Sauerstoffangereichertes Wasser: Kurzfristige Modeerscheinung oder Trend?

Versprochene Wirkungen allerdings umstritten

von Timur Dosdogru

Sauerstoff ist heute im Trinkwasser und in den meisten Getränken praktisch überhaupt nicht mehr vorhanden. In früheren Zeiten gelangte dieser auch mit dem getrunkenen Quell- oder Brunnenwasser in das Verdauungssystem. Angeblich finden sich in einem Gebirgsbach in der freien Natur rund zehn Milligramm Sauerstoff pro Liter, bei normalen Leitungswasser soll es nur noch die Hälfte sein. Hingegen findet sich in kohlensäurehaltigem Mineralwasser so gut wie kein Sauerstoff mehr. Somit spielt sich die Sauerstoffaufnahme im menschlichen Organismus fast ausschließlich über die Atemluft ab. Der ungarische Lebensmittelingenieur Dr. László Berzenyi vermutete im Rahmen seiner Tätigkeit für den Industriezweig Erfrischungsgetränke und Mineralwasser in Ungarn bereits in den 60er Jahren, dass mit Sauerstoff angereichertes Wasser sich positiv auf den menschlichen Organismus auswirken könnte. Zusammen mit seiner Kollegin Dr. Maria Zoltai legte er den Grundstein für die feinperlige Anreicherung von Wasser mit Sauerstoff. 1984 begannen die beiden Wissenschaftler mit entsprechenden Experimenten und drei Jahre später wurde bereits ein Verfahren patentiert, welches bis heute als das älteste und ursprüngliche gilt. Erzielt wurde eine Sauerstoffanreicherung von 120 Milligramm pro Liter, was etwa der 20fachen Menge des durchschnittlichen Sauerstoffgehalts von normalem Trinkwasser entspricht. Außerdem gelang es, die Komponenten Wasser und Sauerstoff für mindestens zwölf Monate zu verbinden, um zu gewährleisten, dass der Verbraucher nach Lagerung und Transport auch wirklich in den Genuss des auf dem Etikett angepriesenen Effektes kommt. Dieser ist allerdings noch umstritten, gesicherte Erkenntnisse für eine positive Wirkung auf den menschlichen Organismus gibt es noch nicht, aber das ficht den Ungar nicht an. So haben Berzenyi und Zoltai ihre Erfindung bereits 1987 in Europa und in den USA zum Patent angemeldet, welches durch eine amerikanische Gesellschaft erworben wurde, die seitdem das sauerstoffangereicherte Wasser unter dem Namen Life O2 verkauft – seit kurzem auch in Deutschland. In den USA sind sauerstoffangereicherte Wässer, wen wundert’s, nichts neues, allerdings wirbt der Hersteller von Life O2 damit, dass bei seinem Getränk der Sauerstoffgehalt mindestens zwölf Monate konstant bleibt – länger als bei anderen Getränken dieser Art. Berzenyi ist sich sicher, dass “es in Zukunft immer wichtiger sein wird, Sauerstoff auch durch die Verdauungsorgane aufzunehmen”. Zurückhaltende Unterstützung haben die beiden Wissenschaftler durch die Deutsche Gesellschaft für angewandte Sportwissenschaft erfahren. Diese beschäftigt sich mit Untersuchungen von Fitness, Wellnessprogrammen und Nahrungsergänzungsmitteln und stimmt den Erfindern generell zu. Sie verweist allerdings darauf, dass nicht jedes dieser Wässer eine spürbare Wirkung hat, weil es enorme qualitative Unterschiede gebe, gerade was die Haltbarkeit der Verbindung angehe. Niemand könne derzeit angeben, wie lange Sauerstoff und Wasser tatsächlich verbunden blieben. Entsprechende Tests laufen derzeit noch. Also abwarten, ob es sich hierbei wieder mal nur um eine clevere Marketinggeschichte handelt, auch wenn (oder gerade) Deutschlands Torhüter Nummer 1 Oliver Kahn auf mit Sauerstoff angereichertem Wasser schwört. Ohne Wasser und Sauerstoff kann der Mensch nun mal nicht leben – zwar wochenlang ohne Nahrung, aber nur wenige Tage ohne Wasser. Allerdings ist Wasser kein Nährstoff im eigentlichen Sinn, obwohl unsere Nahrung wie auch der menschliche Körper zum größten Teil daraus bestehen. Für fast alle biochemischen Reaktionen, Transportvorgänge oder als Strukturelement ist Wasser erforderlich. Nach wie vor gilt der Rat, viel Wasser zu sich nehmen – mindestens einen bis 2,5 Liter täglich. Aber vorsicht, kurioserweise kann selbst ein Zuviel bei etwas harmlosem wie Wasser auch schädlich sein, weil die Nieren dann nur noch unter größter Anstrengung die Nährstoffe aus dem Wasser ziehen können. Eine Person, die täglich zwölf Liter Wasser getrunken haben soll, soll angeblich an Nierenversagen gestorben sein, heißt es aus allerdings nicht bestätigter Quelle. Überwiegend ist der Sauerstoff im Wasser chemisch gebunden und kann das Wassermolekül nicht verlassen. Der Sauerstoff hingegen, der im Wasser auch in gelöster Form vorhanden ist, stammt hauptsächlich aus der Umgebungsluft. Die Menge des gelösten Sauerstoffs ist von der Wassertemperatur und vom Sauerstoffdruck abhängig. Je kälter das Wasser, desto besser ist die Löslichkeit für Sauerstoff. Prinzipiell kann jedes Wasser (Trinkwasser, Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser) mit Sauerstoff angereichert werden.