Strategische Allianzen: “nippen statt kippen”

Akquisitionsdruck der internationalen Brauriesen beflügelt nationale und internationale Kooperationen

von Monika Busch

Die Karten auf dem deutschen Biermarkt werden weiter neu gemischt oder gar verwischt? Nationale und internationale Kooperationen, aber auch Übernahmen “beflügeln” in diesem Jahr die deutsche Bierbranche. Der “Neujahrstartschuss” ging an die Bitburger Getränkegruppe.

Vorbehaltlich der Freigabe durch das Bundeskartellamt hat sie mit Wirkung zum 1. Januar 2002 von der Bayerischen Kapitalgesellschaft mbH, einer Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank München, das Aktienpaket der Wernesgrüner Brauerei AG in Höhe von 48,97 Prozent erworben. Durch Zeichnung neuer Aktien soll sich dann die Beteiligungsquote auf 63 Prozent erhöhen.

Mit der Köstritzer Brauerei, Marktführer im Bereich der Schwarzbiere (Ausstoß 2001: 806.500 hl) haben die Bitburger bereits erfolgreich eine ostdeutsche Brauerei übernommen. Durch die neue Wernesgrüner- Beteiligung mit einem Ausstoß von rund 800.000 Hektoliter (2001) haben die Eifeler den östlichen Teil der Republik jetzt fest im Visier. Die Ende Februar bekannt gegebene internationale Kooperation von Warsteiner und Grolsch “soll die Unabhängigkeit der Partner sichern”. Im ersten Schritt sollen der gemeinsame Einkauf von Hilfsstoffen, Verpackungsmaterialien und diversen anderen Artikeln gebündelt werden. Der gemein-
schaftliche Einkaufswert wird auf rund 60 Millionen Euro geschätzt. Betont wird von beiden Seiten, dass die Kooperation auf weitere Geschäftsfelder ausgeweitet
werden soll.

Eine Studie soll Vorteile einer weitergehenden Kooperation ermitteln, mit der Zielsetzung “die Position und Wettbewerbsfähigkeit der beiden Parteien im schwer umkämpften europäischen Markt zu stärken, auszubauen und zugleich die Unabhängigkeit zu bewahren”. Die Zustimmung der Kartellwächter steht noch aus. Das Zugpferd bei den Niederländern ist die Marke Grolsch Premium Lager. Sie wird in über 50 Ländern vermarktet, mit Schwerpunkt England, USA und Kanada. Das Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 273 Millionen Euro bei einem Absatz von 3,1 Millionen Hektoliter. Am 1. März dieses Jahres ist ein Vertrag über eine enge Partnerschaft und Kooperation der Krombacher Brauerei mit der Unternehmensgruppe Kieft & Kieft in Lübeck in Kraft getreten. Der zunächst auf fünf Jahre geschlossene Vertrag beinhaltet eine Zusammenarbeit auf Marketing- und Vertriebsebene, bestehend aus Medialeistungen und PoS-Maßnahmen in den Filmtheatern der Kieft & Kieft-Gruppe. Für die Vertragsdauer ist die Krombacher Brauerei exklusiver Bierlieferant aller Kinos. Die Lübecker Unternehmensgruppe hat an rund 60 Standorten Kinos mit über 400 Leinwänden unter dem Namen Cinestar. Die Krombacher Brauerei sieht diese Partnerschaft als wichtige strategische Positionierung, insbesondere für das Biermischgetränk Cab. Einen neuen Weg in der Werbung haben die Kreuztaler ebenfalls eingeschlagen. Als Testmonial ins Boot geholt, haben sie sich TV-Moderator Günther Jauch. Der “Krombacher trinkende” Jauch wird sowohl in den TV-Spots als auch in den Printmedien präsent sein. Hier zu Lande reden aber auch bekannterweise die internationalen Brauriesen Interbrew und Heineken “mehr als ein Wort mit”. Mit gut gefüllten Kassen senden sie Späher aus und liegen auf der Lauer. Die Niederländer gelten auch bei Börsenprofis als so genannter “Zukunftswert”. Heineken erwirtschaftete im Jahr 2001 einen Jahresüberschuss von 767 Millionen Euro, eine Steigerung von 23,5 Prozent.

Der Umsatz konnte um rund 13 Prozent auf 9,16 Milliarden Euro erhöht werden. Weltweit betrug der Ausstoß der Marke Heineken 22,4 Millionen Hektoliter, welches einem Plus von vier Prozent entspricht. Nach Unternehmensangaben verzeichnete der Weltbiermarkt ein Wachstum von drei Prozent auf 1,4 Milliarden Hektoliter. Hingegen Heineken ein Wachstum von fünf Prozent vorweisen kann und mit 105,1 Millionen Hektoliter an diesem Wachstum beteiligt war. Maßgeblich habe dazu der Einstieg bei der Bayerischen BrauHolding München, beigetragen. Auf dem deutschen Markt will sich der Brauriese weiter engagieren, dieses soll “schrittweise” geschehen. Ähnlich wie bei Mitbewerber Interbrew seien auch Beteiligungen an starken regionalen und lokalen Marken “ins Auge gefasst”, so die Berichterstattung in den Medien.

Allerdings gibt es auch gegenteilige Meldungen, welche besagen, dass ein weiteres Engagement in Deutschland vorerst zurückgestellt werden soll. Eine Auskunft diesbezüglich von Heineken in Amsterdam war trotz Geduld und mehrmaliger Versuche nicht möglich. Einen kleinen Wermutstropfen gibt es in punkto Finanzkraft. Börsennotiert, ist Heineken zu 50,01 Prozent in Familienbesitz.

Für weitere notwendige Akquisitionen scheidet deshalb eine Kapitalerhöhung sowie die Aktie als “Akquisitionswährung” aus. Bankkredite würden jedoch die gewohnte Ertragskraft schmälern. Aktiv geworden ist jetzt die Europäische Kommission indem sie Heineken und Carlsberg Wettbe-
werbsverstöße auf den jeweiligen Heimatmärkten vorwirft.

Laut Unternehmensmitteilung vom 1. März, sind die Kartellwächter der Ansicht, dass die beiden Brauereien Wettbewerbsabsprachen getroffen hätten. Heineken teilt keinesfalls die Ansicht der Kommission und wird die Angelegenheit prüfen. Die gesetzliche Frist beträgt zwei Monate.

Aufgrund des schwebenden Verfahrens enthalten sich die Niederländer weiterer Kommentare. Mit der jüngsten Akquisition hat Interbrew sich den Zugang zum spanischen Markt erschlossen. Mit Mahou San Miquel wurde die Akquisition seines 12,6-Prozent-Anteiles an Damm, der…

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe 4/2002