Unterschiedliche Qualitäten bei der deutschen Weinernte 2000

Neue Begriffe „Classic” und „Selection” sollen dem Verbraucher den Weinkauf erleichtern

von Timur Dosdogru

Der Jahrgang 2000 ist in der Ernte in den deutschen Anbaugebieten unterschiedlich ausgefallen. Die Beurteilungen der Traubenqualität schwankten zwischen „Jahrhundertjahrgang” und „Durchschnitt”, meldet die Pressestelle des Deutschen Weininstitutes (DWI). Selten zuvor habe die Qualität eines Jahrgangs von der Kunst der Winzer abgehangen. Die Betriebe, die sich intensive Weinbergspflege auf die Fahne geschrieben hätten, würden einen qualitativ hochwertigen Jahrgang auf die Flasche bringen, heißt es weiter.
Von auftretender Fäulnis war im Oktober die Rede und davon, dass die Vollerntemaschinen noch nie so wertvoll gewesen seien, wie im Jahr 2000, hieß es aus manchen Anbaugebieten. Viele Winzer setzten andererseits wieder bewusst auf die Handlese, um
hochwertiges Traubengut zu selektieren – da war auch viel Nachtarbeit angesagt, um die Ernte schnell ins Fass zu bringen. Laut DWI war das Weinjahr 2000 in seiner phänologischen Entwicklung eines der frühesten seit es darüber Aufzeichnungen gibt.

Zum Entsetzen der Winzer begann der Austrieb Ende April/Anfang Mai schon außergewöhnlich früh, Erleichterung trat erst wieder ein, als die Eisheiligen ausblieben. Der außergewöhnlich warme und teils heiße Frühsommer in Mai und Juni sorgte für schnelles Wachstum und im langjährigen Durchschnitt kamen die Trauben etwa drei Wochen eher zur Blüte als üblich. Eine gute Witterung und ausreichende Wasserversorgung der Böden ließen die Weintrauben bis in den Juli hinein sich gut entwickeln, obwohl dieser Monat eher kühl und feucht war.
Das Qualitätspotenzial wurde von vielen Winzern durch eine Reduzierung des Fruchtansatzes ausgeschöpft, und der Ertrag zugunsten der Qualität noch einmal reduziert. Insgesamt erfuhr das Lesegut eine lange Reifephase und der größte Teil der Ernte war zwischen Mitte September und den ersten Oktobertagen eingebracht.

Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Nürnberg, meldete für das erste Halbjahr 2000 eine steigende Nachfrage für Wein. 17.000 befragte Haushalte berichteten von einer Zunahmen des Weineinkaufes von 7,6 Prozent. Rotwein profitierte davon mit einem Plus von 14 Prozent und Rosé mit 13 Prozent. Die Nachfrage bei Weißwein stieg geringfügig um ein Prozent. Am stärksten waren italienische Weine gefragt (+16 Prozent), gefolgt von französischen (+7 Prozent) und deutschen Weinen (+6 Prozent). Der Umsatz war bei den deutschen Rotweinen am größten und erreichte ein Plus von 21 Prozent.

Mit 19 Millionen Hektolitern war Deutschland 1998 der viertgrößte Weinmarkt der Welt, mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 22,4 Liter/Jahr. Der Marktanteil deutscher Weine pendelte sich bei 50 Prozent ein, mit großem Abstand gefolgt von Frankreich (16 Prozent) und Italien (13 Prozent). Der Durchschnittspreis aller gekauften Weine lag bei genau sechs Mark, deutscher Wein lag mit 6,37 DM sogar noch darüber, gefolgt von französischen (6,11 DM) und italienischen Weinen (5,99 DM). 37 Prozent der deutschen Weine werden im Direktvertrieb ab Hof vermarktet, im LEH 51 Prozent. Mit 22.350 Hektar Anbaufläche ist Riesling die größte Rebsorte und führt den Rebsortenspiegel in den Anbaugebieten Pfalz, Mosel-Saar-Ruwer, Nahe, Rheingau, Mittel-rhein und die Hessische Bergstraße an. In Sachen Rotwein wurde mit einer deutschen Anbaufläche von 25.152 Hektar der Nachkriegsrekord erreicht. Nicht nur im Anbaugebiet Ahr, wo Rotwein mit Spätburgunder, Trollinger, Schwarzriesling und Lemberger vorherrscht, sondern auch in anderen Gegenden konnte er stark zulegen. Vor allem der Spätburgunder (31 Prozent) rückte in Baden mit 4700 Hektar an die erste Stelle des Sortenspiegels. Die Exportsituation zeigte sich in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres stabil. In den zwölf Monaten Juli 1999 bis Juni 2000 wurden 2,14 Millionen Hektoliter Wein exportiert, damit wurde die Menge um 4,4 Prozent gesteigert, bei einem Erlös von 665 Millionen Mark (+0,4 Prozent).
Endlich hat die EU auch neue Begriffe im deutschen Weinbezeichnungsrecht und damit eine „Entrümpelung” zugelassen. Der Jahrgang 2000 ist der erste, bei dem die Begriffe Classic und Selection verwendet werden dürfen, die dem Konsumenten mehr Klarheit beim Weinkauf verschaffen sollen. Begriffe wie Spät- und Auslese stünden zwar für anspruchsvolle, aber fast immer auch für liebliche Weine, heißt es, eine Auslese trocken führe immer noch zu Verwirrung.
Der Begriff Classic steht künftig für einen Wein aus einer klassischen, gebietstypischen Rebsorte, mit einem gehobenen Qualitätsanspruch der Geschmacksrichtung harmonisch trock-en. Selection ist die neue Spitzenklasse der deutschen Weine, die frühestens am 1. September abgefüllt werden dürfen.
Auf die Bezeichnung trocken wird hierbei verzichtet. Das DWI will in den beiden kommenden Jahren die Werbung mit über fünf Millionen Mark auf die neuen Begriffe konzentrieren. Vor allem der Begriff Classic soll zunächst im Inland schnell bekannt gemacht werden, wozu Mittel umgeschichtet werden sollen.