Bewährungsprobe für Brau und Brunnen

Erdinger Marken auf der Agenda –
Zoofenster spült Kapital in die Kasse
Konzentration auf Kerngeschäftsfeld Getränke
Fokussierung auf Potenzialmarken

von Monika Busch

In zwei Jahren will der seit rund fünf Monaten amtierende Vorstandsvorsitzende der Brau und Brunnen AG, Michael Hollmann, die Sanierung des stark defizitären Konzerns abgeschlossen haben und wieder Gewinne schreiben. Die vorgestellten Zahlen für das Geschäftsjahr 2000 kommentierte Hollmann anlässlich der Bilanzpressekonferenz im Juni dieses Jahres, mit „weiß Gott nicht erfreulich“.

Der Jahresfehlbetrag der AG belief sich auf 84,5 Millionen Mark. Davon entfielen auf das Geschäftsfeld Bier ein Minus von 146,2 Millionen, die alkoholfreien Getränke erwirtschafteten ein Plus von 40,5 Millionen. Das Plus von 21,3 Millionen bei den Immobilien ist auf Sondereinflüsse durch Verkäufe zurückzuführen.

Im Konzern schlug ein Fehlbetrag von 105,8 Millionen Mark zu Buche (Bier -156,9; AFG +38,8; Immobilien +12,3). Die Umsatzerlöse reduzierten sich um 6,9 Prozent auf 1.381,4 Millionen Mark (Konzern: 1.483,0 Mio. DM). Sowohl im Einzel- als auch im Konzernabschluss ist die Sparte Bier nach wie vor das „größte Sorgenkind“. Hollmann betonte, dass der „Druck den Laden in die Reihe zu bekommen sehr hoch“ sei. Jedoch würden die Verantwortlichen einstimmig hinter dem Sanierungskonzept stehen. Der Bierabsatz der Gruppe sank im Berichtszeitraum um sechs Prozent auf 7,1 Millionen Hektoliter. Dementsprechend verringerten sich die Umsatzerlöse um 6,8 Prozent auf 1.045 Millionen Mark.

Die von Hollmanm eingeleitete neue Vertriebsstrategie wird sich frühestens bei den Zahlen 2001 niederschlagen, wobei der
Vorstandschef für das laufende Jahr von einem Verlust von rund 38 Millionen Mark bei stabilen Absatz im Geschäftsfeld Bier
ausgeht. Allein 1,3 Millionen Mark Transportkosten sollen künftig durch die Verlagerung der Dosenabfüllungen eingespart werden. Die Abfüllung der Jever-Dosen soll ab 1.8. 2001 beim Mitbewerber Beck’s in Bremen erfolgen. Bis dato wurden diese
Dosen bei der Tochter Oderland-Brauerei in Frankfurt/Oder abgefüllt. Für die ebenfalls bei der Oderland-Brauerei abgefüllten
Dosen Brinkhoff`s No.1 könnte der neue Partner „DAB” heißen.

Bei der Oderland-Brauerei setzt Hollmann auf die im Jahre 2000 neu eingeführte Marke Frankfurter Pilsener. Stolz berichtete er, dass für das Geschäftsjahr 2000 rund 5.000 Hektoliter geplant waren, und hingegen der Erwartungen bereits 28.000 Hektoliter abgesetzt wurden. Neue Verträge für Handelsmarken-Produktionen sollen zudem den Standort Frankfurt/Oder mit sichern. Abgeschlossen wurde bereits für den Discounter Plus ein Volumen von 350.000 Hektoliter. Restrukturiert wurde bereits bei der Brauerei Schlösser. Durch den Zusammenschluss 1999 des Kölner und Düsseldorfer Verbundes zum Rheinischen Verbund wird die Anlage zur Flaschenabfüllung von Düsseldorf nach Köln verlegt. Offen ist noch die Entscheidung, wo die Fass- beziehungsweise Flaschenabfüllung von Schlösser künftig erfolgen wird. Am Standort Düsseldorf soll die Konzentration auf die Herstellung und den Gastronomievertrieb von Schlösser Alt erfolgen. Veräußert werden soll die nicht betriebsnotwendige Grundstücksfläche. Bei den Kölsch-Marken des Kölner Verbunds bezeichnet Hollmann die Marken Sion und Gilden als Potenzialmarken. Der Absatz von Küppers soll im Handel stabilisiert werden. Auf dem Prüfstand steht die Iserlohner Brauerei mit einer Abfüllkapazität von 420.000 Hektoliter und einer Auslastung von 160.000 Hektoliter. Wobei Hollmann betonte, dass bei einem eventuellen Verkauf Marke und Arbeitsplätze erhalten blieben. Die hohen Verbindlichkeiten und das „dramatisch gesunkene Eigenkapital“ von 10,7 auf 2,5 Millionen will Hollmann wieder „sicher auf Kurs und eine vernünftige Basis bringen“. Geld in die Kasse soll noch in diesem Jahr der Verkauf von nicht betriebsnotwendigen Immobilien spülen. Ausgemacht hat Hollmann rund 62 Immobilien, die zwischen 200 und 230 Millionen Mark realistisch angesetzt seien. Große Wertberichtigungen werde es im laufenden Geschäftsjahr nicht mehr geben, da diese bereits im 2000 durchgeführt worden seien.

