Brau und Brunnen: Nach Befreiungsschlag und Aufräumarbeiten besenrein für Übernahme

Weißbierbrauerei im Visier

von Monika Busch

„Die HVB wird sich – und das ist sicher allen Beteiligten klar – über kurz oder lang als Hauptaktionär verabschieden“, so die Aussage des Vorstandsvorsitzenden der Brau und Brunnen AG, Michael Hollmann, anlässlich der Bilanzpressekonferenz am 20. Mai in Dortmund. Dass es bereits Gespräche gebe, dementierte der Vorstandchef, räumte aber ein, dass es schon bald welche geben könnte. Und in diese würde der Vorstand der Brau und Brunnen AG intensiv mit einbezogen werden. Heftigst dementierte er Verkaufsgespräche mit der Radeberger-Gruppe sowie eine Einsichtnahme von Carlsberg in die Bücher. „Die müssen nachts hier gewesen sein“, lautete sein Kommentar.

Die HVB als Hauptaktionär besitzt 55,6 Prozent, 9,8 Prozent wurden von BuB zurückgekauft und rund elf Prozent  befinden sich im Besitz des Privatbankiers Donath aus Berlin, wobei dieser erst kürzlich aufgestockt haben soll. Hollmann setzt auf einen internationalen Einstieg, denn mit der bundesweiten Vertriebsschiene für Bier und AfG, habe das Unternehmen für einen Einstieg in den deutschen Markt etwas zu bieten, was in der Konstellation kein anderer anbieten könne.

Etwas beunruhigt ist der Vorstandschef über derzeitige Aktienkäufe, obwohl „nur“ noch 18 Prozent im Streubesitz sind. Ein Aktienpaket in Höhe von sechs Prozent ist noch unbekannt. Hollmann verkündete ebenfalls auf der Bilanzpressekonferenz, dass er bald eine Lücke im Bierbereich schließen werde. Namen nannte er nicht, sagte jedoch „die Orientierung gehe Richtung Süden der Republik“ – ergo Weißbier. Zur Zeit besteht eine Kooperation mit Erdinger, spekuliert wird über den Kauf der Tucher Bräu. Hinweise gibt es tatsächlich. Die kaum bekannte Donath KG hat im vergangenem Jahr von der Dresdner Bank zuerst 4,8 Prozent übernommen. Offiziell wird von BuB aktuell ein Anteil von rund 11 Prozent angegeben. Klaus Donath, früherer Inhaber der Maselbank, ist als Brauaktionär nicht ganz unbekannt. Vermutet wird eine frühere maßgebliche Beteiligung an der Tucher-Bräu. „Wir sind auf einem guten Weg“, kommentierte Hollmann die Zahlen 2002. Das Ergebnis sei sicher noch nicht zufrieden stellend, 2002 sei genutzt worden um aufzuräumen. Im Geschäftsfeld Bier sei leider noch nicht der richtige Ruck durchgegangen, die Produktivität sei aber um 8,9 Prozent gegenüber 2001  gestiegen. Als absolut richtigen Schritt und als großen Befreiungsschlag habe sich der Verkauf der Anteile von Apollinaris & Schweppes erwiesen. 2003 will Hollmann vor allem und „erstmals wieder seit 28 Jahren“ ein positives operatives Ergebnis schreiben und rechnet 2004 mit einem „großen Sprung“ in die Gewinnzone. „Ich lehne mich jetzt etwas aus dem Fenster, aber wir werden 2004 ein Ergebnis vor Steuern von 20 Millionen Euro erzielen“, so die Prognose. „Als nicht so prickelnd“,  kommentierte Hollmann die Zahlen 2002. Die Umsatzerlöse sanken um 0,9 Prozent von 583,2 auf 577,7 Millionen Euro, bereinigt um den Verkauf von A+S. Der Gesamtgetränkeabsatz entspricht mit rund 9,5 Millionen Hektolitern dem Vorjahresniveau. Im Geschäftsfeld Bier einschließlich Industriegeschäft sank der Absatz um 1,4 Prozent. Das bereinigte Ergebnis  verzeichnet mit einem Minus von 27 Millionen Euro eine Veränderung von minus 7,1 Prozent. Die Brauereien der Gruppe setzten im Berichtszeitraum 7,169 Millionen Hektoliter ab, 0,3 Prozent weniger als im Vorjahr (7,190 Mio. hl). Die Erlöse erhöhten sich um 0,3 Prozent auf 463,3 Millionen Euro.  Das negative Zinsergebnis von 6,5 Millionen Euro, sei nicht zufrieden stellend, aber eine erhebliche Verbesserung.

Das Zugpferd im Bierbereich Jever büßte 8,1 Prozent oder 128.000 Hektoliter ein. Zurückgeführt wird dies auf ein bundesweites einheitliches Preis- und Konditionssystem, sowie auf deutliche Preiserhöhungen, zum Teil bis zu 20 Euro pro Hektoliter. Hier habe man  mit  Abschmelzverlusten von 100.000 Hektoliter gerechnet, es sei leider etwas mehr geworden. Zudem wurde das Ergebnis in diesem Geschäftsfeld  belastet durch außerordentliche Aufwendungen aus der Bedienung des Besserungsscheins in Höhe von 16 Millionen Euro. Mit einem Verlust von 52,3 Millionen Euro ist das Geschäftsfeld Bier am Konzernergebnis beteiligt (Vorj.: 34,6 Mio).

Im Geschäftsfeld AfG sieht Hollmann die „Aufräumarbeiten“ als erledigt. „Alle Beteiligten haben geschnallt, dass sie sich gegenseitig befruchten können und zwar mit Bier und alkoholfreien Getränken“, merkte Hollmann nicht ohne Schmunzeln an. Mit einem Absatz von 2,348 Millionen Hektoliter verbuchte das Geschäftsfeld ein Plus von 1,1 Prozent, fünf Prozent weniger als die Branche. Als Grund nennt Hollmann die Einführung von PET-Gebinden. Jetzt böten alle Mineralbrunnen ihre Produkte auch in PET-Gebinden an und die Investitionen würden sich erst 2003 voll auswirken.

Die Umsatzerlöse konnten um 6,3 Prozent auf 67,8 Millionen Euro gesteigert werden (Vorj.: 63,7 Mio.). Inklusive der Verkäufe durch die Brauereien wurden Absatzerlöse im Geschäftsfeld AfG von 71,9 Millionen Euro erzielt. Beeinflusst wurde der Jahresgewinn von 139,9 Millionen Euro durch den Verkauf von A&S in Höhe von 143,8 Millionen. Vita-Cola, fast ausschließlich in den neuen Bundesländern vertrieben, ist in Thüringen mit rund 40 Prozent Marktanteil die Nummer Eins und insgesamt mit 16 Prozent Anteil in den neuen Bundesländern Nummer zwei. Eine Kampfansage erteilte Hollmann an Coca-Cola. „Wir nagen deutlich an Coca-Cola und Platz Eins werden wir auch erreichen. Coca-Cola wird dies nicht gern hören, kann ich aber nicht ändern.“ Strategisch ausgebaut wurde die Position in Ostdeutschland durch den Kauf der Mineralbrunnen Glashäger und Margon. Gebündelt wird die Vertriebsschiene. Seit 1. Juli 2003 sind die Brunnen in Ostdeutschland Glashäger, Margon, Spreequell und Thüringer Waldquell in der Brau und Brunnen Mineralquellen GmbH zusammengefasst.
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in unserer Print-Ausgabe  06/07/2003