Von der Sorte zur Marke – Einigkeit macht Kölsch? Rückblick und Zukunftsaussichten

von Timur Dosdogru

Die Brautradition der Stadt Köln ist bereits für das Jahr 873 nachgewiesen und stellt damit eine der ältesten urbanen Brautraditionen überhaupt dar. Die Standesvertretung der Kölner Brauer, dasKölner Brauamt, gab es schon im Jahr 1250, die Kölner Brauer-Kooperation entstand 1396, die auch den “Verbundbrief” unterschrieb, mit dem sich Köln als erste deutsche Stadt eine demokratische Verfassung zulegte.
Dabei befreiten neben den Brauern auch die anderen Handwerksvereinigungen der sogenannten Gaffeln die Stadt Köln von der herrschenden Obrigkeit in einer friedlichen Revolution. 600 Jahre ist das jetzt her und wurde als Stadtjubiläum „600 Jahre Verbundbrief” im vergangenen Sommer in Köln groß gefeiert. Der Grundstein für diese Revolution wurde bereits 1164 gelegt, als der Erzbischof Rainald von Dassel, seines Zeichens Kanzler des Kaisers Barbarossa, die Gebeine der “Heiligen Drei Könige” von Mailand nach Köln schickte. Durch diese bedeutende Handlung avancierte Köln nämlich zum ersten Wallfahrtsort nach der Ewigen Stadt Rom in jener Zeit, was zahllose Pilger, Kaiser wie Kaufleute in großen Scharen in die künftige Domstadt lockte. Wegen der wachsenden Bedeutung der Stadt nahmen die Kölner die Kronen der “Heiligen Drei Könige” zu den elf Flammen ihres Stadtwappens auf, womit sie ein Zeichen für die wachsende wirtschaftliche und kulturelle Rangfolge Kölns setzten. Mit der dritten Stadterweiterung wurden die Grenzen der Domstadt neu gesetzt, außerdem wurde die Stadt durch den Bau des bekannten Mauer- und Festungswerkes von allen Seiten umfassend geschützt. Die Heiligsprechung der Stadt erfolgte durch die Errichtung mehrerer romanischer Kirchen und natürlich des Domes. Die Macht der Kirche führte zu blutigen Freiheitskämpfen, die erst im 13. Jahrhundert beendet wurden, die Erzbischöfe verlegten ihren Sitz schließlich nach Bonn. Bei diesen Auseinandersetzungen blieb es aber nicht für die geplagten Kölner, bis Mitte des 14. Jahrhunderts regierten dann die Patrizier die Stadt, was immer wieder Anlaß zur Unruhe gab. Um ein politisches Gegengewicht zu bilden, gründeten die mittelständischen Kaufleute Kölns zusammen mit den Gemeinschaften der Handwerker, politische Vereinigungen — die sogenannten Gaffeln. Mit ihrer Hilfe konnte der Nährboden in allabendlichen Tischgesellschaften bei Speis und Trank für den allgemeinen Unmut geschaffen werden, der die Herrschaft der Patrizier beiseitefegen sollte.

Tischgesellschaften bildeten Nährboden für sozialen Unmut

Der Begriff “Gaffel” geht auf diese Zeit der Tischgesellschaften zurück, weil bei diesen Gelegenheiten eine gleichnamige zweizinkige Gabel bei Tisch verwendet wurde, die Kölner Kaufleute schon im 11. Jahrhundert aus Venedig eingeführt hatten.
Zurück zum Bier: Der erste schriftlich erwähnte Kölner Brauer ist angeblich ein gewisser Henricus Medebruwer im Jahre 1285. Die Zunft der Kölner Brauer mit der dazugehörenden St.-Peter von Mailand-Bruderschaft, die das Jahr 1336 der Unterzeichnung des Verbundbriefes auch als das eigene Gründungsjahr ansieht, ist auch mit einem eigenen Siegel auf dieser Urkunde vertreten. Die St.-Peter von Mailand-Bruderschaft, die wahrscheinlich schon bedeutend früher entstanden ist, gibt es übrigens noch heute. Ihre Mitglieder feiern immer noch jährlich das Patronatsfest am 29. April mit einem Gottesdienst und einem gemeinsamen Essen, wobei natürlich auch Kölschbier nicht fehlen darf — und das seit 600 Jahren. Der Bruderschaft wird auch das Zitat “Einigkeit macht Kölsch” zugeschrieben.