Denn, er habe keine Lust auf gesiebte Luft, resümierte Hollmann in Bezug auf die Eigenkapitalquote. Um sein Hauptanliegen, den Abbau der Verbindlichkeiten in eine realistische Nähe zu rücken, hat Hollmann zudem der Gruppe ein Einsparpotenzial von 25 bis 50 Millionen Mark jährlich verordnet. Dazu beitragen soll die Einführung neuer Richtlinien zu Gastronomie-Finanzierungen und Änderung der Vergabepraxis von Darlehen ab 2001. „Wir müssen in der Gastronomie vorsichtiger mit dem Geld umgehen. Im Jahr 2000 mussten hier 47,3 Millionen Mark Wertberichtigungen vorgenommen werden“, empörte sich Hollmann und will nun einen Riegel vorschieben.

Als dringend notwendig betrachtet der Vorstandsboss auch eine Artikelbereinigung, mit Konzentration auf die Förderung von Potenzialmarken. Wobei er betont, „dass keine Marken umgebracht werden sollen“. Entscheidungen über den Erhalt von Standorten und Marken sollen nach Rentabilitätsgesichtspunkten gefällt werden, mit dem grundsätzlichen Tenor: „Ertrag vor Hektoliter”. Mit fünf Millionen Hektoliter verzeichnete das Geschäftsfeld AfG ein Minus von 5,3 Prozent. Die Umsatzerlöse sanken um 23 Millionen auf 330,5 Millionen Mark. Neben den allgemeinen Marktfaktoren wie anhaltender Preisdruck und Wetterabhängigkeit, nennt Hollmann vor allem hier die fehlenden PET-Gebinde als Ursache. Mittelfristig soll durch entsprechende Investitionen die Absatzentwicklung positiv beeinflusst werden. Allerdings werden in diesem Zusammenhang die Ergebnisse im AfG-Bereich, ebenfalls mittelfristig durch hohe Abschreibungen auf notwendige Investitionen in Sachanlagen belastet sein.

„Etwas erfreulicher, aber bei weitem keinesfalls zufrieden stellend, bedingt durch die Sondereffekte 2000“, ist für Hollmann das 1. Quartal 2001. Das Konzernergebnis betrug minus 38,9 Millionen Mark. Der Getränkeabsatz verzeichnete mit 2.579 TSD. Hektoliter ein Minus von 5,7 Prozent. Die Umsatzerlöse mit einem Minus von 5,2 Prozent beliefen sich auf 299,6 Millionen Mark.

Das Geschäftsfeld AfG büßte mit 1,04 Millionen Hektoliter 9,6 Prozent ein. Mit 73,8 Millionen Mark reduzierten sich die Umsatzerlöse um 4,2 Prozent. Die Bier-Absätze reduzierten sich um Minus 2,9 Prozent auf 1,539 Millionen Hektoliter. Die Umsatzerlöse sanken um fünf Prozent auf 224,3 Millionen Mark. Positiv im Vergleich zum Vorjahr (31.5.) entwickelten sich Berliner Pilsener mit +12,4 Prozent, Brinkhoff`s No.1 +1,7%, Jever +4,0%, Sion Kölsch +6,0% und Frankfurter Pilsener mit einem stolzen Plus von 22,8%. Mit der Bekanntgabe „Wir werden ab sofort die Erdinger-Produkte in unsere Vertriebs- und Verkaufsorganisation aufnehmen und aktiv vermarkten“ sowie dem in den „Endzügen liegenden Verkaufs des Zoofensters“, präsentierte Hollmann auf der Hauptversammlung in Berlin den Aktionären bereits ein „Bonbon“. Die konzerneigene Marke Valentins Weizen, von der im letzten Jahr rund 50.000 Hektoliter abgesetzt wurden, wird vom Markt genommen. Den aufgelaufenen Konzernverlust von rund 106 Millionen Mark will Hollmann durch die Umsetzung der Sanierungsprogramme bereits in 2001 mehr als deutlich reduzieren und geht bei seiner Hochrechnung von nur noch sechs Millionen Mark aus.

Auch wies er deutlich auf die mehr als notwendigen Preiserhöhungen in der Branche hin, jedoch nicht im „Alleingang“. Lediglich bei Berliner Pilsener habe das Unternehmen zum 1. Juli diesen Jahres eine Preiserhöhung gewagt. Hollmann zeigt sich weiterhin zuversichtlich, dass die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen greifen und die Gruppe mittelfristig wieder eine Perle wird.