Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Der deutsche Italiener…

Um es vorweg zu sagen, für mich gibt es nur Wasser aus der Leitung und das ist Gott sei Dank immer da. Wahrlich wir merken die Klimaveränderung. Einen solchen Sommer habe ich noch nicht erlebt. Unser Vorzeigepolitiker sagte sogar seinen seit langem geplanten Italien-Urlaub ab und reformierte nebenbei die Finanzen der Kommunen.
Aber einmal ganz ehrlich, sicherlich wäre der Kanzler mit Gattin und Kind gern zur Dolce Vita in den Süden gereist. Wäre da nicht ein Italiener namens Stefano Stefani gewesen, der uns so unverblümt den Spiegel vorgehalten hat. Dick, blond, lärmend und mit kurzen Hosen, weißen Socken und Sandalen würden die Deutschen sein Land verschandeln. Wenn das stimmt, dann fühlt sich jeder elegante Italiener im eigenen Land belästigt. So blieb dem Kanzler mit seinen weißen Socken, samt Familie nur der heimische Biergarten, aber der schließt, anders als im Süden, dank deutscher Bürokratie, schon um 22 Uhr. Wie soll da mediterranes Gefühl aufkommen? Aber vielleicht wird der Kanzler es jetzt richten. Eventuell sogar schon vor dem nächsten Urlaub, weiß man doch nicht, welcher ausländische Staatssekretär uns Deutschen wieder einen Spiegel vorhält und ihm somit das Mittelmeer verwehrt.

Hier in Deutschland treten wir wesentlich gepflegter auf, im Gegenteil, leben wir doch unseren eigenen kleinen Italiener liebend gern aus. Da geht‘s zu Antonio in die Stadt. Etwas Gehobeneres soll es schon sein. Wer „wat mit Nudeln oder ‘ne Pizza“ bestellt, der hat sowieso schon verloren. Antipasti, Carne und Pasta gehen uns leicht über die Lippen. Pils geht schon rein gar nicht, Wasser aus Italiens berühmtester Quelle muss es sein, einen Grauen Burgunder würde sich auch keiner bestellen, zugegeben, Pino Grigio hört sich auch weltmännischer an. Ganz zu schweigen von der berühmten italienischen Gastfreundschaft. Bei Signorina wird jede westfälische Hausfrau schwach. Hat man doch immer das Gefühl, der wichtigste Stammgast des Hauses zu sein. Schließlich kennt man den Wirt aus den gemeinsamen Zeiten in Palermos Sandkisten. Oder? Diese Freundlichkeit wünschten wir uns auch in der deutschen Gastronomie.

Was machen wir da nur falsch? Woher kommt unsere Sehnsucht nach Italien? Das Wetter können wir ausschließen. Heißer kann es im Süden Europas auch sein. Die Bewunderung mit der wir als Gäste behandelt werden etwa? Diese südländische Leichtigkeit, die schwarzen Locken von Antonio, die schöne Sprache? Oder einfach nur alles, das Lebensgefühl. Gern würde sich jeder deutsche Mann – und ich kann nur für uns Rüden sprechen – so vom weiblichen Geschlecht bewundern lassen, wie der schöne Antonio mit seinem unnachahmlichen Charme. Seine Chancen beim weiblichen Geschlecht sollen überwältigend sein.
Alles nur Schau, sagen Sie? Richtig. Eigentlich ist Antonio Rumäne, nach Deutschland geflüchtet und jetzt auch nicht anders als ich, nämlich waschechter Ruhrpöttler. Wat! Image ist halt alles. Beim Wasser, Wein und den Frauen.

Bis zum nächsten Mal
Euer Viktor