Veltins will Expansion mit Augenmaß fortsetzen

Vorrangiges Ziel: Sicherung der Eigenständigkeit

Keinen Grund für Pessimismus sieht der Generalbevollmächtigte der Brauerei C. & A. Veltins, Michael Huber, für die sauerländische Brauerei. Bei der Vorlage des Geschäftsberichtes 2000, betonte Huber, dass sich das Unternehmen in einem weiter schrumpfenden Biermarkt behaupten werde und das Wachstumspotenzial zu nutzen wisse.

Von der Inhaberin Susanne Veltins habe man ganz klar den Auftrag erhalten, die Eigenständigkeit der Brauerei zu sichern. Keinesfalls sei an Verkauf gedacht, beziehungsweise Beteiligungen zu zulassen. Man sei auch weiterhin wirtschaftlich in der Lage, dem Wettbewerb Paroli zu bieten. Das Unternehmen rechnet mit einem weiter schrumpfenden Biermarkt von jährlich ein bis zwei Prozent. Ausgemacht hat es zudem, dass die Treue des Verbrauchers zu großen nationalen Biermarken rückläufig und das Bekenntnis zu regionaler Identität und regionalen Marken offenkundig sei.

„Die bereits vor einem Jahr rückläufige Tendenz, hat sich bedauerlicherweise fortgesetzt. Erstmals seit vielen Jahren haben die Premiummarken nicht besser abgeschnitten, als der Gesamtmarkt und dieses ist eine bittere Erfahrung”, resümierte Huber. Dieses, so Huber weiter, führe deutlich vor Augen, dass der Wettbewerb mit unverminderter Härte die Verdrängung zum Ziel habe. Den immer als „resistent” gegen ausländische Bewerber bezeichneten deutschen Biermarkt, sieht Huber in Gefahr. Seiner Überzeugung nach wird es bald zu Markteintritten von großen internationalen Braukonzern kommen. Mit der Konsequenz, das sich dass Preisniveau noch schneller nach unten verändern wird und die Konsolidierung mit „Vollgas” voranschreiten könnte.

„Man sieht schon mal das ,falsche Auto’ an dem ,falschen Ort’. Ich glaube, dass es bereits diesbezüglich Gespräche gibt”, lautete der Kommentar von Huber. Im Berichtszeitraum erzielten die Sauerländer mit einem Gesamtausstoß von 2,36 Millionen Hektolitern ein Plus von 0,8 Prozent. Der Umsatz konnte um 2,4 Prozent auf 390 Millionen Mark gesteigert werden.
„Unsere Kraft auf dem nordrhein-westfälischen Schlüsselmarkt sehen wir als solide Basis, die Expansion des Unternehmens voranzutreiben”, sagte Huber. Denn es gebe immer noch einige, die irrig seien und kein Veltins tränken, merkte Huber schmunzelnd an. Rückläufig war mit einem Minus von 3,6 Prozent, der Mehrweganteil mit 1,44 Millionen Hektoliter. „Die Marke Veltins litt in der zweiten Jahreshälfte im Wettbewerbsvergleich überproportional durch die selbst auferlegte Aktionszurückhaltung zur Durchsetzung der Preiserhöhung”, urteilte Dr. Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing/Vertrieb.
Das Dosensegment verzeichnete einen Zuwachs auf 295.200 Hektoliter. Dieses entspricht einer Steigerung 30,4 Prozent.

Die Mescheder gehen davon aus, dass der Dosenanteil, auch bei Einführung des geplanten Zwangspfandes, weiter steigen wird. Nahezu 30 Prozent betrage mittlerweile bereits der Anteil im Handel, Tendenz steigend: In einigen Bundesländern sogar 45 Prozent, wie beispielsweise in Schleswig-Holstein oder Berlin.

„Wir glauben, dass es zur Einführung eines Zwangspfandes kommen wird. Jedoch, so klar, wie der Bundesumweltminister es darstellt, ist es bei weitem nicht. Auch stellen wir stark den Einführungszeitpunkt in Frage”, kommentierte Kuhl. Der Veltins-Dosenanteil am Gesamtgebinde beträgt zwölf Prozent. Das Flaschenbier ist mit 62 Prozent und Fassbier mit 26 Prozent beteiligt. Der Fassbierabsatz bliebt mit 599.200 Hektoliter nahezu unverändert (+0,2%). Das seit 1992 forcierte Exportgeschäft belief sich auf 60.000 Hektoliter (+30,4%).

