Weinernten 1999 – erster Teil

Aus den meisten Weinbaugebieten sind hervorragende 99er zu erwarten, teilweise auch Jahrhundertweine.

von Monika Busch

Einheitlich sind aus Europa keine Jahrhundertweine zu erwarten, bestimmt aber hervorragende 1999er. In vielen Regionen Deutschlands hat endlich wieder mal ein “Sommer” stattgefunden. Aber dieses ist nicht unbedingt auf die weiteren Weinbauregionen Europas zu übertragen.

Die Sonne ist zwar ein wichtiger Faktor, aber auch Regen ist immer notwendig. Mit Hagel und langem Regen während der Lese mussten die Winzer ebenfalls 1999 umgehen. Beispielsweise war in Südfrankreich der Sommer teilweise zu kalt oder in Mittel- und Norditalien zu heiß. In Apulien gab es zuviel Niederschlag während der Lese. In Deutschland wurde erstmals laut dpa-Mitteilung aufgrund der reichen Ernte (Nahe, Rheinhessen, Pfalz) Weinmost vom Markt genommen. Die vom Weinbauverband ins Leben gerufene Gesellschaft für Weinabsatz mbH in Neustadt kaufte 46 Millionen Liter Weinmost auf, um dem Preisverfall entgegen zu wirken.

VDP: “Ein Jahrgang, der in die Annalen eingeht”

Die im VDP zusammengeschlossenen Spitzenweingüter Deutschlands loben einmütig den Jahrgang 1999. Die eingekellerten Moste seien von hoher Güte. “Schon jetzt steht fest, dass der 1999er zahlreiche Jahrhundertweine hervorbringen wird. Wir sprechen zu recht von einem Jahrgang, der in die Annalen eingeht”, so dass Fazit des VDP Präsidenten Michael Prinz zu Salm-Salm. Der 1999er ist ein außergewöhnlicher Jahrgang mit großen Diskrepanzen in der Qualität, abhängig von der Erntemenge und der Wahl des Lesezeitpunktes.

Die VDP-Betriebe haben frühzeitig die Mengen durch Ausdünnen am Stock begrenzt. Die Guts- und Qualitätsweine, beziehungsweise auch herabgestufte Prädikatsweine, die unter Weingutsnamen und Rebsorte vermarktet werden, bestreiten zwischen 30 und 60 Prozent der Ernte. Die gesetzlich festgelegten Erntemengen- Höchsterträge wurden von den VDP-Gütern nicht überschritten. Bei den Lagenweinen werden Ernteerträge um die 60 hl/ha gemeldet. Der durchschnittlich geringe Mengenertrag von 45 hl wurde in den besten Lagen, die für die Erzeugung der “Ersten Gewächse” vorgesehen sind bei keinem VDP-Gut überschritten.

Ein Top-Jahr ist 1999 zudem für die raren edelsüßen Spitzenweine. Zu erwarten sind reintönige Weine. Ahr: Die Frühburgunder sind kräftig mit guten Tanninen und liegen im Barrique. Die Portugieser Trauben haben eine sehr feinfruchtige, würzige Note und sind tiefdunkel in der Farbe. Der Spätburgunder der den Löwenanteil an der Ahr ausmacht wird als hervorragend bezeichnet und mit den Jahrgängen 1959, 1975 und 1997 verglichen.

Mosel-Saar-Ruwer: Für die Terrassenweinberge war der teils heiße und trockene Sommer eine große Herausforderung. Doch die Summe der Spitzenergebnisse dokumentiert, dass die Winzer dieser gewachsen sind. Durch die Regenfälle Ende September/Anfang Oktober, mit Auswirkungen vor allem auf die Erntemenge wurde ein “Jahrhundert-Jahrgang” zwar verpasst, aber insbesondere in den Steillagen wurden hervorragende Qualitäten im Spät- und Auslesebereich geerntet.

Nahe: Berichtet wird über grandiose Resultate bei Weiß-, Grau- und Spätburgunder.

Rheingau: Hier sind die Erntemengenergebnisse sehr unterschiedlich, aufgrund des Alters der Rebstöcke und der unterschiedlichen Lagenvoraussetzungen. Der Ernteverlauf wird verglichen mit 1993, bei deutlich höheren Qualitäten. Der Rheingauer Weinbauverband wird auch weiterhin an seinem einstimmig beschlossenen Konzept, weiter die Spitze über eine Lagenklassifizierung zu profilieren, festhalten. Er tritt nach wie vor dafür ein, die Bezeichnung “Erstes Gewächs” als zulässige Bezeichnung für deutschen Wein in das Gesetz mit aufzunehmen.

