Liebe Leser, in dieser Kolumne kommen Sie zu Wort. Schreiben Sie Viktor, er wird auch niemanden verraten. Großes Ehrenwuff!

Viktor

Schau’n mer mal…

Frauchen lachte laut auf: “Nein, das glaube ich einfach nicht!” Neugierig geworden, unterbrach ich mein Nickerchen. “Ach, der Heinz und der Heiner machen auch Werbung für Bier!” Heinz war Frauchen besonders aufgefallen, als er sie aus ihrer Lieblingsillustrierten so nett angeschaut hatte – mit einem Glas Wein in der Hand. “Schmeckt klasse!” behauptete er. “Aber sein Goldkettchen – wie geschmacklos!” meinte Frauchen. Mein Hundefreund Hasso kläffte zustimmend: “Geschäftstüchtig ist der! Zwei Mal saufen und zwei Mal kassieren – das schafft nicht mal unser Werbe-kaiser Franz.”

Na, dann machten die endlich mal Werbung für das neue Lieblingsgetränk meines Frauchens. Und dann das! Seit sie in ihrer Fachlektüre gelesen hat, dass deutscher Riesling jetzt in Amerika so erfolgreich ist, mundet ihr auch deutscher Wein häufig. Na wie jetzt? “Bier auf Wein, das lass sein – Wein auf Bier, das rat’ ich Dir!”

Gute Werbung hingegen machen jetzt hier zu Lande zwei amerikanische Winzer, sagt Frauchen. Ganz klassisch, das ganze Jahr über, nicht nur mal eben zur Weihnachtszeit.

“Aus Leidenschaft für großen Wein” zeigen sie stolz ihre Familie, ihre Weinberge und ihre Auszeichnungen. Dabei machen die sich kleiner als sie sind. Benno, der Hofhund vom Bierverleger, knurrt zustimmend: “Herrchen meint auch: Die machen das richtig, keine halben Sachen. Die reden nicht nur über die Kraft der Marke, die stärken sie auch wirklich. Einfach Preise heben, das ist noch keine Markenpflege.” Vielleicht zeigen die demnächst auch noch ein Foto ihres Hofhunds, würde mich nicht wundern. Denn mit uns Tieren in der Werbung klappt das ja meistens prächtig. Früher zumindest.

Früher – früher war alles einfacher, klarer, besser. Da gab es weniger Fernsehprogramme. Wir Tiere waren in der Werbung schwer angesagt, ob für japanische Autos oder italienischen Kräuterschnaps. Heute zeigen die doch zumeist nur gelackte Miezen. Oder Latin Lovers, von denen Frauchen so schwärmt. Und zwar egal für was – mit einem hingehauchten “ti amo” oder “tu mi piaci”. Ja, Du mich auch. Lifestyle nennt sie das.

Damals – da waren noch Schotten auf den Hund gekommen. Die haben einen schwarzen und einen weißen Scottie-Terrier für sich possierlich posieren lassen. Clever und smart.

Die haben heute leider ausgewedelt. Sind wohl geizig geworden, die Schotten. Keine Werbung mehr. Doch “nix Werbung, nix gut”, wie mein Bekannter Sami, der persische Windspiel, sagt. Die mussten ihre Preise senken, um zu verkaufen. Dann hatten sie für Werbung kein Geld mehr über.

Dumm gelaufen. Merke: Wenn kein Hund mehr bellt, fällt’s auch keinem Menschen mehr auf – und keiner kauft’s. Als ich noch ein Welpe war, da flog auf der Mattscheibe so ein Raubvogel mit einer Flasche in seinen Fängen über schneebedeckte Berge. Habe ich eigentlich nie so ganz verstanden. Doch die Marke verkaufte sich bestens. Mit magischen Kräften schnell über’n Berg. Das war wohl damals ganz auf der Höhe der Zeit. Deren Zahn hat dann an der Marke genagt, wie ich an meinem alten angeknabberten Lieblingsknochen.

Heute, da kommt einem was über den Bildschirm ins Haus geflimmert, das haut den müdesten Dackel aus dem Körbchen: Nette Menschen in Festkleidung in einem Schloss, die kein Sekt trinken wollen! Selters statt Sekt? Nein, bitte ein Bier und keinen Prosecco! Wie die Bilder sich doch gleichen.

Frauchen weiß auch nicht weiter. “War das jetzt bitte Werbung für das Pils oder das Weizenbier? Oder doch wieder dieser Sekt, für den Herr George damals warb?” Also, ich kann sie verstehen: In diesem Geflimmere blicke auch ich nicht mehr so ganz durch meine Zottelhaare. Aber zumindest war klar: Götz durfte nur für ein Getränk werben.

Noch verzwickter wird’s, wenn mit Freundschaft unter Zweibeinern geworben wird. Unter Hundefreunden gesagt, wie soll ein Mensch da zum rechten Getränk greifen:

“Eins auf die Freundschaft” – mit einem Pils? Wo doch “real friends” hart gesotten amerikanisches Feuerwasser bechern sollten? Aber “wo Freunde sind”, hat auch französischer Wein nicht fehlen zu dürfen, krähen jedenfalls die Gallier lautstark. Jaul!

Wenn im Fernsehen die Werbepause kommt, greift Frauchen zumeist zum Telefon. Herrchen flitzt derweil schnell zum Kühlschrank, Nachschub holen. Ich natürlich sofort hinterher. “Eigentlich dürftet ihr dann doch keinen Spot kennen”, geifert besserwisserisch Xenia, die eingebildete Dalmatinerhündin aus Frau Weißmüllers Agentur. So’n Quatsch – Hundepustekuchen! Ich kann ihr die Melodie der neuen schicken Bier-Werbung mit dem großen grünen Segelschiff nachkläffen! Frauchen sinniert, ob sie die Szene schon früher irgendwo mal gesehen hat: “Südsee, Sonne, Sand und Flirt am Strand – doch ging es damals nicht um Rum? Oder um Eis?” Ein Hund wer Arges dabei denkt! Sie hatte einfach nicht aufmerksam geschaut und übersehen, dass die Strandhütte jetzt ein wenig mit grünem Tuch ausstaffiert wurde.

Die Katze zeigt sich wieder mal von unseren Überlegungen völlig unbeeindruckt. “Wenn das mit der Werbung alles so leicht wäre”, miaut sie wissend. Sie hat gut reden, lässt sie doch Frauchen immer zu Hasso’s Herrchen, dem Metzger Rohrhirsch, rennen. Alles andere als beste frische Leber rührt sie nicht an. Diese Prinzessin auf dem Kaminsims!

Wen wundert’s, wenn auf ihrem Fressnapf unübersehbar steht: “Sheba – nein danke!”

Eigentlich sollte mir das alles vollkommen an den Hinterläufen vorbeigehen. Doch da kamen auch welche auf den Werbespot mit den sprechenden Hirschen.

Den find’ ich klasse – kann ich aber viel besser. Wuff!

 

Bis zum nächsten Mal

Euer Viktor