Globalisierung und Internationalisierung des deutschen Biermarktes bieten Chancen – auch für regionale und lokale Brauereien

on Monika Busch

„Der deutsche Biermarkt ist nach wie vor faszinierend; er bietet trotz mancher Schwierigkeiten genügend Chancen für Brauereien aller Größenordnungen.“ Dieses Fazit zog der neugewählte Präsident des Deutschen Brauer-Bundes, Dr. Richard Weber, zum Abschluss des Deutschen Brauertages, der vom 4. bis 6. Juni in Weimar stattfand. Dass für den diesjährigen Brauertag dieser Ort gewählt wurde, hatte besondere Bedeutung. „Mit der Kultur eines Landes ist Bier, besonders in Deutschland, untrennbar verbunden. Wir alle wissen, dass unser fröhliches Produkt zu mehr als neunzig Prozent aus Wasser besteht – und dies ist ein weiterer Anknüpfungspunkt zu Weimar; bedeutet doch der Name dieser Stadt ursprünglich ‘heiliges Wasser’ – und diese Einschätzung gilt natürlich auch für das Brauwasser“,

lautete der Kommentar des Präsidenten.

Ein weiterer Anknüpfungspunkt: Weimar und Weissensee streiten sich mit Bayern, wer denn nun im 15. oder 16. Jahrhundert als erster ein Reinheitsgebot für deutsches Bier erlassen hat. Einmischen will sich Weber nicht in diesem Streit. Jedoch steht für ihn fest, dass jede „Vaterschaftsklage“ dazu beitragen würde, das Bewusstsein um das Reinheitsgebot in der Bevölkerung zu stärken. Und dieses könne nur allen Beteiligten recht sein. Für den neuen Präsidenten gehören die Zeiten eines rein nationalen Biermarktes der Vergangenheit an. Nicht nur aufgrund der Engagements ausländischer Brauereien hier zu Lande, sondern auch aufgrund der verstärkten Exportbemühungen und -erfolge deutscher Brauereien im Ausland.

„Der Prozess der Globalisierung ist nicht aufzuhalten, man muss mit ihm leben und seine Chancen nutzen“, lautet der Fakt für Weber. Denn, das Engagement ausländischer Brauereien bedeute auch zusätzliche Absatzchancen für deutsches Bier im Ausland. „Globalisierung bedeutet nicht das Ende des Mittelstandes in Deutschland, sondern das Lokale und Regionale nimmt einen Aufschwung, wenn die Welt globaler wird“, zog Weber Fazit. Gerade den kleinen und mittelständischen Brauereien würden daher zusätzliche Chancen eröffnet. Gleichzeitig analysierte er den Ist-Zustand: „Nirgends auf der Welt gibt es so viele Braustätten wie in Deutschland – nirgends auf der Welt ist die Bierproduktion so teuer wie in Deutschland – nirgends auf der Welt wird das Bier so billig verkauft wie in Deutschland – nirgends auf der Welt wird mit Bier so wenig Geld verdient wie in Deutschland.“ Weiterhin attestierte Weber neben einem strukturellen und einem politischen Problem, vor allem dem deutschen Bier ein Image-Problem.

Damit diesen Fakten entgegen gewirkt werden könne, sei nicht nur die Institution Deutscher Brauer-Bund gefordert, sondern jede einzelne der 1.291 Brauereien. Er forderte eine Abkehr von einer rein hektoliter-orientierten Betrachtung. Die Größe eines Unternehmens, seine Hektoliterzahl, sage noch nichts über den Erfolg auf dem Markt aus.

„Wir müssen unser Bier wieder spannend und interessant für die unterschiedlichen Zielgruppen machen. Emotionen haben auch eine große Bedeutung für die Wertigkeit unseres Produktes. Das generische Produkt Bier, unabhängig von jeder Markenpolitik, muss wieder positiv belegt sein. Wer seine Produkte nur über Niedrigpreise verkauft, wer es zulässt, dass in einigen gastronomischen Betrieben Bier eine schlechte Behandlung erfährt, wer es zulässt, dass Brauereien nur schlecht geführte Kreditinstitute für die Gastronomie sind, wer es zulässt, dass der Wert einer Brauerei nur am Ausstoß gemessen wird, der schadet sich und dem Produkt Bier und damit der gesamten Branche“, stellte der Brauerpräsident klar.