Bier schmeckte damals noch ganz anders

Das Bier welches damals gebraut wurde, hatte noch nicht viel mit dem gemeinsam, was heute getrunken wird. Gewürzt wurde statt mit Hopfen mit einer Kräutermischung und statt Hefe zuzuführen, verließ man sich auf die natürliche Luftgärung. Anfang des 15. Jahrhunderts fand der Hopfen dann seinen Weg ins kölsche Braugewerbe. Dann war es aber für längere Zeit mit den technischen Neuerungen erst einmal vorbei, bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es in den mittelalterlichen Mauern der Domstadt rund 100 Hausbrauereien, die mehrere, meist obergärige Biersorten brauten. Je nach Witterung und Jahreszeit gab es beispielsweise im Frühjahr “Märzer”, im Sommer “Stecken-Alt” wie auch das untergärige “Kölsche Knupp”.
1798 marschierten Revolutionstruppen in die Stadt ein und brachten neben Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit unter anderem eine besonders wichtige Neuerung in die Domstadt: die Gewerbefreiheit, die mit einer Aufhebung des Zunftwesens einherging. Stürmisch für den Handel wurden die Zeiten dann Anfang des 19. Jahrhunderts, die industrielle Revolution schwelte schon vor sich hin, außerdem deuteten Erfindungen und Entdeckungen Umwälzungen auch für das Braugewerbe an.

Industrielle Revolution führte zum Gründungsboom unter den Brauern

Der allgemein einsetzende Gründungsboom riß auch die Brauer mit, bahnbrechend wirkten sich die Erfindung der Dampfmaschine und der ersten Kühlmaschine (1873) aus. Durch den stetigen Zuzug von Arbeitskräften infolge schnell wachsender Fabriken ließ sich auch trefflich immer mehr Bier absetzen, was dazu führte, daß die Industrialisierung der Brauereien schon bald zu einem Sterben der traditionellen Hausbrauereien führte. Zu dieser Zeit waren untergärige Biere wie Pilsner, Münchner Helles, Export und Lagerbier in Mode. Außerdem wurde schon damals die flächendeckende Einführung maschinell gefertigter Bierflaschen vorangetrieben und ein Pfandsystem eingeführt. Aus Angst vor Kopien und Panschereien wurde es dann auch üblich, den Firmennamen ins Glas prägen zu lassen.
Das Nachsehen hatten die Hausbrauereien, die ausschließlich vom Faßbierverkauf lebten, weil die Bierflasche absolut angesagt war. Die kleinen Hausbrauereien brauten zu dieser Zeit noch den Vorläufer des heutigen Kölsch, das trübe und ungefilterte “Wieß”. Und obwohl die neuen Großbrauereien untergärige Biere wie Pils und Export forcierten (um die Jahrhundertwende gab es in Köln 15 Großbetriebe und nur noch knapp 60 Hausbrauereien) ließ sich die obergärige Sorte Kölsch, die mittlerweile auch ihre Trübung verlor, nicht verdrängen: die Kölner tranken trotz allem auch noch ihr Kölsch.

