Dänischer Vormarsch auf Altbiermetropole

Hannen/Tuborg übernimmt Gatz

von Timur Dosdogru

“Es war eine sehr schwere Entscheidung”, meinte etwas wehmütig Karl-Heinz Gatzweiler, geschäftsführender Gesellschafter der Privatbrauerei Gebr. Gatzweiler GmbH & Co. KG, Düsseldorf, zur Übernahme der Altbiermarke Gatz durch die Hannen/Tuborg Brauerei GmbH, Mönchengladbach. Zur Verkündung dieser Nachricht hatte man besonders kurzfristig in Düsseldorf eine Pressekonferenz einberufen, die Verhandlungen waren noch bis in den späten Abend zuvor geführt worden.
Danach übernimmt Hannen/ Tuborg mit Wirkung zum 1. Juli diesen Jahres die Marken- und Vertriebsrechte der Marke Gatz (rund 200.000 Hektoliter jährlich), über den Verkaufspreis hüllten sich die Beteiligten in Schweigen. Erste Gespräche waren bereits vor zwei Jahren geführt worden, zuerst über Lohnabfüllungen. Die Verhandlungen hätten länger gedauert, als beiden Seiten lieb gewesen sei, hieß es.
Beide Seiten verstehen diese Maßnahme als Fortbestandsgarantie der Marke Gatz. “Wir haben nicht vor, die Marke Gatz einzustampfen oder gar stiefmütterlich zu behandeln” so Hannen/Tuborg-Geschäftsführer Michael Hollmann, “im Gegenteil, wir wollen sie ausbauen. Ich kann natürlich nicht garantieren, daß es sie immer geben wird, aber von welcher Biermarke kann man das heute noch sagen.” Die Verhandlungen seien fair verlaufen, der jetzige Zeitpunkt noch nicht zu spät gewählt. In beispielsweise zwei Jahren könne dies viel problematischer sein. Hollmann warb um Verständnis: “Dies soll keine ,böse’ Übernahme sein, sondern der Versuch, das Beste daraus zu machen.”
Gatz soll zunächst weiter in der Braustätte Düsseldorf-Oberkassel gebraut werden. Kurzfristig soll die Abfüllung nach Mönchengladbach verlagert werden. Den Brauprozeß wollen die Mönchengladbacher auch so bald wie möglich im eigenen Hause haben, dies wird aber wohl noch eine Weile dauern, schließlich soll das Bier genauso schmecken wie vorher. Verhandlungen mit dem Betriebsrat der 86 Gatzweiler-Mitarbeiter für die Erstellung eines Sozialplans wurden aufgenommen. Zumindest sollten alle elf Vertriebsmitarbeiter übernommen werden, für die Produktion in Mönchengladbach würden zudem noch 15 Leute gebraucht, versprach der Sprecher der Hannen/Tuborg-Geschäftsleitung Erik Juul Rasmussen: “Was möglich ist, wird getan.”
So werden immerhin die Marke Gatz und wenigstens einige Arbeitsplätze erhalten, für die übrigen 60 bedeutet dies freilich das Aus. Die zu Gatzweiler zugehörige Hausbrauerei “Zum Schlüssel” soll als eigenständiges Unternehmen im Gatzweiler-Familienbesitz weitergeführt, und von Hannen/Tuborg “unterstützt werden, soweit es geht”.
Die Braustätte und das Braugrundstück in Düsseldorf-Oberkassel bleiben ebenfalls in Familienbesitz. 25 “Schlüssel”-Objekte sollen noch in diesem Jahr gewonnen werden. Derzeit führen rund 3000 Gaststätten mit Schwerpunkt im Raum Düsseldorf die Marke Gatz. Für Hannen/Tuborg sieht Hollmann eine Möglichkeit, in diesem (Altbier)-Raum stärker Fuß zu fassen, wo die eigene Marke Hannen Alt es nicht gerade leicht hat und außerdem dort die Pils-Marken Tuborg und Carlsberg des dänischen Mutterkonzerns an den Hahn zu hängen. Somit könnten die Altbiermarken Hannen und Gatz auf ihre Kernabsatzgebiete konzentriert werden, ohne sich ins Gehege zu kommen. In der Marke Gatz sieht der Hannen/Tuborg-Geschäftsführer nun eine echte Chance, daß sein Haus in einem rückläufigen Altbiermarkt noch etwas verdienen kann – wohl auch im Vertrauen auf das Werbepotential, welches der dänische Mutterkonzern zu leisten imstande ist.
Mit Blick auf Hannen Alt weiß Hollmann: “Als außenstehende Altbierbrauerei ist es wahnsinnig schwer, gerade in Düsseldorf Fuß zu fassen.”
Die Hannen/Tuborg Brauerei hat derzeit mit den Hauptmarken Hannen Alt, Tuborg Pilsener und Carlsberg Pilsener und verschiedenen Spezialmarken einen Ausstoß von rund 1,2 Millionen Hektoliter. Die beiden Altbiermarken sollen künftig aus einer Hand angeboten werden. Zusammen kommen die beiden Altbiere auf rund 400.000 Hektoliter. Wo es sinnvoll sei, so heißt es, solle Gatz künftig auch in Hannen/ Tuborg-Gaststätten verkauft werden.