Wie misst man eigentlich “Terroir”?

Zum 1. internationalen Terroir-Kongress kamen Fachbesucher aus fünf Ländern

von Martin Joest

2000 Jahre Weinbau in Trier und jetzt kommt jemand auf die Idee, das Thema Boden und Klima in seiner Auswirkung auf die Weineinzigartigkeit, kurz Terroir, für einen Kongress zu nehmen. Was allen klar ist, die sich mit dem Thema befassen, ist nun zu einer wissenswerten Wissenschafts-diskussion geworden.

Die Europäische Akademie für Wein und Kultur e. V. Trier, hatte zum ersten Internationalen Terroir-Kongress eingeladen. Die unter der Schirmherrschaft von Staatsminister Hans-Artur Bauckhage stehende Veranstaltung, zog Fachleute aus wichtigen Weinanbaugebieten Westeuropas an. Schon der erste Vortragsredner, Dr. Gerd Scholten vom Institut für Oenologie der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt in Trier, hat festhalten müssen, dass wir noch nicht in der Lage sind, Terroir zu messen. Kein heute vorhandenes Analyseverfahren ist fähig, das Anbaugebiet des Weins oder gar eine Einzellage nachzuweisen. Der moderne Mensch müsste jetzt sagen, keine Messwerte, also kein Terroir, alles Einbildung! Irren denn alle Weinliebhaber seit Jahrhunderten, die bestimmte Lagen bevorzugen und erst die Winzer, die sich in ihren Steillagen abmühen, ja sie sogar suchen und die flachen Tallagen den Kühen zum Grasen lassen? Auf dieses Paradoxum fanden alle Redner aus den verschiedensten Disziplinen die einleuchtendsten Antworten: Sonnenscheinrezeption in der südausgerichteten Steillage, kalkhaltige Böden, die die Nährstoffaufnahme begünstigen, Böden mit Wasserspeicher, Erosionssicherheit, Frostsicherheit in der Wachstumsperiode durch wärmespeichernde Flussnähe und so weiter.

Nun gut, diese Hotspots sind in den Karten der Weinwelt seit Jahrhunderten rot eingekreist. So kommt hier der zweite Ansatz zum Tragen. Der Kellermeister muß die in der Lage entstandene Aromenvielfalt erhalten. Die einzigen Steuerungsmittel sind Zucker/Alkohol-Gleichgewicht und der Säureabbau. Diese sind auch wieder analytisch fassbar. Was in einem gegebenen Terroir notwendig ist, um einen charakteristischen Wein zu keltern, obliegt der Erfahrung der Weinmacher. Der aufmerksame Beobachter stellt fest, hier drehen wir uns im Kreis. Das muß auch dem Veranstalter bewusst gewesen sein. Wie kann man also objektiv erfahren, was Terroir denn nun wirklich ist. Mit der Erfahrung ist das beim Wein wie bei der Liebe, je mehr man drüber liest oder diskutiert, um so mehr entweicht sie einem.

Und wenn es möglich ist, Traubensorten zu ertrinken, wird es wohl auch möglich sein, Terroir zu erkosten. Und hier kommt dann die hervorragende Organisation des Kongresses ins Spiel, die am Nachmittag schon einen eindrucksvollen Empfang im Trierer Rathaus mit dem Oberbürgermaister der Stadt vorbereitet hatte. So wurde die Grundlage für die Frage nach dem Terroir und dem unterschiedlichen Geschmack von Einzellagen am Ende überprüft. Testort: das Fahrgastschiff “Princesse Marie-Astrid”; Begleitumstand: Galamenue; besondere Gäste: unter anderen die deutsche und die luxenburgische Weinkönigin. Fazit eines informativen und packenden Tages: wir werden noch mal darüber sprechen müssen.