Nach dem Krieg ging’s mit Kölsch erst richtig los

Ein Ende machte dem erstmal der 2. Weltkrieg, 1946 gab es nur noch ganze zwei Brauereien offiziell in Köln: Dom und Sünner. Danach ging es aber erst richtig los, die Zahl der Kölschbrauer schnellte schon bald wieder auf 24 hoch. 1960 wurden in der Rheinmetropole rund 500.000 Hektoliter Kölsch gebraut, heute sind es etwa drei Millionen Hektoliter, die sich auf 20 Brauereien, beziehungsweise Marken verteilen: Dom-, Früh-, Gaffel-, Ganser-, Garde-, Giesler-, Gilden-, Küppers-, Kurfürsten-, Mühlen-, Päffgen-, Peters-, Rats-, Reissdorf-, Richmodis-, Sester-, Severins-, Sion-, Sünner- und Zunft-Kölsch. Die Brauereien unterzeichneten am 6. März 1986 eine freiwillige Übereinkunft, die „Kölsch-Konvention”. Danach darf diese Bierspezialität (streng nach dem deutschen Reinheitsgebot von 1516 gebraut) nur in Köln und der näheren Umgebung hergestellt werden. Dabei handelt es sich um ein obergäriges helles, hochvergorenes, hopfenbetontes, blankes (klares) Vollbier, für das die sogenannte Stange (das typisch hohe, zylindrische Bierglas, welches böse Zungen oft als “Reagenzglas” bezeichnen) das einzig gebräuchliche Kölschglas sein soll. Über die Einhaltung der Konvention wacht ein Ausschuß, in
Streitfragen entscheidet ein Schiedsgericht.
Die Weichen für diese Übereinkunft, die 1985 im Bundesanzeiger veröffentlicht und anderen Verbänden zur Prüfung vorgelegt und einwandslos angenommen wurde, waren bereits 1963 gestellt worden, als das Landgericht Köln bereits feststellte, daß Kölsch nicht nur den Biertyp, sondern auch das Herkunftsgebiet ausweise. Am 29. Januar wurde die Kölsch-Konvention vom Bundeskartellamt anerkannt.
Wie hopfenbitterernst die Kölsch-Konvention genommen wird, mußte bis Anfang diesen Jahres die Gaffel Brauerei erfahren, die als Kölsch-Marktführer in der Gastronomie gilt. Sie hatte es “gewagt”, ein etwas verändertes Kölschglas, welches unten schmal ist und oben leicht auseinandergeht (ein Hauch von Tulpenform), insbesondere für die Gastronomie, anzubieten. Es half alles nichts, nach erbitterten Protesten mußte das Glas wieder vom Markt genommen, die Konvention eingehalten werden. Aber es gab auch Stimmen, die meinten, daß damit eine Chance verpaßt worden wäre, mit Hilfe solcher Marketinginstrumente der Sorte Kölsch bei Verbrauchern und in der Gastronomie einen neuen (überregionaleren) Schub zu verleihen.

Kampf um den Biermarkt: Harte Zeiten für Spezialitäten

Auf eine detaillierte Darstellung des derzeit desolaten Biermarktes und der Schwierigkeiten der Spezialitätenbiere angesichts der “Pilsüberflutung” soll an dieser Stelle verzichtet werden, die Situation ist in der Branche allgemein bekannt. Die dominierende Stellung des Pils beschränkt sich allerdings auf einige wenige Marken, was keinen Schluß darauf zuläßt, daß der Verbraucher keine anderen Sorten mehr wünscht. Mittlerweile spricht man von den sogenannten Fernsehbieren (wie Warsteiner, Krombacher, Veltins, König), zu welchen sich auch seit einiger Zeit Kölschbiere gesellen (müssen), weil die Brauer erkannt haben, daß ihre Marken im pilsdominierten Biermarkt nur überleben können, wenn der Verbraucher sie auch kennt. Für die Spezialität Alt hat die Brauerei Diebels mit ihrer nationalen Kampagne gezeigt, welche Anstrengungen dazu erforderlich sind, wenn man in einem Segment Marktführer werden will.
Die Marktforschung schätzt, daß der derzeitige Pro-Kopf-Verbrauch von 138 Litern jährlich in den nächsten zehn bis 15 Jahren noch einmal um acht Liter sinken wird und daß womöglich 50 Prozent der heutigen Brauereien in ihrer jetzigen Form nicht mehr existieren werden.

Nur Spitzenmarken werden sich profilieren

Die Eroberung von Marktanteilen auf einem stagnierenden bis rückläufigen Biermarkt wird nur mit profilierten Spitzenmarken möglich sein. Außerdem wird ein starker Zuwachs bei den Billigbieren erwartet, dazwischen (Konsumbiere) wird nicht viel übrigbleiben, die Schere zwischen Spitzen- und Billigbieren, die ihre Anteile durch Masse gewinnen, noch weiter auseinanderklaffen.
In Köln und Umgebung wird das Kölsch aber nicht nur gebraut, sondern auch am meisten davon getrunken. In der Gastronomie hält Kölsch in der Domstadt einen Marktanteil von rund 90 Prozent, der Faßbieranteil beträgt daher etwa die Hälfte des Gesamtausstoßes, was als eine weitere Besonderheit des Kölsch-Marktes gilt, weil der Faßbieranteil im Bundesdurchschnitt nur 20 Prozent beträgt.