Auch könne und dürfe das Selbstwertgefühl nicht ausschließlich in Hektolitern zum Ausdruck gebracht werden. Der Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauches um rund zwei Liter auf aktuell 123,5 Liter erfreue keinen, überrasche aber auch niemanden. Für den einzelnen Verbraucher sei dieser überhaupt nicht erlebbar. Ein Fehler sei daher, stets über den Rückgang zu sprechen. Niedrigpreis und Hektoliterdenken seien die Fallen, aus denen sich die deutschen Brauer selbst befreien müssten.

„Wir leben in einer globalisierten und internationalen Welt – und dieser Prozess lässt sich nicht aufhalten. Wenn sich ausländische Brauereien hier engagieren, beweist das zum einen, dass sie in Deutschland Chancen für gute Erträge sehen, und zum anderen bedeutet ein solches Engagement zusätzliche Absatzchancen für deutsche Biere im Ausland. Größe allein ist keine Erfolgsgarantie, das haben einige Brauereien in Deutschland leidvoll erfahren müssen. Zum anderen gilt nach wie vor, dass das Lokale und Regionale einen Aufschwung nimmt, wenn die Welt globaler wird. Ein klassischer Beweis für diese These ist die Entwicklung des Biermarktes in den Vereinigten Staaten: je größer der Marktanteil der drei Giganten Anheuser Busch, Miller und Coors wurde (zur Zeit mehr als 80 Prozent), desto größer wurde auch die Zahl der so genannten Microbreweries und Brewpubs. Die Globalisierung wird daher gerade den kleinen und mittelständischen Brauereien zusätzliche Chancen eröffnen.“ Seine Hauptaufgabe sieht der neue Präsident darin „die Brauer dabei zu unterstützen, erfolgreiche Strategien für die Zukunft zu entwickeln. Die Grundvoraussetzung dafür ist bereits vorhanden, nämlich ein gutes Produkt, das unabhängig von der Marke eine hohe Qualität zu bieten hat: Deutsches Bier.“

Weltweit zeigt sich der Bierkonsum gespalten. Anhaltende Stagnation – auf hohem Niveau – im Westen, teilweise rasantes Wachstum im Osten. Der Pro-Kopf-Verbrauch in vielen Industrienationen sinkt, in Osteuropa oder China steigen Nachfrage und Produktion. Neue Rekordmarken werden in Polen aufgestellt. Auch auf dem russischen Markt ist der Prozess der Konsolidierung voll im Gange. Noch gibt es rund 300 Brauereien, jedoch kontrollieren fünf Brauereigruppen laut einer Untersuchung von Ernst & Young, Moskau, über 50 Prozent des Marktes. Den höchsten Anteil mit 26 Prozent hält die Baltic Beverages Holding, im Besitz von Carlsberg Breweries und Scottish & Newcastle, gefolgt von Sun Interbrew, einem Joint Venture zwischen der indischen Sun-Gruppe und der belgischen Interbrew mit 14 Prozent.

Die 1978 gegründete Brauerei Ochakovo, eine russische Mitarbeiter-AG, kontrolliert sieben Prozent des Marktes. Zu den wichtigen Playern zählen außerdem der türkische Braukonzern Efes (2,8%) und South African Breweries. Seit Februar diesen Jahres ist auch Heineken durch den Kauf der Brauerei Bravo International in St. Petersburg mit einem geschätzten Ausstoß von 4,2 Millionen Hektolitern auf dem russischen Markt präsent. Die Wende in der russischen Brauwirtschaft wurde 1996 überwiegend durch das Engagement ausländischer Braukonzerne eingeleitet. Der Bierausstoß war von 1990 bis 1996 um schätzungsweise vierzig Prozent gesunken. Privatisierung und ausländisches Investment trugen zur deutlichen Produktverbesserung bei. Marketingkampagnen nach westlichem Vorbild machten Bier wieder „interessant“. Der Bierkonsum stieg von 1996 bis 2000 um vierundzwanzig Prozent, bei gleichzeitig fallenden Bierimporten. Diese sanken laut den Marktforschern von Canadean, London, von zwölf Prozent in 1996 auf ein Prozent (2000). Im vergangenen Jahr belief sich der russische Pro-Kopf-Verbrauch auf 41,0 Liter, gegenüber 1996 mit 15,9 Liter.

