Im Dialog: “Servicewürste Deutschland” auf dem Prüfstand

von Monika Busch

Nach Ansicht des Beratungs- und Dienstleistungsunternehmens für Führung und Verkauf, Mercuri International, hat die latente Klage über eine angebliche “Servicewüste Deutschland” immer weniger Berechtigung. Zunehmend würden die früheren Leistungsindikatoren, wie beispielweise Umsatzrennlisten oder Incentive-Veranstaltungen als Belohnung an Bedeutung verlieren. Stattdessen setzen viele Unternehmen zunehmend auf Personalentwicklungsprojekte, die den Erfolg nicht nur über den traditionellen Verkauf messen. Kreativität, Teamfähigkeit und bedarfsgerechte Beratung fördern die Stammkundenbindung.
“Stagnation und Verdrängungswettbewerb im Handel führen dazu, daß nicht der aggressive Einmal-Verkauf sondern komplexe Servicesysteme Priorität haben. In Deutschland gibt es inzwischen in weiten Bereichen deutliche Fortschritte in der Kundenorientierung im Einzelhandel”, so der Geschäftsführer von Mercuri International Deutschland Rolf-Michael Bienert. Stetige Verbraucherbefragungen im Handel ergeben, daß Serviceangebote als weitergehende Alternative zur “Nur-Bedienung” erwartet werden.
Stellt sich der Handel nicht auf die neuen Bedürfnisse ein? Oder könnte dieses einfach als “Ignoranz” bezeichnet werden. Jeder Konsument hat in dieser Hinsicht “leidvolle Erfahrungen” machen müssen. Sei es bei den großen Handelsketten oder gar im klassischen Einzelhandel. Nur allein die Frage, wo sich welches Produkt befindet, wird oftmals schon als “Belästigung” angesehen, geschweige denn, daß eine Beratung auch nur ansatzweise erfolgt. Entweder ist das Servicepersonal beflissentlich mit dem Einräumen oder Auszeichnen von Ware beschäftigt oder man stört gerade einen “small talk”. Ergebnis: Kundenbindung? Stattdessen verläßt der Kunde fluchtartig das Ladenlokal oder der Kauf erfolgt lediglich über den “Preis”. Und dieses ist langfristig kein Wachstumsmotor. Hierzulande besteht in puncto Kundenorientierung, gemessen am internationalen Vergleich, noch erheblicher Nachholbedarf, auch wenn sich teilweise positive Tendenzen abzeichnen.
Für Prof. Dr. Dieter Kruse, Hochschullehrer für angewandte Psychologie in Bielefeld, bestehen Serviceangebote aus rationalen und emotionalen Zuwendungen wie Sachkompetenz, Freundlichkeit, der Fähigkeit und Bereitschaft sich in andere Menschen hinein zu versetzen und einer Gesprächskultur, die über den reinen Verkaufsakt hinausgeht. Kruse: “Das Filial-Entwicklungs-Programm von Mercuri International führt zu einer effizienteren Ausschöpfung des vorhandenen Mitarbeiterpotentials und bietet Marketing und Personalarbeit aus einem Guß für mehr Service-Qualität als Alternative zum ausschließlichen Preiswettbewerb.” Konsumenten erwarten zu einem guten Preis-/Leistungsverhältnis kompetente Informationen über die teilweise fast nicht mehr überschaubare Produktpalette und eine “harmonische Einkaufsatmosphäre”.
Als über eine deutsche Filialkette im Konsumgüterbereich Mitte der 90er Jahre der Preiswettbewerb mit Wucht hereinbrach, wurde das Mercuri-Filial-Entwicklungsprojekt für mehr Service-Qualität eingeführt. Nicht der Umsatz als alleiniges Beurteilungskriterium beim Verkaufspersonal steht hier für den Erfolg, sondern die Personalentwicklung ist das Motto des Systems. Service-Know-how wird in Seminaren und direkt am Arbeitsplatz vermittelt. Beispielsweise situationsgerechte Kundenansprache, Umgang mit schwierigen Kunden sowie das Verhalten bei Konflikten.
Mercuri-Geschäftsführer Reinhold Restani: “An diesem ersten Praxisbeispiel war bereits zu erkennen, daß durch das Filial-Entwicklungs-Programm auch das Selbstwertgefühl der Mitarbeiter wächst – sie wissen und können mehr und sehen sich durch das neue Verfahren gerechter behandelt.” Demzufolge wächst die Motivation, auch ohne zusätzliche Prämienanreize. Denn der betriebswirtschaftliche Fakt “Mein Gehalt zahlt der Kunde” wird seine Gültigkeit nicht verlieren und sollte einen hohen Stellenwert bei der Motivation der Mitarbeiter haben. Selbstverständlich ohne “Umsatzrennlisten”. Beispiel Gastronomie, ist der erste Besuch häufig auf die Initiative des Gastes zurückzuführen, ist das Wiederkommen, damit die Kasse klingelt, vom Gastronom und seinem Team abhängig. Priorität haben hier nicht nur “Preis und Qualität”, dieses wird als selbstverständlich heutzutage vorausgesetzt, sondern der Service,verbunden mit dem Wohlbefinden.