Privatbrauereien behaupten sich gegenüber den Konzernen

Der “Kölner Verbund” des angeschlagenen Konzernriesen Brau und Brunnen AG, zu dem die Kölschmarken Küppers, Gilden, Kurfürsten, Sester und Sion, aber auch Wicküler Pils gehören, kommt derzeit aus den roten Zahlen nicht heraus — obwohl dem Verbund im Jahr mit bis rund 1,5 Millionen Hektoliter bis zur Hälfte des gesamten Kölsch-Ausstoßes zugeschrieben wird. Mit den 1994 erworbenen Marken Küppers, Sion und Wicküler hat sich der Konzern anscheinend schlichtweg übernommen, was einen 1995 einen Verlust von 15 Millionen Mark einfuhr. Ergebnis: Die Schließung der mit einem Jahresausstoß von rund 450.000 als Marktführer geltenden Küppers-Brauerei, mit der mindestens 110 Arbeitsplätze verbunden sind und über die bereits vorher monatelang spekuliert worden war. Nach diesem Szenario gehen die 140.000 Hektoliter Sion-Kölsch zur Bergischen Löwen-Brauerei nach Köln-Mühlheim, die Wicküler-Produktion wird zur Dortmunder Union verlagert. Küppers-Kölsch selbst wird im Lohnbrauverfahren produziert. Auch über den Verkauf der Wicküler-Küpper-Gruppe kursierten Gerüchte, deren Preis 110 Millionen Mark betragen sollte, was in der Branche als Thekenwitz verlacht worden war.
Die drohende Küppers-Schließung rief naturgemäß Gewerkschafter und (insbesondere grüne) Politiker auf den Plan, Unterschriften wurden gesammelt und mit Aktionen in der Kölner Innenstadt für den Erhalt der Brauerei geworben.
Was aber nicht verhindern konnte, daß seit dem 1. Oktober diesen Jahres wurde die Produktion der 140.000 Hektoliter Sion-Kölsch von Küppers zur Bergischen Löwenbrauerei verlagert, die seitdem als voll ausgelastet gilt.
Dieser Vorgang ist nicht nur für den Kölner Raum, sondern für die gesamte Bierbranche symptomatisch. Privatbrauereien profilieren sich mit ihren Spitzenmarken im Hochpreissegment besser als Konzernbiere. Die Dortmunder Brau und Brunnen AG breitete sich in den letzten Jahren durch zahl- und wahllose “Einkaufstouren” geradezu molochartig aus, bis sich allmählich herausstellte, daß die Konzentration für den Konzern unter Umständen einen “Genickbruch-Faktor” erster Güte darstellen sollte.
Dies ging sogar soweit, daß Aktionäre die Entlastung des Vorstandes der Brau und Brunnen AG glatt verweigern wollten (was dann aber nicht geschah) und von einer “Bankrotterklärung” sprachen. Vorstandssprecher Friedrich Ebeling mußte eingestehen, die Kölsch-Übernahmen seien ein “Fehler” gewesen. Desweiteren kam der Konzern wegen Unregelmäßigkeiten in seinem Immobiliengeschäft ins Gerede, was kriminalpolizeiliche Ermittlungen zur Folge hatte.
Dies alles ist nicht nur schlecht für das Image deutschen Bieres im Allgemeinen, sondern auch für das des Kölsch im Besonderen. Denn trotz aller bisherigen und wohl noch folgenden Einbrüche hat sich die Sorte Kölsch immer noch hartnäckig behaupten können.