Rheinhessen: Ähnlich wie 1997 oder auch 1993, im Rotweinbereich sei der 99er sogar noch besser, stellt man in Rheinhessen fest. Durch das Ausdünnen der Weinberge habe man 20 Prozent höhere Öchslewerte erreichen können.

Pfalz: Hagelschäden machten im Bereich Ruppertsberg und Deidesheim mehrere Erntegänge erforderlich. Aufgrund des hohen Weinsäureanteils wird ein sehr guter Jahrgang für trockene Weine erwartet. Der noch nie dagewesene Selektionsaufwand macht ihn gleichzeitig zu einem der teuersten Jahrgänge.

Franken: Gute und beste Weine werden dem 99er zugeschrieben. Gelobt werden die außergewöhnlichen Qualitäten von Silvaner und Spätburgunder.

Württemberg: Bedingt durch niedrige Säuren und hohe pH-Werte werden die 99er als weich und elegant angekündigt. Prognose: Ein guter Lemberger-Jahrgang, dem die sehr guten Spätburgunder nicht nachstehen werden.

Baden: Hier verweist man auf 1998: “Ein optimales Ergebnis für die Nachfrage in Baden nach trockenen, alkoholreichen Weinen.”

Bernkasteler Ring-Weingüter mit ausdrucksstarken Riesling:

Trotz der Regenfälle berichteten einzelne Ring-Weingüter vom “Super-Jahrgang” und eines vom “Besten Jahrgang in der Betriebsgeschichte”. Geprägt durch moderate Säurewerte, eignet sich der 1999-er auch hervorragend zum Ausbau frischer, feinfruchtiger trockener Riesling-Weine. Der Ertragsdurchschnitt aller Ring-Betriebe liegt bei 93 Hektoliter pro Hektar und damit rund 20 Prozent höher als 1998.

An Saar und Ruwer kommen die Betriebe beim Riesling auf einen Ertragsdurchschnitt von 67 Hektoliter mit einem Mostgewicht von 90 Grad Oechsle, die Mosel weist einen Ertragsdurchschnitt von 99 hl auf. Im Durchschnitt aller Ring-Betriebe wurde ein Anteil von 29 Prozent Qualitätswein und 71 Prozent Prädikatsweinen geerntet.

Klimatische Bedingungen im September haben in Frankreich Ernteverlauf beeinträchtigt

In Frankreich hat der 99er Jahrgang mit rund 61 Hektolitern ein beachtliches Volumen erreicht. Ein Volumen, welches zuletzt 1992 erreicht wurde. Der Reifegrad der Trauben war sehr unterschiedlich und durch die Niederschläge im September konnten nicht alle Trauben die optimale Reife erreichen. Erste Reifekontrollen, so das französische Weininstitut Onivins hätten ein großes Potenzial an Polyphenolen und einen besonders ausgewogenen Zucker-Säuregehalt ergeben. Die Weine würden bei unterschiedlichem Alkoholgehalt Struktur und reiche Aromen aufweisen und einige würden bereits ein hohes Alterungspotenzial erkennen lassen.

Elsass mit neuen Produktionsbedingungen in 1999

Um die Qualität des Weines zu steigern, haben sich die Weinproduzenten entschieden, Höchsterträge pro Rebsorte festzulegen. Die neuen Produktionsbestimmungen der Appellation Alsace halten sich nicht mehr an eine allgemeingültige Ertragsbeschränkung für die gesamte Rebfläche eines Betriebes. Die Erntemenge in 1999 lag mit 1.250.000 Hektoliter leicht über dem Vorjahr.

Portugal: 1999 Grundlage für einen großen Jahrgang

Wie das portugiesische Landwirtschaftsministerium und das Institut für Weinbau und Wein mitteilt, können Portugals Winzer mengenmäßig von einer Stabilisierung ihrer Weinproduktion auf hohem Niveau ausgehen, eventuell sogar mit einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr rechnen. Für 1999 wird von einer Erntemenge von 7,23 Millionen Hektolitern ausgegangen, im Gegensatz zu 1998 mit nur 3,6 Millionen. Im Minho – der Vinho-Verde-Region und im Dão-Gebiet wird von einem Plus von fast 50 Prozent ausgegangen, im Douro wird mit einem Zuwachs von 14 Prozent gerechnet und in der Bairrada sogar mit einer quantitativen Steigerung von 68 Prozent. Wie weiter mitgeteilt wird, melden aus allen Teilen des Landes die regionalen Weinbaukommissionen bezüglich der Qualität des Lesegutes optimistische bis enthusiastische Ergebnisse. Besonders in den Weinbauregionen Bairrada, Douro und Minho seien die Chancen gut, dass die Weinernte 1999 zur Grundlage für einen großen Jahrgang werde.