Als „Koalition der Gewinner“ bezeichnet  der Karlsberger  Unternehmensverbund seine neueste Entscheidung: Die Kooperation mit dem niederländischen Braukonzern Heineken N.V. und der Brau Holding International AG. Die Brau Holding International beteiligt sich über eine Kapitalerhöhung mit 45 Prozent an der Karlsberg International Brand GmbH (KIB). Abgeschlossen sein soll die Transaktion im vierten Quartal.

Die KIB ist Dachgesellschaft des Karlsberg-Biergeschäfts in Deutschland und lenkt die Ausrichtung zahlreicher operativer Einheiten, wie beispielsweise die Karlsberg-Brauerei, die Königsbacher Brauerei und Unternehmen im Distributions-und Dienstleistungssegment. Dr. Richard Weber, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmensverbundes und alleiniger Managing Director der KIB, ist fest davon überzeugt, dass man sich für eine „Koalition der Gewinner“ entschieden habe. Zudem gewinne Karlsberg mit Heineken seinen Wunschpartner. Mit Heineken, dessen Bierprodukte in 170 Ländern der Welt distribuiert werden,  können nun verstärkt – vor allem im Bereich der Biermischgetränke – internationale Märkte erschlossen werden.

Karlsberg bietet eine gute Vertriebsstruktur im Saarland und Rheinland-Pfalz, im Bereich der Biermischgetränke sind die Saarländer unangefochtener Marktführer. Zudem belegen aktuelle Studien aus der Marktforschung, so die Homburger, dass Desperados, das Tequila flavoured Beer von Karlsberg, das umsatzstärkste aller internationalen Szene- und Lifestyle-Biere auf dem deutschen Markt sei.  Für Uli Grundmann, Geschäftsführer Vertrieb  und Marketing kommt dieser Erfolg nicht von ungefähr. „Desperados ist eine erstklassige Erfolgsmarke, die mit viel Behutsamkeit und Markengefühl auf unkonventionellem Weg zu einem echten Bestseller gemacht worden ist. Das unterstreicht auch das Marken- und Vertriebs-Know-how der Brauerei.” Axel Meermann, Chef der Paulaner Brauereigruppe – hier sind die Bieraktivitäten der Schörghuber-Gruppe gebündelt – will durch die Heineken-Beteiligung den weltweiten Weißbierabsatz in den nächsten fünf Jahren auf über zwei Millionen Hektoliter verdoppeln.

Um die Rentabilität deutlich zu erhöhen, will Meermann zudem das Markenportfolio sehr straffen. Und Inhaber Stefan Schörghuber hat weiterhin den festen Willen in Deutschland Marktführer zu werden, nachdem der Deal vor zwei Jahren mit Brau und Brunnen nicht zustande kam. Mit der Heineken-Beteiligung scheint Schörghuber diesem Ziel näher zu rücken. Von weiteren Auf- und Zukäufen ist die Rede, denn die „Kriegskasse“ sei gut gefüllt. Die Schörghuber Stiftung & Co. Holding AG ist nun, wie bereits angekündigt, alleiniger Gesellschafter der Bayerischen BrauHolding.

Die Hauptversammlung hat mit einer Mehrheit von 99,95 Prozent des vertretenen stimmberechtigten Grundkapitals der Beschlussvorlage zugestimmt, die Aktien der übrigen Aktionäre auf den Mehrheitsaktionär, die Schörghuber Stiftung & Co. Holding AG zu übertragen. Die Barabfindung beträgt 3000 Euro je nennwertloser Stückaktie. Aufgerückt ist die Gruppe bereits auf die dritte Position hinter der Holsten- …

Die vollständige Redaktion finden Sie in unserer Print-Ausgabe  8/2002