Der Marketingetat belief sich auf 52 Millionen Mark. „Wir sind dem Trend – mit voller Wucht und riesigen Mitteln in den Medien immer präsent zu sein – nicht gefolgt und dieses hat uns nicht geschadet”, berichtete erfreut Huber. Für das kommende Jahr ist jedoch eine Erhöhung des Etats um rund 18 Prozent auf 60 Millionen Mark geplant. Huber geht davon aus, dass der Zenit der Werbeaufwendungen im Jahre 2000 erreicht war und eine weitere Reduktion in diesem Bereich erfolgen wird. Der von Huber bereits bei der Übernahme von Bier Schneider angekündigte „Plattformgedanke” soll in diesem Jahr weiter ausgebaut werden. In den nächsten Wochen will Huber einen kompetenten Partner, ebenfalls aus dem Getränkefachgroßhandel, präsentieren. Dieses habe mehr Zeit in Anspruch genommen, als er erwartet habe.

Der Hauptgrund dafür sei seiner Ansicht nach Berührungsangst gewesen. Jetzt seien aber vielversprechende Gespräche mit potenziellen Partnern geführt worden, „die für das laufende Jahr interessante Perspektiven bieten”.
Zum Abschluss gebracht wurden bereits die Verhandlungen über die vollständige Übernahme der Getränke-Vertriebsgesellschaft-Ruhr (GVR) in Dortmund, an der die Bier Schneider-Gruppe, bislang mit 50 Prozent beteiligt war.

Neu ausgerichtet wurde die Bier Schneider-Gruppe mit der Aufteilung in die vier Spartengeschäfte Einzelhandel, Großhandel, Gastronomie und Beteiligungen an Produktionsstätten. Jedes Geschäftsfeld soll eigenständig die Märkte bearbeiten. Der bisherige Geschäftsführer Wolfgang Schneider scheidet zugleich aus dem operativen Geschäft aus und wechselt, wie Michael Huber, mit sofortiger Wirkung in den Aufsichtsrat. Als künftiger Sprecher der Geschäftsführung ist Dr. Christoph Nöcker bestellt worden, als kaufmännischer Geschäftsführer Reiner Kötter. Wie bereits im letzen Jahr angekündigt und mit der 35-prozentigen Beteiligung an der Maisel-Brauerei auch begonnen, ist man in Meschede auf der Suche nach weiteren sinnvollen, wirtschaftlichen Beteiligungen. Und dieses nicht mit dem Anspruch, Mehrheitsbeteiligungen zu erwerben, sondern, wie bei Maisel erfolgreich begonnen, mit Partnerschaften, die die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Rücklagen für weitere Akquistitionen seien vorhanden.
Als mittelständisches Unternehmen könne man jedoch nicht einfach nur Marktanteile kaufen. Deshalb habe man auch die Angebote für die Schlösser und Iserlohner Brauerei abgelehnt. Denn als Mittelständler könne man es sich nicht leisten, Sanierungsfälle zu übernehmen, so das Fazit von Huber.

Für das laufende Jahr rechnet Huber mit einem Zuwachs von ein bis zwei Prozent. „Wir werden hart dafür arbeiten müssen, sind aber gut vorbereitet. Auf das Jahr 2001 freuen wir uns, auch wenn bestimmt einige Gewitterwolken auftreten werden. Insgesamt sind wir fröhlich und mutig.”

„Man sieht schon mal das falsche Auto an der falschen Stelle”

Der Generalbevollmächtigte Michael Huber äußerte sich, wie bereits erwähnt, sorgenvoll über den baldigen Eintritt von internationalen Braukonzern auf den deutschen Markt.

Und wie jetzt feststeht, ist diese Sorge mehr als begründet. Die Schörghuber Unternehmensgruppe meldete am 14. Februar diesen Jahres, dass sie derzeit Gespräche über eine mögliche Minderheitsbeteiligung an den Brauereiaktivitäten mit der weltweiten Nummer Zwei, Heineken, führe. Beide Seiten hätten vereinbart zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Stellungnahmen abzugeben.
Sollte es tatsächlich zu einer Beteiligung von Heineken an den Brauaktivitäten von Schörghuber kommen, könnte dieses der Startschuss für weitere Aktivitäten von internationalen Braukonzernen auf dem deutschen Markt sein. Die internationalen Mitbewerber werden sicherlich nicht tatenlos zu sehen, wie Heineken sich an einem der attraktivsten Biermärkte der Welt eine maßgebliche Beteiligung sichert. Und dies würde ganz bestimmt eine Wende für den als „resistent” gegen ausländische Aufkäufe bezeichneten deutschen Biermarkt bedeuten. Denn auf die Fahne geschrieben hat sich der niederländische Braukonzern „Internationales Wachstum auch durch Akquisitionen”. Zudem haben es die Niederländer aus eigener Kraft auf dem deutschen Markt nicht geschafft, über 30.000 Hektoliter hinaus zu kommen.