Spanien: Hagelschlag und selektive Auslese

Mit etwa 35 Millionen Hektoliter erwarten die spanischen Winzer für 1999 ein Plus von mindestens fünf Prozent. Spaniens Vorzeigegebiet für Rotweine, die D.O.Ca Rioja hat durch Frostschäden im April Einbußen von etwa 20 Prozent erlitten. Ebenso betroffen D.O. Navarra. Hier liegt die Erntemenge rund elf Prozent niedriger als 1998. Zufrieden zeigt man sich mit den roten Sorten, insbesondere mit Tempranillo und Cabernet Sauvignon. Von einer der besten Ernten des Jahrzehnts sprechen die Winzer in der D.O. Utiel-Requena, obwohl durch starken Hagel im August zehn bis 15 Prozent der Frucht gelitten haben. Ein Ernteplus von rund 40 Prozent meldet die D.O. Cariñena. Die diesjährige Weinernte des kastilischen Weinbaugebietes D.O. Ribera del Duero übertraf mit 60-65 Kilogramm das Rekordjahr 1996. Mit der Qualität zeigt man sich sehr zufrieden. In der D.O. Penedès mit 30 Prozent mehr Ernteertrag spricht man von einem sehr guten Jahrgang. “Chardonnay, aber auch die autochthonen weißen Rebsorten sind von außergewöhnlicher Güte, mit einem sehr ausgewogenen Säure-Zucker-Verhältnis.”

Die Weißwein-Region D.O. Rueda hat rund 24 Millionen kg Trauben eingefahren, rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Auch diese Region war von starkem Hagelschlag Anfang September betroffen. Mit 2,6 Millionen kg Sauvignon Blanc erntete man einen Rekordertrag in der Geschichte des kastilischen Gebietes. Dem Erntebericht zufolge zeigen die ersten, in Tanks ausgegorenen Weine, ein ausgeprägteres, sehr viel komplexeres Aroma, mehr leichte Eleganz und feine Frucht als 1998. Im Gegensatz zu den extraktreicheren 98er Kreszenzen sollen die 99er Weine sehr duftig und spritzig ausfallen. Winzer und Techniker sind sich völlig einig: Durch das Unwetter in ihrem Gebiet musste eine noch minuziösere Auswahl der Trauben getroffen werden, als in den Jahren zuvor. Dieses wird zur Folge haben, dass der Jahrgang 1999 als ein ganz besonderer in Ruedas Weingeschichte eingehen wird.

Griechenland: Geringere Erntemengen, höhere Preise

Die Weinernte in Griechenland ist in fast allen Anbaugebieten niedriger ausgefallen als 1998. Der Jahrgang ´99 ist geprägt durch mildes Wetter bis Anfang August mit genügend Regen. Sehr aromatische und elegante rebsortenreine Weine werden der weißen Traube Chardonnay attestiert. Die rote Syrah soll voluminöse und phänolenreiche Weine hervorbringen. Die aus den Rebsorten Roditis, Athiri und Sauvignon gekelterten Chalkidikis Topikos (Landwein) Weißweine sollen sehr aromatisch und mit erfrischener Säure sein. Die Topikos Rotweine, der Merlot und der Xinomavro-Trauben, sollen eine elegante, stabile Struktur und ein großes Reifepotenzial aufweisen. Großes Aromapotenzial und schmackhafte, erfrischende Säure werden den Agioritikos-Topikos-Weinen attestiert. In Naousa erwartet man einen Vorzeigejahrgang (Naousa O.P.A.P. = Qualitätswein). Die Region Peloponissos mit den Weinen Nemea (O.P.A.P.) war geprägt durch eine extreme, langanhaltende Hitzeperiode und teilweisen Hagelschlag. Diese hatte einen großen Ernteverlust zur Folge, die Ertragsmenge wird um 40 Prozent niedriger geschätzt.

Kalifornien freut sich über ein ideales Rotweinjahr

Wenn die kalifornischen Winzer über ihre Ernte 1999 sprechen, kommen sie vor allem bei den roten Sorten ins Schwärmen. Die spät reifenden Sorten, die auch die größte Anbaufläche im Lande einnehmen – Zinfandel und Cabernet Sauvignon – werden in einigen Regionen als die dunkelsten und intensivsten Weine seit 1980 bezeichnet. Die Winzer sprechen bei den beiden Sorten von sehr runden Tanninen. Die Erntemenge liegt mit etwa 2,7 Millionen Tonnen zwischen den Ergebnissen von 1997 und 1998, obwohl die Anbauflächen 1999 größer als im Vorjahr waren. Alle Weinbauern vermelden hohen Zuckergehalt, gute Säure und eine große Bandbreite an intensiven Aromen. Die Winzer haben die Hoffnung, die Spitzenweine des Jahrzehnts zu keltern.