Alkoholwirtschaft gegen Verbote: Das Imperium schlägt zurück

von Timur Dosdogru

Die deutsche Alkoholwirtschaft wehrt sich massiv gegen geplante Restriktionsmaßnahmen der Ländergesundheitsminister bezüglich Alkoholkonsum in Deutschland – das Imperium schlägt zurück, könnte man meinen. Hersteller und Importeure alkoholischer Getränke sehen den sogenannten Aktionsplan Alkohol der Länder nicht als Mittel gegen den Alkoholmißbrauch, sondern als Kampf gegen Alkohol überhaupt an. Darin sind sich der Bundesverband der Deutschen Spirituosenindustrie (BDI), die Bundesvereinigung Wein- und Spirituosenimport, der Deutsche Brauer-Bund, der Deutsche Weinbauverband und die Deutsche Initiative zur Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit alkoholhaltigen Genußmitteln (DIFA Forum) einig, wie bereits im Herbst vergangenen Jahres in einer gemeinsamen Stellungnahme zum Ausdruck gebracht wurde. Der Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels beklagte in einem Schreiben an die Minister gar, die 53.000 Beschäftigten des Getränkefachgroßhandels würden etwa in die gleiche Linie mit “Drogendealern” gestellt.
Die Branche habe bis zuletzt keine Mitwirkungsmöglichkeit am Aktionsplan Alkohol gehabt, kritisierten die Alkohol-Verbände. Außerdem gehe der Plan von veralteten Daten aus, durch die ein Handlungsbedarf abgeleitet werde. Die wissenschaftlich erwiesenen gesundheitlichen Vorteile eines maßvollen Alkoholkonsums würden schlicht ignoriert. Die Verbände wiesen außerdem darauf hin, daß Hersteller und Importeure bereits seit Jahren das allgemeine Ziel, die Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, mit eigenen Initiativen unterstützten.
Darin sei auch die Einbindung junger Erwachsener für einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol eingeschlossen. Werbe- und Verkaufseinschränkungen oder Preiserhöhungen seien nachweislich nicht geeignet, den Alkoholmißbrauch zu bekämpfen. Rückenwind haben die Länderminister von Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer erhalten, der bereits mit gesetzlichen Maßnahmen gedroht hat, sollte sich die Wirtschaft nicht zu weitergehenden freiwilligen Beschränkungen bereit erklären.
Der im Juni letzten Jahres vorgelegte Entwurf zum Aktionsplan Alkohol sollte im November von der Gesundheitsministerkonferenz beschlossen werden. Dazu kam es aber vorerst nicht. In der Tat enthält das Papier so manches, was der Alkoholindustrie einen Kater beschert hat. Darunter fallen nicht nur neue Gesetze, die Ermächtigungsgrundlagen für Warnhinweise auf Flaschen oder die Einflußnahme der Reduzierung der Produktion alkoholischer Getränke schaffen sollen, sondern auch die Forderung nach Werbeverboten für Alkohol, sollte die Selbstbeschränkung der Werbewirtschaft nicht greifen. Seitenlang zeichnet der Entwurf Schäden, soziale und gesellschaftliche Probleme und volkswirtschaftliche Schäden des Alkoholmißbrauchs auf, verbunden mit Zahlen zu den Konsumgewohnheiten der Deutschen, Alkoholprobleme in Familien sowie bei Kindern und Jugendlichen.
Auf fünf bis sieben Millionen wird die Zahl der alkoholkranken Deutschen geschätzt, 30.000 bis 40.000 Bundesbürger kommen danach angeblich jedes Jahr alkoholbedingt zu Tode. Außerdem wird in dem Entwurf verlangt, mehr auf Aufklärung, Prävention und Suchttherapie zu setzen, dies auch öffentlich zu diskutieren und die Lebensqualität von Familien und Kindern zu verbessern. Neben vielen anderen Punkten, die auch den karitativen und erzieherischen Bereich betreffen, ist desweiteren von einer Intensivierung der Alkohol- und Suchtforschung die Rede. So gebe es beispielsweise in Deutschland nicht einen Lehrstuhl für dieses Fachgebiet, heißt es.