskutiert wird bereits im Unternehmen über den Aufbau eines Mehrwegsystems.

Marketingdirektor Ansgar Bornemann fasst den Erfolg von Smirnoff Ice unter den Schlagwort RELEASE zusammen. „Die Basis des Wachstums der Marke Smirnoff Ice weltweit ist ein Bedürfnis junger Männer, wie es grundlegender und langfristiger nicht sein kann: RELEASE – das Bedürfnis nach Freiheit, nach Spaß und Ausgelassenheit.“ Seit Jahren sei dieses Bedürfnisfeld die treibende Kraft im Freizeit- und Konsumverhalten von 18- bis 24-Jährigen.

Bornemann unterscheidet zwischen dem traditionellen Wodkakonsum – bei älteren Leuten, eher zu Hause in kleiner Runde, eher pur und dem potenziellen Wodkakonsum – bei jungen Leuten, eher in Clubs, auf Parties, in Diskos, eher gemixt und als Ready-to-Drink.

Die Zielgruppe skizziert er mit 18- bis 24-jährigen Longneck-Biertrinkern, eine Zielgruppe von rund 2,7 Millionen Männern, die nach Marken suchen, die ihrem Lebensstil entsprechen. Sie wollen Spaß haben, sind experimentierfreudig und markenbewusst. Gehen bevorzugt in Clubs, Bars und Diskotheken zwei bis drei Mal pro Woche, sie möchten ihr junges Leben voll auskosten. Bei der Herausforderung „Produkt Marke“ oder „Konzept Marke“ habe sich das Unternehmen für letzteres entschieden, also für ein Angebot, das ein emotionales Bedürfnis möglichst optimal und eigenständig befriedigt. Im Gegensatz zu „Produkt Marke“, wo ein Angebot eine neue Kategorie kreiert, aber primär über die Produktzusammensetzung definiert wird. „Smirnoff Ice soll die einzige Premium-Marke sein, die das Bedürfnis nach Release durch optimale zielgruppengerechte Ansprache einzigartig befriedigt“, lautet die Zielsetzung. Also eine „langfristige Konzeptmarke“ mit der Konsequenz einer „hohen Immunität gegen Handelsmarken“. Vertriebsdirektor Gastronomie und GFGH, Thomas Lange, beschreibt die Basis für die erfolgreiche Einführung mit „hohem Know How in punkto Markenaufbau in der Gastronomie aufgrund der bisherigen Strategie – hohem Vertrauen seitens GFGH und Gastronomie zum Unternehmen – hohe Kompetenz des Gastronomie-Außendienstes“.

Freude bereiten die RTD’s auch der Gastronomie und dem GFGH. Stefan Kutz, Geschäftsführer des „Ku’dorf“ in Berlin mit 13 Bars, vier Flaschenständen und vier Diskotheken auf 2000 Quadratmeter weist einen Absatz von 120.000 Flaschen in 2002 vor, mit steigender Tendenz. 2003 sollen es voraussichtlich 160.000 Flaschen sein. Der Grund ist jedoch nicht nur die „Power“ des Herstellers, sondern das Engagement des Gastronomen, wie beispielsweise besondere Promotionaktionen, Motto-Partys und Verzehrcoupons. Mit der Folge, dass der Trend immer mehr in der Gastronomie zu RTD’s geht, immer mehr weg vom Bier. Hart kritisierte Kutz die deutschen Brauereien. Sie sähen tatenlos zu, starteten keinerlei Aktivitäten und hätten in der Regel keine eigenen Konzepte, insbesondere beim Fassbier. Zudem hielten sie am Konzept der Bindung von Objekten durch Finanzierung fest. Rund 80 Prozent der Promotionsaktionen bestreiten im „Ku’dorf“ RTD-Marken. Mittlerweile beträgt der Fassbierabteil im einstigen Bierdorf nur noch 13 Prozent, allein der Anteil von Smirnoff Ice liegt schon bei 17 Prozent. Innerhalb der angebotenen RTD-Auswahl ist mit 68 Prozent Smirnoff Ice unangefochtener Spitzenreiter, Bacardi Rigo kommt hier auf 17 Prozent. Auswirkungen hat das natürlich auch auf den GFGH. Bei dem Berliner GFGH Welifa-Ganick – mit immerhin rund 5.500 Artikeln im Sortiment – liegt der Anteil der RTD’s bei zehn Prozent, berichtete Geschäftsführer Thorsten Boss.

Nach der erfolgreichen Positionierung in der Gastronomie steht nun der LEH auf der Agenda. Jedoch wird der Harddiscount ausgeschlossen, Wertschöpfung ist angesagt. Im Gegenteil, General Manager Schneider setzt auf die „Fazinationskraft starker Marken“, um die Konsumenten wieder zum vermehrt zur Rück-kehr in den klassischen LEH zu bewegen. Ein großes Manko sei allerdings hier noch das „Category Management“ für RTD’s. In vielen Fällen würde der Handel die RTD’s noch nicht als eigenständige Kategorie sehen. Die Produkte würden in das Spirituosenregal integriert und nicht mit der erforderlichen Aufmerksamkeit platziert werden. Denn, das Category Management sei ein wichtiger Baustein für die Wertschöpfungspartner zwischen Handel und Diageo als Erfolgsstrategie, bekräftigte Onur Akay, Trade Marketing Manager-Category Management die Forderung an den Handel. In San Vittorio konnte die bis zum Jahresende in Deutschland geplante Neueinführung Smirnoff Black Ice in Augenschein genommen werden. Mit der etwas herberen Variante, die bereits in Großbritannien und der Schweiz eingeführt wurde, werden neue Zielgruppen angepeilt. Eine Kannibalisierung schließen die Rüdesheimer aus.