Wie geht es mit Kölsch weiter

Die deutsche getränke wirtschaft befragte im August stichprobenartig einige Kölschbrauer wie auch den Kölner Brauerei-Verband über die Perspektiven des Kölschbieres. Die zugegebenermaßen etwas provokative Frage, ob denn die Sorte Kölsch in ihrer Existenz gefährdet sei, wird natürlich mehr oder weniger entrüstet zurückgewiesen.
Der Kölner Brauerei-Verband meint dazu, die Sorte Kölsch sei in “keiner Weise gefährdet” und verweist auf die Kölsch-Konvention als geographische Herkunftsbezeichnung, die außerdem durch das neue Markengesetzt wie auch durch „bilaterale Abkommen” und die EG-Verordnung geschützt sei.
Hier verliert man wohl den obersten Souverän aus dem Auge, den Verbraucher, der sich nicht durch juristische Vorgaben vorschreiben läßt, ob er Pils, Alt oder Kölsch — egal von welcher Marke — konsumiert.
Die Brauhaus zur Garde AG teilt lapidar mit, daß Kölsch in seiner Existenz sicherlich nicht gefährdet sei, weil es sich dabei um eine Spezialität handele, die auch in Zukunft ihren Markt finden werde. So sieht es auch die Erzquell Brauerei Bielstein, die auch der Ansicht ist, daß es — wie bei anderen Biersorten — eine Marken- und nicht eine Sortenkonjunktur geben werde. Bei der Frage, auf welchem Niveau sich das Gesamtabsatzniveau von Kölsch unter den derzeitgen Bedingen einpendeln könnte, tut man sich schwer. Nicht vorhersehbar das, so der Kölner Brauerei-Verband, weil stark von allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung abhängig. Die Entwicklung der Sorte Kölsch in den vergangenen Jahren zeige aber, daß ein “Negativtrend” nicht eintreten werde.
Der Erzquell Brauerei Bielstein ist die Frage zu hypothetisch und sie verweist auch auf die zu erwartenden unbekannten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in den nächsten Jahren. Im Brauhaus zur Garde rechnet man damit, daß das Kölschmarktsegment um drei Millionen Hektoliter “oszillieren” werde. Auf die Frage, ob mit einer ähnlichen Konzentration der Kölschbrauereien zu rechnen sei, wie sie beispielsweise im Dortmunder Raum stattgefunden habe, meint der Brauerei-Verband vorsichtig, daß Konzentrationen in der Brauwirtschaft nicht auszuschließen seien, mit solchen aber wie in Dortmund könne nicht gerechnet werden. Der Kölschmarkt sei durch einen “gesunden Mittelstand” geprägt und durch “konzernangehörige Brauereien”, die alle “markenbewußt” seien und alle ihre alteingeführten Marken halten würden…

Mit einer weiteren Konzentration der Brauereien ist zu rechnen

Die Struktur der Kölschbrauer sei viel zu heterogen um eine ähnliche Brauereikonzentration wie in Dortmund zuzulassen, befindet man auch bei der Erzquell Brauerei Bielstein. Im Brauhaus zur Garde rechnet man “sicherlich” mit einer weiteren Konzentration der Kölschbrauereien, dennoch sehe man einen wesentlichen Unterschied zu den Konzentrationsprozessen auf nationaler und regionaler Ebene. Entscheidend sei dabei, daß Kölsch durch seinen Herkunftsschutz in Brauereien gebraut werden müsse, die nicht im direkten Kostenvergleich zu den “Bierfabriken” der großen nationalen Pilsbiermarken stünden. Wieviele Kölschbrauereien den Wettbewerb letztendlich überstehen könnten, sei “reine Spekulation”, weil es neben Fragen der Wettbewerbsfähigkeit auch auf die Unternehmensnachfolge ankomme. Kölsch befinde sich mit seinem Herkunftsschutz in einer Marktnische, wo der Verbraucher noch die “liebevolle” Produktion gegenüber der “industriellen” vorziehe, meint die Brauerei, es sei nicht abzusehen, ob nicht gerade die kleinen Brauereien deshalb eine berechtigte Überlebenschance haben könnten.

Nationale oder überregionale Strategie für Kölschbiere wird für nicht „durchsetzbar” gehalten

Eine überregionale oder nationale Strategie hält das Unternehmen für Kölschbier nicht durchsetzbar, weil Kölsch einfach mit Köln verbunden sei und für den Verbraucher eine Identität darstelle, während “Alt noch lange nicht Düsseldorf bedeutet”. Auch seien in fast allen Kölschbrauereien Überlegungen im Hinblick auf die Gegensteuerung mit Pils aus einer Kölschbrauerei durchgespielt worden, was aber keine Chance haben könne, weil eben nur ein Profil für das Kölschbrauen vorhanden sei. Außerdem habe eine Kölschbrauerei schon allein aus Kostengründen gegen die großen etablierten Pilsmarken keine Chancen, so das Unternehmen, wobei es betont, daß auch kleinere Betriebe “auch in kleineren Märkten noch gutes Geld verdienen” könnten.
Die Erzquell Brauerei weist darauf hin, daß die nationale Vermarktung von Kölsch von jeher nicht das Ziel der Kölschbrauer gewesen sei. Allein schon der Schutz durch die Kölschkonvention bedeute eine bewußte Einschränkung der Marke.
Und der Kölner Brauerei-Verband weist würdevoll darauf hin, daß nicht nur die Konzernbrauereien, sondern auch die Kölner Privatbrauereien sowohl nach Süden als auch nach Norden der Bundesrepublik die Kölner Bierspezialität lieferten.