Karlsberg setzt auf Wachstum durch Ready-to-drink

von Timur Dosdogru, Fotos: Martin Joest

„Wir müssen aufhören, unser Bier zu verramschen“ – mit dieser nicht ganz neuen Sicht der Dinge wandte sich Dr. Richard Weber, geschäftsführender Gesellschafter der Karlsberg Brauerei KG Weber, Homburg, bei der Vorstellung der Bilanz des Karlsberg-Verbundes wohl eher an seine Brauerkollegen.

Denn trotz schwieriger Marktbedingungen hat der Unternehmensverbund ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2001/2002 (1. April 2001 bis 31. März 2002) abgeschlossen und einen Rekordumsatz von 589 Millionen Euro erwirtschaftet – 1,2 Prozent und 7,1 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Trotzdem seien die Schuldigen für das allgemeine Bierpreisgefüge nicht immer nur in Brauereien, sondern auch vor allem im Handel auszumachen.

Die strategischen Weichen für den Karlsberg-Verbund seien rechtzeitig gestellt worden. „Unser Weg hin zu innovativen und ertragreichen Marken zahlt sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten doppelt aus“, so Weber. Die Internationalisierung will der Karlsberg-Chef weiter vorantreiben und setzt außerdem auf den Wellness- und Ready-to-drink-Markt. So soll auch das seit fünf Jahren erfolgreiche Biermischgetränk MiXery nun auch international angeboten werden, die Zeit sei reif dafür, heißt es: „Wir sind davon überzeugt, dass MiXery auch außerhalb Deutschlands hervorragende Chancen hat.“ Im übrigen ist Weber davon überzeugt, dass Globalisierung und Internationalisierung nicht bedeuten, dass in Deutschland nur noch wenige Brauereien überleben würden.
Ein klassischer Beweis sei dafür die Entwicklung des amerikanischen Biermarktes: Je größer der Marktanteil der drei Biergiganten Anheuser Busch, Miller und Coors geworden sei, desto mehr habe auch die Zahl der so genannten Microbreweries und Brewpubs zugenommen. Die Partnerschaft mit Heineken soll für die Mixgetränke weitere internationale Märkte erschließen. Der niederländische Bierkonzern und die Münchner Schörghuber-Gruppe sind über ihr gemeinsames Jointventure Brau Holding International mit 45 Prozent an der Karlsberg International Brand (KIB) GmbH beteiligt, über die das deutsche Biergeschäft und der Vertrieb getätigt werden.

Das Segment Wellness habe Karlsberg bereits mit der Beteiligung an der Mineralbrunnen Überkingen-Teinach AG belegt und damit die Aktivitäten im südwestdeutschen Raum deutlich ausgeweitet. Auch die Unternehmen der Fruchtsaftgruppe im Verbund seien auf die künftigen Herausforderungen optimal eingestellt, dafür stünden die Produktlinie Corpore sano bei Merziger, eine strategische Markenpositionierung sowie exklusive Vermarktung bei Klindworth und die Inbetriebnahme einer PET-Abfüllanlage am Standort der Erwin Dietz GmbH. Die französische Safttochter Cidou ging eine strategische Allianz mit dem französischen Getränkehersteller Toury ein, der eine Minderheitsbeteiligung von 35 Prozent an der Karlsberg-Tochter hält. Ein zufrieden stellendes Ergebnis konnten laut Weber auch die OKKO Getränke GmbH als Coca-Cola-Konzessionär verzeichnen, wie auch die Südwest Getränke Plus GmbH, die serviPlus GmbH und die Tiefkühlkost-Zentrale. Auch das laufende Geschäftsjahr werde Karlsberg aufgrund der guten Positionierung besser überstehen, als viele Marktteilnehmer, so Webers vorsichtige Prognose.

Absatzzahlen nannte Weber auf der Pressekonferenz nicht und meinte scherzhaft, Bilanzen seien wie Bikinis: sie zeigten viel, verdeckten aber das Wesentliche – worauf er sich vom Auditorium vorhalten lassen musste, dass die Unterlagen eher wie ein „hochgeschlossener Einteiler“ wirkten. Im nächsten Jahr will man im Hause Karlsberg im Rahmen des 125. Jubiläums der Brauerei das Erreichte feiern. Dies soll am 29. Mai am Stammsitz in Homburg geschehen.