Standort “D” fit fürs neue Jahrtausend

Marke “Deutschland” weltweit ein Spitzenprodukt – Internationale Führungskräfte sehen deutsche Unternehmen und Produkte im Spitzenfeld

von Monika Busch

Deutschland ist nach wie vor der attraktivste Wirtschaftsstandort in Europa. Zu diesem Ergebnis kommt eine jüngst durchgeführte Imagebefragung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Nürnberg.
Führungskräfte der großen Industrienationen der Welt setzten mit Japan und den USA deutsche Unternehmen und deutsche Produkte an die Spitze. Der derzeitige Höhenflug der deutschen Exportwirtschaft ist hierfür ein Beleg.
Ist die Konsumkrise hierzulande hausgemacht und teilweise mehr ein Produkt der Konsumentenpsyche als des Portemonnaies? Die Deutschen sitzen auf gigantischen Geldvermögen, und, nach Untersuchungen der GfK Marktforschung, liegt es in erster Linie an dem Angebot, Teile davon auszugeben.
Studien zum Image der deutschen Wirtschaft und zum künftigen Konsumentenverhalten standen diesjährig im Mittelpunkt der GfK Jahrestagung in Nürnberg.
Daß derzeit die Diskussion um den Wirtschaftsstandort Deutschland mit sehr emotionalen Argumenten geführt wird, ist angesichts von mehr als vier Millionen offiziellen Arbeitslosen (zuzüglich geschätzter Dunkelziffer von ca. drei Millionen) nicht verwunderlich, jedoch sollte dieses nicht die Sachdiskussionen in den Hintergrund stellen.
Das Ausland bewertet die Standortfaktoren nüchterner. Die Produktivität ist seit 1993 kräftig gestiegen, die Fehlzeiten in den Betrieben sind rückläufig, und die Lohnabschlüsse der letzten Jahre moderat.
Aber wo bleiben die Investitionen und Investoren?

“Made in Germany” im Ausland ein Gütesiegel

Nach Ansicht der 3400 repräsentativ befragten Führungskräfte ist “Made in Germany” im Ausland ein Gütesiegel. Die Universität Bern hat bei ihnen nach 1991 erneut die “Made-in-Images” von Deutschland, Japan, den USA, Großbritannien, Frankreich, Italien und der Schweiz ermittelt. Gegenüber den Europäern haben die Deutschen zum Teil einen deutlichen Vorsprung, und zwar sowohl beim Produktimage als auch beim Unternehmensimage. Mit den USA liegen sie quasi gleichauf. Nur an das Image der Japaner kommen deutsche Produkte und Unternehmen insgesamt nicht heran.
Deutsche Produkte glänzen vor allem hinsichtlich Qualität, Umweltfreundlichkeit, technologischem Standard und Service. Ein Schwachpunkt liegt beim Design und bei der Einstufung des Preis-Leistungs-Verhältnisses, sagte der Verfasser der Studie, Prof. Dr. Richard Kuhn, denn diese Dimension berühre empfindlich die Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt.
Auch gelten deutsche Unternehmen als seriöse und vertrauenswürdige Geschäftspartner, ihr Management als kompetent und führungsstark. Die befragten internationalen Führungskräfte positionierten die deutsche Automobilbranche und den Maschinenbau nahe beim Maximalwert mit deutlichem Abstand vor Japan und den USA. In den Branchen Telekommunikation und Computer ist Deutschland die Nummer Drei, mit deutlichem Abstand zu Japan und den USA. Insgesamt, so Prof. Kühn, habe das Image der deutschen Wirtschaft gegenüber 1991 zwar etwas gelitten, nach wie vor jedoch gelte “Made in Germany” in der Welt als Qualitätsbeweis. Trotz Qualitätsimage der deutschen Wirtschaft sind derzeit kaum Investitionen aus dem Ausland zu spüren.
Ausschlaggebend hierfür sind unter anderem die hohe Arbeitslosigkeit, welche auf das Konsumklima drückt und die Binnennachfrage, die nicht so recht anspringen will.
Die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes und “Vater Staat” sind sicherlich hierfür mit verantwortlich. Zwischen 1991 und 1997 hat sich die Abgabenlast um mehr als vier Prozent auf knapp 46 Prozent erhöht.

Demokratisierung des Wohlstands

Heinrich A. Litzenroth, Geschäftsführer der GfK Marktforschung, beobachtet so etwas wie die “Demokratisierung des Wohlstands in Deutschland”. Die Deutschen verfügen über ein gigantisches Geldvermögen von rund fünf Billionen Mark, hinzu kommen 6,5 Billionen in Immobilien. Dieses Vermögen verteilt sich keineswegs nur auf winzige Minderheiten; 1996 stammten bereits acht Prozent der Gesamtkaufkraft aus Zinserträgen.
Nach Untersuchungen der GfK betrachten die deutschen Haushalte aktuell ein Drittel ihres Einkommens als frei disponibel. Genügend Masse also für einen deutlichen Aufschwung der privaten Nachfrage. Jedoch die schlummernde Kaufkraft muß von Industrie und Handel aktiviert werden. Auch müssen sie sich auf zahlreiche neue Trendgruppen durch gravierende Verschiebungen in der Bevölkerung (geringere Zuwächse, kleinere Haushalte, weniger junge und mehr alte Menschen, hohe Frauenerwerbstätigkeit) einstellen. Prognostiziert wird, daß im Jahr 2010 mehr als 40 Prozent der Menschen in Deutschland älter als 50 Jahre sein werden.
Doch die haben mit den gestern 50jährigen nur noch wenig gemeinsam: “Uschi Glas und Mick Jagger haben die 50 überschritten, Tina Turner steuert auf die 60. Statt: Trau’ keinem über dreißig, heißt es heute: Das Leben beginnt mit vierzig”, konstatiert Marktforscher Litzenroth.

Der individualisierte multi-optionale Konsument verändert die Nachfrage

Die Devise “Konsum muß Spaß machen” findet heute in unserer Erlebnisgesellschaft ihren Ausdruck. Der Konsument von heute möchte sein Leben genußvoll und erlebnisreich gestalten.
Die Konsumforscher haben ihm einen Namen gegeben: Der individualisierte multi-optionale Konsument ist auf dem Vormarsch. Man kann ihn beim Essen beobachten: Morgens Müsli wegen der Fitness, mittags Fast-Food wegen der Zeit, abends ins Restaurant wegen des Erlebnisses.
Dabei geht es dann “edel-schlicht” zu: Pellkartoffeln mit Kaviar, oder Edel-Fast-Food mit Champagner. Für ein Designer-Parfüm zu Discountpreisen ist ihm auch das Flugticket nach Mailand oder New York nicht zu teuer. Selbstverständlich kann nicht jeder Verbraucher in Deutschland diese elitären Konsumansprüche realisieren.
“Das Rückgrat des privaten Verbrauchs sind auch in Zukunft die Durchschnittskonsumenten”, betont Litzenroth. Aber auch hier zeigt sich deutlich eine Tendenz nach Abwechslung und Abkehr vom Massenkonsum.